Menschen, die sich wie in Clausnitz Flüchtlingen in den Weg stellen, sie anpöbeln und Kinder verängstigen, sind Ausländerfeinde, Rassisten. Das Gleiche gilt für diejenigen, die in Bautzen zuschauen und klatschen, wenn ein künftiges Flüchtlingsheim niederbrennt und die Feuerwehr beim Löschen gar noch behindern. Auch sie sind Rassisten, Menschenfeinde.
Man kann nur hoffen, dass diese Täter mit der vollen Härte des Gesetzes verfolgt und schließlich auch bestraft werden. Die Bilder aus Clausnitz lassen da jedoch Zweifel. Videoaufnahmen, die zeigen, wie Polizisten Flüchtlinge gewaltsam aus dem Bus zerren, nennt SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann „höchst irritierend“. Er hat recht. Auch andere Politiker sprechen von Polizeiversagen. Die Behörden hingegen verteidigen den Einsatz, sie wollen gegen Flüchtlinge gar wegen angeblicher Provokationen ermitteln. So werden arglose Opfer zu Mittätern gemacht. Das darf nicht sein.
Die Zivilgesellschaft wird weiter genau hinsehen müssen. Es ist eine bittere Erkenntnis, dass humanitäre und demokratische Werte an manchen Orten dieser Republik kaum noch konsensfähig sind. So ist das viel beschworene christliche Abendland tatsächlich in Gefahr.
Szenenwechsel. Knapp fünf Meter breit war der Korridor, den ein starkes Polizeiaufgebot im tauberfränkischen Unterbalbach sicherte, um ein Aufeinandertreffen von AfD-Anhängern, die zu einer Wahlkampfrede mit Björn Höcke wollten, und Gegendemonstranten zu verhindern. Eine Barriere, die symbolisch zu stehen scheint für die Spaltung der Gesellschaft. Hier die Freunde einer Willkommenskultur, die stolz sind auf ein weltoffenes, buntes Deutschland. Dort Menschen, die fürchten, etwas zu verlieren, ihren Job, ihre Rente, ihren bescheidenden Wohlstand. Hier das helle, dort das dunkle Deutschland? Nein, so einfach ist es nicht.
Nie ging es den Deutschen in ihrer Gesamtheit so gut wie heute. Die Wirtschaft brummt, die Arbeitslosigkeit ist gering wie lange nicht mehr, das Konsumklima ist gut. Die Ängste, die normale Bürger zu AfD-Wählern werden lassen, mögen irrational sein. Trotzdem sind sie vorhanden. Und die Leute haben einen Anspruch auf Antworten.
Die Politik, staatliche Einrichtungen bis hin zur Polizei, gesellschaftliche Organisationen von den Gewerkschaften bis zu den Kirchen, aber auch die Medien haben zuletzt massiv an Vertrauen verloren. Warum? Werden gesellschaftliche Probleme, wenn nicht ausgeblendet, so doch wenigstens nicht ausreichend durchdrungen? Gibt es einen Meinungsmainstream, dem die Akteure allzu unkritisch folgen? Werden manche Fragen gar nicht erst gestellt?
Es gibt keine leichten Antworten. Der Weg, Vertrauen zurückzugewinnen, ist steinig. Er ist aber alternativlos, will man ein weiteres Auseinanderdriften der Gesellschaft verhindern. Für uns Journalisten gilt: Mehr Fakten noch als bisher sammeln, möglichst viele Hintergründe ausleuchten. Außerdem müssen wir unser Handeln noch besser erklären, mehr Transparenz schaffen. Nur so kann es gelingen, die Leute aufzuklären, immun gegen Verschwörungstheorien zu machen und so das Bewusstsein für demokratische Werte neu zu schärfen.
Dazu gehört dann aber auch, Rassisten und politische Rattenfänger, die versuchen, auf Kosten der Schwächsten der Gesellschaft, aktuell der Flüchtlinge, Kapital für ihre (Macht-)Interessen zu schlagen, auch so zu benennen. Für Menschenfeinde gibt es kein Pardon.