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Leitartikel: Stimmungswandel gegen Steuersünder
Von Manfred Schweidler manfred.schweidler@mainpost.de
 |  aktualisiert: 21.09.2014 18:26 Uhr

Für prominente Steuerhinterzieher waren die Schlagzeilen über ihre Unehrlichkeit schädlicher fürs Image als der Besuch vom Staatsanwalt. Das ist gut so, denn die am Pranger stehenden Promis von Boris Becker über Alice Schwarzer bis zu Uli Hoeneß, von Klaus Zumwinkel bis zum Bäderkönig Eduard Zwick haben in der Öffentlichkeit einen Stimmungswandel bewirkt: Steuerhinterziehung gilt nicht länger als Kavaliersdelikt, sondern als Schmarotzertum auf Kosten der Allgemeinheit.

Dazu kommt, dass der Staat in Zeiten leerer Kassen auf jeden Euro angewiesen ist und deshalb schärfer kontrolliert als früher. Dies führt zu einer Situation, die selbst der rigorose Steuereintreiber und einstige Finanzminister Peer Steinbrück nicht erwartet hätte: Sogar Steueroasen wie die Schweiz zwingen ihre Kunden, ihre Geheimkonten offenzulegen. Im Januar wird die Selbstanzeige verschärft. Und die Krönung bereiteten die Finanzminister der 20 wichtigsten Industrienationen in Australien vor: einen weltweiten Informationsaustausch über Steuerdaten ausländischer Anleger.

Dann wird es eng für diejenigen, die ihr Schwarzgeld noch verstecken wollen. Ende Oktober werden neue internationale Standards feierlich im Bundesfinanzministerium unterzeichnet. Über 60 Staaten wollen sie einhalten, darunter fast alle wichtigen Steuerfluchtländer wie die Schweiz, Liechtenstein und Luxemburg, Singapur und Steueroasen auf karibischen Inseln.

Den Finanzämtern stehen die Daten erst 2017 zur Verfügung, aber für Steuersparer wird die Zeit dennoch knapp: Zum 1. Januar 2015 wird eine Selbstanzeige, mit der man sein verheimlichtes Geld straffrei nachversteuern kann, deutlich teurer. Strafzinsen steigen auf zehn bis 20 Prozent. Bezahlt werden müssen sie künftig schon ab einer hinterzogenen Summe von 25 000 Euro statt wie bisher 50 000 Euro. Zudem bleiben Steuersünder dann erst nach zehn und nicht schon nach fünf Jahren straffrei.

Das neue internationale Abkommen soll mehr Transparenz bringen: Gemeldet werden Name, Adresse und Kontonummer sowie die Kontostände von Depots und Einlagekonten. Zinsen, Dividenden und Wertpapierkäufe und -verkäufe werden getrennt ausgewiesen. Erfasst werden Personen, Stiftungen und Firmenkonten, die Privatpersonen zugeordnet werden können.

Wichtig ist, den Kampf gegen die Steuersünder nicht auf ein paar Symbolfiguren wie Uli Hoeneß zu beschränken und mit vordergründigem Aktionismus Entschlossenheit nur vorzutäuschen. Entscheidend ist, auch jene Großkonzerne zur Kasse zu bitten, die durch Gewinnverlagerung Billionen von Euro an Steuern sparen. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) präsentierte in Paris Vorschläge, die es erschweren, Gewinne so lange zwischen mehreren Firmenstandorten in der Welt zu verschieben, bis kaum oder keine Steuer mehr anfällt.

Das alles wird Steuerflüchtlingen das Leben schwer machen – wenn die erhobenen Daten tatsächlich ausgewertet werden. Ob die personell schon jetzt hoffnungslos unterbesetzten Finanzämter diese Datenmengen auswerten können? Schon bei den Mitteilungen von EU-Staaten über die Zinserträge der Deutschen wurde von einer zweistelligen Millionenzahl weit weniger als fünf Prozent ausgewertet. Das macht wenig Hoffnung, dass bei einer viel größeren Datenmenge ernsthaft kontrolliert werden kann. Da kann man eher auf Zufallstreffer hoffen.

 
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