zurück
Leitartikel: Steinbrück = 4000 x Hoeneß
Von Manfred Schweidler manfred.schweidler@mainpost.de
 |  aktualisiert: 13.05.2013 19:09 Uhr

Ein klein wenig ist ja auch Borussen-Fan Peer Steinbrück mit schuld daran, dass Bayern München im Finale der Champions League steht. Wie das kommt? Er hat noch als Finanzminister der Großen Koalition den Eidgenossen mit der Kavallerie gedroht, wenn sie nicht die Namen deutscher Steuersünder rausrücken, die – wie Uli Hoeneß – ihr Geld auf Schweizer Konten verstecken.

Am Widerstand seiner Sozialdemokraten scheiterte schließlich der dubiose Ablasshandel mit der Schweiz, auf den Hoeneß zu lange vergeblich hoffte. Der Bayern-Präsident musste per Selbstanzeige den Canossagang zum Finanzamt antreten. Nun steht er als Steuermuffel am Pranger der öffentlichen Empörung.

Bayern-Trainer Jupp Heynckes erweckt im Interview folgenden Eindruck: Für den Bayern-Sieg im Halbfinale gegen „Barca“ sei nicht mangelnde Moral des Gegners verantwortlich, auch nicht die Formkrise von Lionel Messi. Nein, es war eine Trotzreaktion aus Solidarität zu Hoeneß. Der habe „Unwahrscheinliches ertragen müssen“. Das sei „etwas, was ein Mensch normalerweise nicht aushalten kann“ und „Ich habe alles getan, dass wir das Spiel für Uli gewinnen“, sagt Heynckes.

Gut zu wissen, dass Hoeneß ein bedauernswertes Opfer ist. Ob auch der Sieg von Dortmund gegen Madrid eine solidarische Trotzreaktion für ihn war? Kaum vorstellbar. Aber wenn das nun Schule macht, weil sich die ganze Bundesliga mit Hoeneß solidarisiert? Eine Welle siegreicher Trotzreaktionen würde deutsche Teams auf Jahre in internationalen Wettbewerben unschlagbar machen. Was für eine Vorstellung, undenkbar für den bestechend ehrlichen FIFA-Präsidenten Sepp Blatter – der ja Schweizer ist. Ob er ein paar Fäden zog, um die deutsche Vormachtstellung im europäischen Fußball zu verhindern? Denn kaum sind Dortmund und Bayern im Finale, lässt die Schweiz – die sich zunächst nach dem Scheitern des Steuerabkommens schmollend in die Ecke verzog – plötzlich wieder Gesprächsbereitschaft erkennen.

Der Grund liegt natürlich jenseits des Fußballs: Dem Ruf der Schweizer Banken wären noch ein paar Steuer-CD's, noch ein Fall Hoeneß nicht förderlich. Auch die Steueroasen Österreich und Luxemburg knicken ein. Der Preis für die schönste Formulierung gebührt Liechtensteins Ministerpräsidenten Adrian Hasler: Wichtig für ihn sei, „wie unseren Kunden eine Brücke in die Steuerehrlichkeit gebaut werden kann“. Dieses Nachgeben kann die deutsche Opposition der eigenen Standfestigkeit zurechnen, weil sie sich dem lauen Kompromiss für eine Steuersünder-Amnestie verweigert hatte.

Peer Steinbrück frohlockt: „Ich habe schon vor eineinhalb Jahren gesagt, dass die Schweiz dazu bereit sein werde.“ Die Gegenrechnung machten empörte Schweizer Medien wie die „Handelszeitung“ auf: Steinbrück selbst habe als Finanzminister ein Steuerschlupfloch legalisiert, durch das sich Banken mit einem Aktientrick Milliarden an Steuergutschriften erschlichen. Dadurch habe der Staat in zehn Jahren zwölf Milliarden Euro verloren. Da seien Hoeneß' drei Millionen ein Klacks. Steinbrücks Riesenpanne koste den Fiskus viel mehr, höhnt die „Handelszeitung“ süffisant: „Die Rechnung ist einfach: Steinbrück = 4000 x Hoeneß“. Da haben die Eidgenossen gelacht. Und der deutsche Fußballlehrer Sepp Herberger (der in Bern für Trotzreaktionen und Wunder zuständig wäre) würde weise nickend zu Steinbrück sagen: „Siehst du, Peer – nach dem Spiel ist vor dem Spiel.“

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Champions League
FC Bayern München
Finanzminister
Große Koalition
Jupp Heynckes
Kavallerie
Lionel Messi
Peer Steinbrück
Sepp Blatter
Sepp Herberger
Steuerabkommen
Steuersünder
Uli Hoeneß
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top