Die Begrüßung war kontrolliert. Ein kurzer Händedruck mit maliziösem Lächeln, und Wladimir Putin setzte wieder sein Pokerface auf. Donald Trump hatte sein Gastgeschenk schon vorher überreicht: Ein offener Streit mit den Nato-Partnern, wilde Attacken auf das verbündete Deutschland und die Diffamierung der Europäischen Union als „Feind“ beherrschten die Schlagzeilen des Wochenendes.
Kurz vor dem Treffen mit seinem russischen Amtskollegen legte der US-Präsident noch einmal nach. „Unsere Beziehung zu Russland war niemals schlechter“, bedauerte er bei Twitter. Schuld seien „viele Jahre amerikanischer Torheit und Dummheit“ sowie die „manipulierte Hexenjagd“ wegen der Einmischung Moskaus im amerikanischen Wahlkampf.
Eine Begegnung an historischem Ort
Eine Distanzierung von den Verbündeten und der Politik des eigenen Landes, garniert mit frischer Nahrung für Verschwörungstheoretiker – besser hätte Putin die Begegnung am historischen Ort von Helsinki selbst nicht inszenieren können. Schon vor dem ersten Gespräch hatte Trump praktisch alle Trümpfe aus der Hand gegeben, mit denen er Putin wegen dessen Ukraine-Politik oder der russischen Hackerattacken auf die USA hätte unter Druck setzen können. Doch wie beim Gipfel mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-Un in Singapur vor einem Monat ging es dem narzisstischen Ex-Reality-TV-Star auch in Helsinki nicht um belastbare Ergebnisse in der Sache, sondern vor allem um seine Selbstdarstellung als grandioser Deal-Macher.
„Am Ende werden wir eine ganz außergewöhnliche Beziehung haben“, versprach der Amerikaner seinen Anhängern bereits vor der Begrüßung eine weitere „Trump-Show“. Doch tatsächlich behielt sein neuer Freund Putin die Oberhand. Für den seit der Krim-Annektion international isolierten Kreml-Herrscher markierte bereits die Begegnung auf Augenhöhe mit dem US-Präsidenten einen großen politischen Erfolg. Trotzdem erteilte der kühle Schachstratege dem sprunghaften Pokerspieler eine Lektion in Sachen Machtpolitik und ließ ihn fast eine Stunde warten.
Trump verkörpert die freie Welt, Putin ein autoritäres Regime
Schadenfreude sollte man darüber nicht empfinden. Immerhin vertritt Trump eine der ältesten Demokratien, in der die Medien trotz heftigster Anfeindungen des Präsidenten noch frei berichten können. Putin verkörpert ein autoritäres Regime, das die Fernsehsender überwacht, das Internet zensiert und kritische Journalisten mit Gewalt bedroht. Und trotz aller Verirrungen hat der US-Präsident in einem Punkt ja Recht: Einen Rückfall in den Kalten Krieg kann niemand wollen. Grundsätzlich ist es wünschenswert, dass sich die Beziehungen zwischen Washington und Moskau verbessern.
Was aber heißt das schon, wenn niemand sicher sein kann, auf welcher Seite Trump tatsächlich steht? Offensichtlich vertritt er nicht die Interessen der westlichen Allianz, die er mit seinen Ausfällen zu spalten versucht. Doch der Präsident arbeitet auch gegen Teile seiner eigenen Regierung und den US-Kongress, die Waffen an die Ukraine liefern, Sanktionen gegen Moskau verhängen und Diplomaten wegen Menschenrechtsverstößen ausgewiesen haben.
Zwar hat Trump versprochen, die besorgniserregende russische Einmischung in den US-Wahlkampf, die völkerrechtswidrige Annexion der Krim und die Moskauer Unterstützung für den syrischen Diktator Assad anzusprechen. Doch niemand weiß, was Trump und Putin während ihrer mehr als zweistündigen Begegnung wirklich besprochen haben. Ob es vertrauliche Zusagen oder Absprachen zu Lasten Dritter gab, wird man – wenn überhaupt – erst in ein paar Monaten erahnen können. Denn niemand kann sicher sein, auf welcher Seite Trump tatsächlich steht.