Die Abgeordneten und das liebe Geld – es ist eine endlose Geschichte mit ausgesprochen amüsanten Pointen. Über Ex-Bundesminister Fritz Zimmermann etwa, der von 1976 bis 1982 Chef der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag war, ist eine aufschlussreiche Episode überliefert. Wieder einmal wurde – damals noch in Bonn – über eine Erhöhung der Diäten diskutiert. Wieder einmal trauten sich die Damen und Herren nicht so recht, sich ihre Bezüge so zu erhöhen, wie sie es gerne gehabt hätten. Wieder einmal wichen sie der Konfrontation mit dem Wahlvolk geschmeidig aus. Zimmermann fasste, wie sich ein Anwesender erinnert, das Ergebnis der Besprechung in der Landesgruppe kurz zusammen: „Diäten beschissen, Altersvorsorge grandios.“
Hinter diesem Satz steckt ein schwieriges Problem, das die Abgeordneten des Bundestags wie der Landtage seit Jahrzehnten begleitet. Sie fühlen sich für ihre 60, 70 oder 80 Wochenstunden, die sie für ihre Tätigkeit aufwenden, zu schlecht bezahlt. Sie haben es aber nicht im Kreuz, eine kräftige, direkte Erhöhung der Diäten durchzusetzen. Also haben sie über die Jahre hinweg anderswo Ersatz geschaffen: bei der Altersvorsorge, mit Funktionszulagen, mit steuerfreien Aufwandsentschädigungen, Mitarbeiterentschädigungen oder irgendwelchen Pauschalen. Außerdem gestatten sie sich Nebentätigkeiten, damit nicht nur Beamte, sondern auch einige Freiberufler wie Anwälte, Ärzte, Landwirte oder Unternehmer im Parlament vertreten sind. Ergebnis ist ein nur schwer durchschaubares System von Vergütungen, das immer dann ins Visier einer kritischen Öffentlichkeit gerät, wenn Missbrauch aufgedeckt wird – eine selbst gebaute Zwangslage.
Im Bayerischen Landtag hat die Verwandtenaffäre dieses System gehörig in Misskredit gebracht. Zwar betraf die Affäre nur die Mitarbeiterentschädigungen. Doch die Erkenntnis, dass einige Abgeordnete ihre rechtlichen Möglichkeiten allzu großzügig ausgeschöpft haben oder sogar darüber hinaus gegangen sind, führt dazu, dass nun wieder alles auf den Prüfstand gestellt wird.
Angreifbar ist das System der Vergütungen an zwei Stellen. Zum einen gibt es ein krasses Missverhältnis zwischen der Höhe der Diäten und den Pensionsansprüchen. Wer zehn Jahre als Abgeordneter im Landtag saß, was aktuell mit einer Diät von 7060 Euro vergütet wird, erwirbt sich in dieser Zeit einen Pensionsanspruch von 2365 Euro pro Monat. Davon kann ein Arbeitnehmer mit 7060 Euro brutto nur träumen. Zum anderen gibt es die seltsame Regelung der steuerfreien Kostenpauschale in Höhe von 3214 Euro. Selbstverständlich braucht ein Abgeordneter ein Stimmkreisbüro, Möbel, Telefon, Computer, Briefpapier, Benzin. Warum aber kann er, wenn ihm – was völlig in Ordnung ist – auch eine Sekretärin bezahlt wird, seine Kosten nicht abrechnen wie jeder Arbeitnehmer oder Handwerker auch? Verschärfend kommt hinzu, dass dieses System den fleißigen Abgeordneten bestraft und den faulen belohnt. Es gibt Abgeordnete, deren Aufwand die Kostenpauschale übersteigt.
Eine ehrliche Reform der Vergütung würde diese Unverhältnismäßigkeiten beseitigen und echte Transparenz herstellen. Es geht nicht darum, dass die Diäten zu hoch sind. Sie sind – für sich allein genommen – zu niedrig. Oder, um mit Peer Steinbrück zu sprechen: So viel, wie ein Sparkassendirektor verdient, sollte uns die Bundeskanzlerin schon wert sein.