Im Grunde ist das Thema viel zu ernst, um darüber zu spotten. Und doch fühlt man sich unweigerlich an die Komödie „Und täglich grüßt das Murmeltier“ erinnert. So wie der TV-Wetteransager Phil Connors den 2. Februar, der in der Kleinstadt Punxsutawney als „Tag des Murmeltiers“ begangen wird, jeden Tag aufs Neue erlebt, sitzen auch die Innen- und Rechtsexperten der Großen Koalition in einer Art politischer Endloszeitschleife, in der sich die gleichen Ereignisse wiederholen.
Nach jedem Terroranschlag oder Attentat beginnt wie auf Knopfdruck ein Überbietungswettlauf, bei dem immer noch schärfere Gesetze und noch mehr Befugnisse für die Strafverfolgungsbehörden gefordert werden, getreu der Devise: Viel hilft viel. Doch kaum ist das entsprechende Gesetz in Kraft, ziehen Bürgerrechtsaktivisten, angeführt von den rüstigen Alt-Liberalen Gerhart Baum und Burkhard Hirsch, vor das Bundesverfassungsgericht, wo sie jedes Mal in weiten Teilen recht bekommen.
So war es beim Großen Lauschangriff der Fall, den die Hüter der Verfassung 2004 für nicht verfassungskonform erklärten, ebenso beim Luftsicherheitsgesetz sowie bei der ersten Fassung der Vorratsdatenspeicherung. Nun hat es auch das 2008 von der damaligen Großen Koalition verabschiedete BKA-Gesetz erwischt. Und wieder bestätigen die obersten Richter dem Gesetzgeber, dass er zu weit gegangen ist und unverhältnismäßig in die Grundrechte der Bürger eingreift.
Dabei sitzen nicht nur im Parlament, sondern auch in den für die Ausarbeitung der Gesetze zuständigen Ministerien ganze Heerscharen von hoch bezahlten Juristen, die schon im ersten Semester nicht nur den Wortlaut des Grundgesetzes, sondern auch den Geist der Verfassung und die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichts gelernt haben müssten. Es wirkt, als wollten sie Schritt für Schritt die Grundrechte aushöhlen und von Gesetz zu Gesetz ausloten, wie weit sie im ewigen Wechselspiel von Freiheit und Sicherheit gehen können.
Karlsruhe schlägt einen Mittelweg ein: So würdigen die Hüter der Verfassung zwar die Bedeutung des Anti-Terror-Kampfes, der dem Schutz der Bürger wie der Verteidigung der Demokratie gilt, gleichwohl ist aus ihrer Sicht nicht alles rechtlich zulässig, was technisch möglich ist. Im Falle des BKA-Gesetzes gilt dies vor allem für die geplante Übermittlung von Daten ins Ausland, die durch den Einsatz des sogenannten „Bundes-Trojaners“ zum Ausspähen von Computer-Festplatten gewonnen werden. Zwar darf eine derartige Software verwendet werden, aber nur bei Vorliegen eines konkreten Terrorverdachts, zudem muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden. Und bei der Weitergabe an Staaten außerhalb der EU muss der Datenschutz beachtet werden. Ausdrücklich gestehen die Karlsruher Richter den eigenen vier Wänden, dem Kernort der Privatsphäre, einen besonderen Schutz vor Überwachung zu.
Das erneute Scheitern vor dem Verfassungsgericht sollte allen Parteien Mahnung und Auftrag sein, auch in Zeiten einer ernst zu nehmenden Bedrohung durch Terroristen die Grundrechte der Bürger zu achten und zu wahren. Manchmal kann auch weniger mehr sein. Denn die ständige Verschärfung der Gesetze alleine verpufft wirkungslos, wenn gleichzeitig bei der Polizei und der Justiz gespart wird und die Sicherheitsbehörden gar nicht mehr das nötige Personal haben, um ihren Aufgaben nachzukommen.
Manchmal frag ich mich wer solche Entscheidungen trifft - ob die Verantwortlichen überhaupt die leiseste Ahnung von dem haben, was sie da entscheiden.
Das ist so wie bei dem Fall, als eine Brücke gebaut wurde und später wurde durch eine Klage die dazugehörige Strasse gekippt. Die Brücke steht noch in der Pampa.
Ich kann mich dem letzten Absatz des Verfassers nur anschließen. Mögen diese Worte den Verantwortlichen jeden Morgen und jeden Abend in den Ohren klingeln.
BTW: Ich finde der Verfasser hat große Ähnlichkeit mit Jared von der BHG.
Übrigens gut geschrieben.