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Leitartikel: Kubicki gewinnt gegen Rösler
Von FOLKER QUACK folker.quack@mainpost.de
 |  aktualisiert: 06.05.2012 21:25 Uhr

Selten war ein Wahlabend so spannend, wie der gestrige in Schleswig-Holstein. SPD und CDU lieferten sich ein wahres Foto-Finish. Mit der Folge, dass weder Schwarz-Gelb seine Regierungsarbeit fortsetzen kann, noch eine sichere Option für Rot-Grün besteht. Eine Pattsituation, ausgelöst vom Senkrechtstart der Piratenpartei. Auch nächste Woche in Nordrhein-Westfalen wird die Union keine Mehrheit mit der FDP mehr finden. Und damit stehen die Signale für die Bundestagswahl 2013 für das Duo Angela Merkel und Philipp Rösler auf Stopp, aber längst nicht auf Rot-Grün.

Mit über acht Prozent hat die FDP in Schleswig-Holstein für die größte Überraschung des Wahlabends gesorgt. Wieder mal wurde das Totenglöcklein zu früh geläutet. Aber für welche FDP steht eigentlich der FDP-Spitzenkandidat von der Waterkant, Wolfgang Kubicki?

Jedenfalls nicht für die von Philipp Rösler geführte Partei gleichen Namens. Selten hat ein Spitzenkandidat sein Heil so ausschließlich in der Abgrenzung von der Bundespolitik der eigenen Partei gesucht und gefunden, wie Wolfgang Kubicki. Selten wurde eine Partei so sehr wegen ihres Spitzenkandidaten und so wenig wegen ihres Programms gewählt. Wenn jetzt noch Christian Lindner in NRW die Fünf-Prozent-Hürde knackt – und danach sieht es aus –, haben zwei der größten innerparteilichen Kritiker von Philipp Rösler die Trendwende der Liberalen geschafft.

Nach der Ebbe kommt die Flut. Es ist zwar noch lange keine Sturmflut, den einen oder anderen Leichtmatrosen aber kann die Brise von der Küste leicht von Deck spülen. Philipp Rösler jedenfalls muss sich ganz warm anziehen und gut festhalten. Trotz des Kubicki-Effekts zeigt das Ergebnis aber auch, dass der Wähler die Vertreter liberaler Politik für Deutschland doch noch nicht abgeschrieben hat.

Die SPD hingegen muss sich fragen, warum sie immer wieder am Wahlabend ein paar Punkte weniger auf dem Konto hat, als ihr die Demoskopen vorhergesagt haben. Das Kopf-an-Kopf-Rennen war keine Überraschung, doch in allen Umfragen lag die SPD leicht vorne, am Wahlabend die Union. Und das, obwohl Spitzenkandidat Torsten Albig im direkten Vergleich weit besser ankam als CDU-Mann Jost de Jager. 42 Prozent der Wähler hätten lieber Albig als Ministerpräsidenten, knapp 30 Prozent bevorzugten de Jager. Die SPD hat ein Mobilisierungsproblem. Der nach wie vor vielstimmige Umgang mit der eigenen Agenda-2010-Politik verhindert klare alternative Positionen zur Union, die unter Merkel sozialdemokratischer geworden ist.

An den Grünen jedenfalls lag es nicht, sie haben ordentlich geliefert und die derzeit vor allem mit sich selbst beschäftigte Linke flog erwartungsgemäß aus dem Parlament. Für den unterfränkischen Parteichef Klaus Ernst wird der Parteitag Anfang Juni wohl der Letzte sein, den er als Vorsitzender eröffnen darf.

SPD-Mann Torsten Albig baut auf eine rot-grüne Koalition, die die dänische Minderheit unterstützen müsste, doch selbst dann bliebe es denkbar knapp. An genau dieser Konstellation scheiterte 2005 Heide Simonis krachend. Somit sind auch Große Koalition, Ampel oder Jamaika denkbar. Vergnügungssteuerpflichtig wird es für keine Regierung. Das Land leidet unter einem Reformstau und enormen Haushaltsproblemen. Die zu lösen, braucht es nicht unbedingt große Mehrheiten, sondern großen Mut.

 
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