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Leitartikel Kirche darf nicht leichtfertig mit ihrem Geld umgehen
Von Daniel Wirsching red.politik@mainpost.de
 |  aktualisiert: 02.04.2019 10:36 Uhr

Wenn die Finanzskandale der katholischen Kirche etwas Gutes haben, dann das: Der Druck zu Veränderungen steigt. Nach wie vor fallen diese nicht so aus, wie es sein müsste. Aber es gibt sie, immerhin.

So haben fast alle 27 deutschen Bistümer, zuletzt Eichstätt, ihre Vermögensverhältnisse offengelegt – wenn auch in höchst unterschiedlicher Weise. Unter Kirchenleuten ist die Einsicht gereift, dass die Glaubwürdigkeit ihrer Institution vom Umgang mit dem Thema Kirchenfinanzen abhängt.

Mancher Amts- oder Würdenträger will dennoch nicht wahrhaben: Es sind die Skandale der Kirche, die deren öffentliches Bild maßgeblich bestimmen – mehr als jede Predigt, jedes Pfarrfest, jedes Hilfsangebot.

Skandalös ist etwa, dass im überschuldeten Erzbistum Hamburg bis zu acht der 21 katholischen Schulen geschlossen werden könnten. Skandalös ist, dass im Bistum Eichstätt ein Finanzskandal spielt, bei dem es um Millionensummen geht. In beiden Fällen ist der Kirche Systemversagen vorzuwerfen.

„Transparenzoffensive“ vollzieht sich nur schleppend

Am Beispiel Hamburgs stellen sich die Fragen: Was kann und will sich Kirche leisten? Und: Wie weit ist es mit der Solidarität zwischen reichen und armen Bistümern her? Am Beispiel Eichstätt wird deutlich, wie verantwortungslos Einzelne sowie die Kirche insgesamt noch bis vor kurzem mit ihrem Geld umgingen: Dort, und nicht nur dort, fehlte es an Kontrollmechanismen, klar geregelten Verantwortlichkeiten und (externem) Sachverstand. Es herrschte Chaos.

Das System der Kirchenfinanzen muss also reformiert werden, und das schnell und nicht halbherzig. Doch nicht allein zum Ärger des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Marx, vollzieht sich die vor vier Jahren ausgerufene „Transparenzoffensive“ in finanziellen Angelegenheiten schleppend. Bis auf Weiteres bleiben die Bilanzen der Bistümer nicht vergleichbar, weil nicht in jedem Bistum alle Rechtsträger erfasst sind. Oder nach den strengen Vorschriften des Handelsgesetzbuches für Kapitalgesellschaften bilanziert wurde.

Keine einheitlichen Standards, keine echte Transparenz. Ein Problem, das gleichfalls die dringend nötige Einführung eines breiter angelegten und gerechten Finanzausgleichs zwischen allen Bistümern verhindert.

Milliardenvermögen sollen der Gesellschaft zugute kommen

Bislang gibt es einen Strukturbeitrag, hauptsächlich zwischen west- und ostdeutschen Bistümern. Dabei ist absehbar, dass die Bistümer – die weitgehend autonom sind – stärker zusammenrücken müssen, um ihre Angebote annähernd und in der Fläche aufrechtzuerhalten.

Die Milliardenvermögen und die trotz der hohen Zahl der Kirchenaustritte steigenden Kirchensteuereinnahmen – sie sind ja kein Selbstzweck, sondern sollen der Gesellschaft zugute kommen. Frei nach Papst Franziskus: eine reiche Kirche für die Armen!

Noch etwas: Die Kirche muss endlich ihren Umgang mit (Finanz-)Skandalen ändern. Ganz prinzipiell. Zu lange wurde vertuscht und verschwiegen, Kritikern und Journalisten „Hetze“ vorgeworfen oder von Einzelfällen gesprochen, wo offenkundig das System versagt hatte. Auch aus Eichstätt war anfangs zu hören: „Wir sind Opfer und nicht Täter.“

So etwas trägt massiv zur Entfremdung zwischen Kirche und Kirchenmitgliedern bei, einem der Hauptgründe für Austritte. Vom Essener Generalvikar stammt der Satz: „Nichts deutet darauf hin, dass sich der Trend der Kirchendistanzierung von sich aus ändert“. Umso mehr muss der Kirche daran gelegen sein, tatsächlich verantwortlich mit ihrem Vermögen und den ihr anvertrauten Kirchensteuermitteln umzugehen. Was so selbstverständlich klingt, war und ist es nicht. Das zeigen die Skandale.

 
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