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Leitartikel: Range war kein Robin Hood der Justiz
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 13.01.2016 11:09 Uhr

Allmählich legt sich die Aufregung um die letzte Ermittlung Harald Ranges, die ihn das Amt als Generalbundesanwalt kostete – zu Recht, denn er legte Hand an die Pressefreiheit. Doch Range inszeniert seinen Rauswurf, als sei der geschasste Generalbundesanwalt eine Art Robin Hood gewesen, der die Unabhängigkeit der Justiz gegen die gierigen Krallen der Politik verteidigte.

Range war im Amt nicht durch übergroßen Mut zur Verteidigung des Rechtsstaates aufgefallen, als es gegolten hätte, gegen die Abhörer der US-Geheimdienste zu ermitteln oder gegen die rechtsextremen Terroristen der NSU. Sein Aufbegehren jetzt gegen den Justizminister war ein bewusstes Harakiri, um einen Abschied zu provozieren, der ihn das Gesicht wahren lässt – also eher dem Wunsch nach einem ehrenvollen Abgang geschuldet als der Verteidigung des Rechtsstaates.

Justizminister Heiko Maas konnte ihn nur feuern, wenn er glaubwürdig bleiben wollte – aber er hat nebenbei die Pressefreiheit verteidigt, als er Ranges Tatendrang gegen die Informanten der Netzblogger dämpfte. Die Weisung war keine willkürliche Einflussnahme der Politik, sondern Weisungsrecht laut Recht und Gesetz.

Das Weisungsrecht an den Staatsanwalt ist dem Deutschen Richterbund schon lange ein Dorn im Auge. Flugs holt er sein „Zehn-Punkte-Papier zur Stärkung des Rechtsstaats“ wieder hervor. Die Kernforderung lautet, das Weisungsrecht abzuschaffen: Schon „der böse Schein einer Einflussnahme“ schade dem Ansehen der Justiz.

Mit bedenkenswerten Argumenten widerspricht Gerhard Strate, einer der bekanntesten Strafverteidiger der Republik. Eine „Unabhängigkeit der Justiz“ ist im Grundgesetz gar nicht vorgesehen – und wäre eine Katastrophe für den Rechtsstaat. Denn unabhängig sind per Gesetz nur die Richter – wobei die Lebenserfahrung zeigt, dass auch bei Richtern selten die Karriere machen, die zuvor durch besondere Widerborstigkeit aufgefallen sind.

Der Staatsanwalt gehört dagegen im Sinne der Gewaltenteilung zur Exekutive und nicht zur unabhängigen Judikative. Aus historischen Gründen ist auch die Kräfteverteilung gewollt, dass er nicht – wie die Polizei – dem Innenminister untersteht, sondern dem Justizminister. Der wird seinerseits durch das Parlament kontrolliert.

Wie sich das bewährt hat, zeigt der Fall Gustl Mollath: Der Bayerische Landtag förderte in einem Untersuchungsausschuss 2013 viele Fehler der Justiz zutage. Strate betont zu Recht: Das war nur möglich, weil die Justizministerin dem Parlament gegenüber den Kopf dafür hinhalten musste.

Natürlich wird in jeder politischen Affäre, von Christian Wulff über die Strauß-Kinder bis zu Sebastian Edathy, vermutet, die Politik nehme Einfluss auf die Justiz. Tatsächlich sind diese Weisungen viel seltener, als man annimmt. Das sagt etwa Heiko von Manteuffel. Er führte in Köln eine der größten Anklagebehörden des Landes. Der Praktiker betont: „Wer sich für den Fortbestand der inneren Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft einsetzen möchte, sollte ihr Vorhandensein betonen und nicht anzweifeln. Nichts gefährdet die Unabhängigkeit des Staatsanwaltes so sehr wie die allgemeine Unsicherheit, die durch ständiges öffentliches Infragestellen oder polemisches Kritisieren seiner Arbeit entstehen kann.“ Das trifft den Punkt.

 
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