Die IG Metall macht seit Jahren Druck, den Missbrauch von Leiharbeit einzuschränken. Für Ex-Gewerkschaftschef Detlef Wetzel war es ein besonderes Anliegen, der ausufernden Zeitarbeit mit nach letztem Stand rund 960 000 Beschäftigten Paroli zu bieten. So hat die IG Metall in einem Schwarzbuch Leiharbeit übertrieben als reine Ausbeuterei gegeißelt. Da fügte es sich gut, dass mit Andrea Nahles ein IG-Metall-Mitglied Arbeitsministerin ist. Schon lange ist klar: Neben den Herzensanliegen der Gewerkschaft, dem Mindestlohn und der Rente mit 63, musste die Sozialdemokratin auch bei der Zeitarbeit liefern.
Nahles hat ihr Versprechen gehalten. Doch aus Sicht der IG Metall erfüllte die Arbeitsministerin den Auftrag der Gewerkschaft nicht so befriedigend wie bei Mindestlohn und Rente mit 63. Das lässt sich aus der Reaktion von IG-Metall-Boss Hofmann ableiten, der zwar mit Bausteinen der Reform zufrieden ist, aber das ein oder andere auszusetzen hat. Hier hat sich die CSU den Gewerkschaftsunmut zugezogen. Dass sich Hofmann über die „Blockadehaltung“ der Partei erregt, verwundert nicht. Auch der Kompromiss zur Leiharbeit zeigt: Wie im Ringen um eine Erbschaftsteuerreform präsentiert sich die CSU innerhalb der Koalition als Stimme mittelständischer Firmen, ja generell als Sachwalter wirtschaftlicher Interessen.
Damit hat die Partei zum Teil die frühere Rolle der FDP im koalitionären Pokerspiel übernommen.
So haben SPD und IG Metall erreicht, dass der Missbrauch von Leiharbeit endlich eingedämmt werden kann und Zeitarbeiter nach neun Monaten grundsätzlich Anspruch auf den gleichen Lohn haben. Das ist überfällig. Manche Arbeitgeber haben das an sich sinnvolle Instrument zur Flexibilisierung der Arbeitswelt nach allen Regeln der Kunst ausgenutzt. Leiharbeit wurde zur Dauerbeschäftigung, was den ursprünglichen Zielen zuwiderläuft. Denn dass die Möglichkeiten zur Zeitarbeit einst unter dem sozialdemokratischen SPD-Arbeits- und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement ausgeweitet wurden, hatte auch aus heutiger Sicht nachvollziehbare Gründe: So soll verhindert werden, dass Stammmitarbeiter in einer Abschwungphase wie in den 90er Jahren betriebsbedingt massenhaft gekündigt werden. Entsprechend hat sich Leiharbeit in der Finanzmarktkrise des Jahres 2008 bewährt. In Not geratene Firmen hielten häufig an festen Beschäftigten fest, trennten sich aber, was natürlich für die Betroffenen hart ist, von Zeitarbeitern. Letztere wurden jedoch auch oft als Erste eingestellt, als es dann wieder aufwärts ging.
Um den positiven Effekt wissen die Tarifpartner der dominierenden Metall- und Elektroindustrie. Deshalb zeigte sich der Arbeitgeberverband Gesamtmetall erleichtert, dass Nahles (was ein Segen ist), Tarifparteien abweichende Regelungen vom Leiharbeitskompromiss erlaubt. In der Autoindustrie oder im Maschinenbau ist es deshalb weiter möglich, Zeitarbeiter nicht nur grundsätzlich höchstens 18, sondern bis zu 24 Monate zu beschäftigen. Dann müssen die Arbeitgeber ihnen ohnehin ein Angebot zur Übernahme machen.
Um die Produktion weiter im Hochlohnland Deutschland halten zu können, reizen die Metall-Arbeitgeber alle Formen der Flexibilität aus. Hier ist Leiharbeit neben Arbeitzeitkonten für sie ein unverzichtbarer Baustein. Das hat Nahles zum Glück anerkannt.