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Leitartikel: Mr. Facebook und seine Freunde
Von Michael Deppisch michael.deppisch@mainpost.de
 |  aktualisiert: 11.12.2019 10:26 Uhr

Mal ehrlich, kennen Sie Dustin Moskovitz, Eduardo Saverin oder Peter Thiel? Die beiden ersten haben vor acht Jahren Facebook mitgegründet, Thiel ist ein 45-jähriger Internetinvestor aus Frankfurt.

Das Trio gehört zum kleinen Kreis der Freunde und langjährigen Geschäftspartner um Facebook-Guru Marc Zuckerberg. Und die drei sind seit einer Woche noch ein wenig reicher: Rechnerisch ist jeder seit dem Börsengang von Facebook am vergangenen Freitag Milliardär.

Es war der größte IT-Börsengang bislang – und einer der größten aller Zeiten. Er sollte den unglaublichen Siegeszug der vor acht Jahren als digitales Schwarzes Brett für ein paar Hundert Studenten gestarteten Onlineplattform krönen. Und tatsächlich: Die Medien verneigten sich vor dem in der schieren Zahl der weltweiten Facebook-Mitglieder manifestierten Erfolg. 900 Millionen Menschen, so die schlichte Botschaft, können doch nicht irren.

Und nun? Schadensersatzklagen gegen Facebook, die beteiligten Banken und die US-Technologiebörse Nasdaq könnten aus dem Börsengang der Superlative eine juristische Schlammschlacht werden lassen. Es wurde gepatzt, das steht fest. Aber wurde auch betrogen? Kleinanleger, die das zweifelhafte Glück hatten, ein paar der begehrten Aktien zugeteilt zu bekommen, fragen sich ernüchtert, in welches Unternehmen sie da eigentlich investiert haben.

Wer auf der offiziellen Facebook-Seite für Finanzinformationen recherchiert, wird mit den allernötigsten Pflichtangaben abgespeist. Angaben über die Aktionärsstruktur, Geschäftszahlen, anstehende Termine? Fehlanzeige. Facebook, so viel wird schnell klar, ist eher Club denn transparentes Unternehmen.

Aber was ist es dann? Womit soll künftig das Geld verdient werden, das die gewaltige Börsenbewertung rechtfertigen könnte? Denn immer noch ist Facebook mehr wert als die fünf DAX-Unternehmen Deutsche Bank, Henkel, Lufthansa, Adidas und Metro zusammengenommen.

Worin das Geschäftsmodell liegt, kann oder will Marc Zuckerberg nicht verraten. 3,7 Milliarden Dollar hat Facebook im vergangenen Jahr eingenommen, hauptsächlich mit Werbung. Man wird hier aggressiver werden müssen und die Seiten, wie die anderer Onlineangebote, mit grellen Werbeformaten zupflastern. Doch ob das den Nutzern gefällt, wenn ihre Tagebücher von schnöder Reklame überlappt werden?

Der Wirbel um Facebook erinnert an die Börsenblase Ende der 90er Jahre, die im Frühjahr 2000 nach absurden Milliardenbewertungen für Börsenglücksritter wie EM.TV oder Mobilcom abrupt endete. Millionen von Kleinanlegern zahlten damals die Zeche für einen Hype, der bis heute die Aktienkultur in Deutschland beschädigt hat.

Doch es gibt einen Unterschied: Die heutige deutsche Internet-Szene konzentriert sich fast ausschließlich auf Berlin. Hier geben sich in den Hinterhofbüros der zahllosen Start-Ups längst internationale Investoren die Klinke in die Hand – der Kleinanleger bekommt davon nichts mit. Oder erst dann, wenn es gilt, mit einem Börsengang Kasse zu machen. So wie jetzt bei Facebook.

Mark Zuckerberg kann's egal sein. Seine Freunde und er haben ihre Milliarden gemacht. Und das im Gegenzug für einen kleinen Teil ihrer Aktien: Nach wie vor gehört ihnen Facebook – und sie haben das Sagen. Denn Zuckerberg hat den Anlegern Aktien zweiter Klasse mit minimalen Stimmrechten angedreht. Wem das auf Dauer gefällt?

 
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