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DEUTSCHLAND
Leitartikel: Telekom will Wettbewerbsvorteil
Von Roland Schmitt-Raiser roland.schmitt-raiser@mainpost.de
 |  aktualisiert: 19.06.2013 16:26 Uhr

Drosselkom – so lautet in den sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook der Spottname für eines der größten deutschen Unternehmen, die Telekom. Er spielt auf die Ankündigung an, 2016 die Leitungsgeschwindigkeit für Internetsurfer ab einem bestimmten Datenvolumen zu drosseln. Wer für seinen Vertrag zuviel surft, wird auf eine Geschwindigkeit ausgebremst, die für moderne Online-Nutzung unbrauchbar ist. Der Bonner Konzern beschließt damit faktisch das Ende der sogenannten Internet-Flatrates.

Der Spott und die Empörung darüber ist verständlich und gerechtfertigt. Unerhört und an den Haaren herbeigezogen klingen die Argumente des Konzerns, die Verbraucher künftig auszubremsen. In den kommenden Jahren werde sich die Datenmenge in den Netzen vervierfachen, was einen Ausbau der Datenanschlüsse zur Folge habe. Und dieser Ausbau sei nicht zum Nulltarif zu erhalten, so die Argumentation des Konzerns.

Stimmt. Aber! Schon heute erhalten Kommunen, die noch nicht an ein Breitbandnetz angeschlossen sind, nur dann eine Chance auf schnelles Internet, wenn sich genügend Haushalte finden, die einen Anschluss bei dem entsprechenden Telekommunikations-Dienstleister nutzen möchten. Sind es zu wenige, muss die Kommune einen Teil der der Erschließung aus eigener Tasche finanzieren. Der Bund unterstützt diese Teilfinanzierung zusätzlich mit Fördergeldern. Gut für die Kommune, aber auch gut für die Telekom. Der Netzausbau wird also längst von den Menschen im Land bezahlt.

Zudem mahnen Branchenkenner seit Jahren die Telekommunikationsunternehmen, mehr in den Breitbandausbau zu investieren. Geschehen ist zu wenig. Deutschland hinkt in Sachen schnelles Internet anderen Industrienationen hinterher. Rendite war wichtiger als Investition in die Zukunft. Wenn jetzt die Leitungen knapp werden, ist das ein hausgemachtes Problem. Zu schade, dies auf dem Rücken der Verbraucher auszutragen, ist sich der Konzern leider nicht.

Ärgerlich ist die Argumentation des Unternehmens aber vor allem, weil es den wirklichen Grund für die Datendrosselung verschweigt. Mit dem Start ins Online-Zeitalter ist die Telekom ja nicht nur Anbieter von Datenleitungen. Über ihre Angebote wie T-Entertain verdient das Unternehmen längst als Lieferant von Inhalten Geld. Mit T-Entertain können Nutzer etwa fernsehen, Videos kaufen und leihen oder Fußball-Bundesliga schauen. Filme und Sendungen gelangen selbstverständlich digital, also über die gleichen Leitungen wie die Inhalte aus dem Internet in die Haushalte. Wie das Unternehmen gestern mitteilte, seien ihre eigenen Angebote jedoch nicht von der Datendrosselung betroffen.

Mit anderen Worten: Während es für iTunes, Youtube oder Digital-Angebote der öffentlich-rechtlichen Sender (um nur einige Beispiele zu nennen) künftig eine Datenbegrenzung gibt, flimmern die Filme, die man bei der Telekom kauft, ungebremst durch die Leitungen. Damit verschafft sich der Konzern einen klaren Wettbewerbsvorteil. Wer einen T-DSL-Anschluss bucht, bucht künftig auch sein TV- oder Video-Programm in Bonn. Vor diesem Hintergrund wird auch klar, warum der Konzern nicht einfach die Preise erhöht. Wenn es nur um die Kosten für den Netzausbau ginge, wäre das ja eine Alternative gewesen.

 
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  • Frankenpatriot
    Die Telekom hat auf die Kritik der Bundesregierung heute reagiert und erneut wieder fadenscheinige Begründungen geliefert:
    Zitat von n-tv.de
    Die Deutsche Telekom betonte, sie teile die Ziele der Bundesregierung zur Netzneutralität. "Die Telekom steht für das freie und offene Internet: Netzneutralität wird in der Debatte teilweise mit einer Gratis-Internetkultur verwechselt", sagte ein Sprecher. Er verteidigte ausdrücklich die Pläne angesichts anstehender Milliarden-Investitionen in die Netz-Infrastruktur. "Die Alternative wäre gewesen, die Preise pauschal für alle Kunden zu erhöhen." Nach Vorstellung der Telekom sollten stattdessen nur Kunden, die überdurchschnittlich viel Hochgeschwindigkeits-Internet nutzen, zur Kasse geben werden. "Eine faire Lösung, finden wir."
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  • mc.iglo
    Ich habe jedoch noch 3 Anmerkungen:
    1. Nicht jeder T-DSL-Kunde bekommt überhaupt Entertain. Ich wäre (sofern Drosselkom-Kunde) zwar von der Limitierung bei Lovefilm/Watchever/Maxdome/... betroffen, aber nicht in der Lage auf Entertain auszuweichen

    2. Eine solche Gewichtung und Wertung der Datenpakete ist ein KLARER Verstoß gegen die Netzneutralität. Und SPÄTESTENS JETZT MUSS der Gesetzgeber die Netzneutralität gesetzlich verankern. Der Markt regelt es nämlich ganz offensichtlich nicht von selbst.

    3. Netze gehören in öffentliche Hand!
    Strom, Straße, Wasser, Telefon/Internet,...
    Ohne Wenn und Aber!
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  • Frankenpatriot
    hi mc.iglo,

    die Kommentare und Proteste von uns Usern gegen diese Maßnahme scheinen zu fruchten. Denn aus der Politik kommen erste Zeichen, dass was getan wird:

    Zitat von n-tv.de
    Bundesregierung und Wettbewerbsbehörden würden "die weitere Entwicklung in Bezug auf eine eventuell unterschiedliche Behandlung eigener und fremder Dienste unter dem Aspekt der Netzneutralität sehr sorgfältig verfolgen", zitierte Spiegel Online aus Röslers Schreiben an Obermann. Aus dem Wirtschaftsministerium hieß es, die Bundesnetzagentur prüfe das geplante Modell bereits mit Blick auf die Netzneutralität.


    n-tv.de: Netzneutralität in Gefahr: Bundesregierung warnt die Telekom

    Übrigens: auch der Videodienst Watchever hat schon Kritik geäußert.
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  • Frankenpatriot
    hi mc.iglo,

    auch der Videodienst Watchever hat sich zu Wort gemeldet und die Telekom kritisiert:

    Zitat von n-tv.de
    Am Mittwoch meldete sich der Videodienst Watchever als erster Telekom-Wettbewerber kritisch zu Wort. "Die Entwicklung des Internet ging immer von langsam zu schnell und von der Beschränkung hin zur kundenfreundlichen Flatrate. Komplizierte Volumentarife mit zahlreichen Einschränkungen im Kleingedruckten haben in der Vergangenheit nicht funktioniert", sagte Geschäftsführerin Sabine Anger. Watchever lasse dem Kunden freie Wahl und stelle das Angebot ohne jede Einschränkung bereit - "das ist der Weg für erfolgreiche Geschäftsmodelle im Internet". Bei der im Januar gestarteten Tochter des französischen Vivendi-Konzerns gibt es für 8,99 Euro im Monat eine Streaming-Flatrate für Filme und Serien.

    Übrigens: auch die Verbraucherministerin Ilse Aigner hat sich ebenfalls kritisch geäußert.
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  • Frankenpatriot
    Hier noch die Kritik von Ilse Aigner:
    Zitat von n-tv.de
    Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner sagte Spiegel Online, in den neuen Tarifen sei kein Fortschritt für die Kunden zu erkennen. "Die Telekom muss aufpassen, dass sie nicht übers Ziel hinausschießt. Flatrates derart zu begrenzen, ist sicher nicht verbraucherfreundlich", kritisierte sie.


    n-tv.de: Netzneutralität in Gefahr: Bundesregierung warnt die Telekom

    Und darauf reagiert die Telekom natürlich erneut mit fadenscheinigen Begründungen.
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  • jebusara@web.de
    finanziert die Leitungen. Auf dem flachen Land gibt es Zuschüsse der Gemeinden da es sich da für ein Unternehmen mangels Masse nicht lohnt welche zu legen. Seien wir also froh, dass wir dort überhaupt DSL haben denn im Grunde ist es ein Verlustgeschäft. Lohnenswert sind nur Ballungsgebiete und die sind nach wie vor überversorgt.

    Jeder normale Verbraucher kommt locker mit den Mengen aus, ich frage mich wie man als Privatmann solche Unmengen an GB überhaupt verbrauchen kann. Vielsauger die meinen sie müssten im net leben sollen halt mehr zahlen, passt schon.
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  • Frankenpatriot
    hi Winnem. zu deinem Kommentar:
    Zitat von winnem
    Jeder normale Verbraucher kommt locker mit den Mengen aus, ich frage mich wie man als Privatmann solche Unmengen an GB überhaupt verbrauchen kann. Vielsauger die meinen sie müssten im net leben sollen halt mehr zahlen, passt schon.

    sage ich ganz ehrlich: das stimmt so einfach nicht.
    Denn: was ist denn, nur mal zum Beispiel, mit Teamworkern via Google-Docs, was ist mit den GIT-Repositories für Linux, was ist mit Usern, die Serverdienste wie Dropbox, Wuala, OwnClowd oder andere Serverbasierte Dienste nutzen um Daten auszutauschen? Studenten, die zB SRTM Daten nutzen? Spieler, die Stream nutzen und so mal eben mit einem einzigen Spiel 30GB ihres Volumens verbrauchen würden?

    Und dass sind ganz normale Otto-Normalbürger und nicht etwa nur Firmen (also Gewerbetreibende). Von daher: mit solchen niedrigen Bandbreiten kommt man schon lange nicht mehr aus. Das ist einfach Schwachfug.
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  • Frankenpatriot
    Re winnem,

    Außerdem ist es so, dass die Telekom hier fremde Serverdienste aus dem Netz verbannen und das Netz nur noch mit ihren Diensten verstopfen will. Die will sich damit Konkurrenten vom Leib halten und damit den Wettbewerb verhindern und sich ihre Monopol-Stellung schützen. Aber: sowas ist verbotener Protektionismus!

    Deswegen wird es dringend Zeit, dass es alternative Internet-Provider gibt mit eigenen Netzen neben diesen großen Konzernen wie etwa Telekom Vodafone, EPlus und O2. Daran krankt das System!!
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  • Frankenpatriot
    Hallo Herr Schmitt-Raiser,

    sehr guter Leitartikel, der absolut der Wahrheit entspricht. +1 von mir!

    Denn was die Telekom damit auch macht ist: Filesharer dazu anreizen, Filme runter zu saugen und sie sich dann auf dem systeminternen Player anzugucken, der nicht ruckelt. Und genau dass ist ein riesen Geschäft für die Abmahnindustrie.

    Und die zweite Wahrheit ist auch: die Telekom arbeitet mit denen zusammen und gibt denen die IP-Adressen von uns Usern weiter, obwohl es vom EuGH verboten ist.

    Außerdem sollte man die Telekom dafür sogar gar nicht mal mehr Drosselkom, sondern sogar besser noch Schneckenkom nennen, weil das der Wahrheit in Sachen Speed am nächsten kommt. grinsen

    Wie gesagt Herr Schmitt-Raiser: sehr gute rLeitartikel und Danke dafür!
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