Es war ein stolzes Quartett, das einst den deutschen Handel dominierte: Hertie und Horten, Karstadt und Kaufhof hießen in den 60er, 70er und 80er Jahren die Publikumsmagnete in den Innenstädten. Wer etwas brauchte, fand es in den großzügigen Häusern – und auch wer nur gucken wollte, war willkommen. Das Wort vom „Konsumtempel“ prägte das Bild einer selbstbewussten Branche.
Vielleicht ging es den Kaufhausketten und ihren Managern lange ganz einfach zu gut. Denn plötzlich strömten die Kunden zum Einkauf eben auch mal in Großmärkte auf der grünen Wiese oder zum billigen Discounter um die Ecke. Die Wiedervereinigung sorgte, wie in anderen Branchen auch, nochmals für einen kurzen Boom. Anfang der 90er Jahre aber – und damit vor dem Aufkommen der Internethändler – wurde deutlich: Die klassischen Kaufhäuser haben ein Problem.
Die Folge: Hertie wurde 1993 von Karstadt geschluckt, ein Jahr später übernahm Kaufhof Horten. Das Quartett war zum Kaufhaus-Duo geschrumpft. Doch auch die beiden Platzhirsche mussten erkennen, dass das Erfolgsrezept früherer Jahre – nach dem Motto „Alles unter einem Dach“ – nicht mehr ausreichte. Viele Häuser waren zu öden Warenlagern verkommen, die Kundschaft wollte es lieber individuell (beim selbstständigen Händler), billig (beim Discounter) oder bequem (im Internet).
Vor allem Karstadt wurde zum Spielball der Finanzmärkte und egozentrischer Manager. Von der Fusion mit dem Fürther Versandhändler Quelle zu KarstadtQuelle 1999 bis heute – ein einziges Trauerspiel, bei dem Tausende von Mitarbeitern ihre Jobs verloren. Der Name des damaligen Vorstandschefs Thomas Middelhoff wurde zum Synonym des Managers ohne Augenmaß. 2010 übernahm dann Investor Nicolas Berggruen Karstadt – und reichte die Kette im vergangenen Jahr an den nicht minder schillernden Österreicher René Benko weiter: Beide zahlten den vielsagenden Betrag von einem Euro.
Nun blättert der kanadische Kaufhaus-Konzern Hudson's Bay 2,8 Milliarden Euro für die Galeria-Kaufhof-Kette hin. Das überrascht. Was ist bei Kaufhof so viel besser als bei Karstadt? Offenbar einiges. Nach Informationen des „Handelsblatt“ ist Kaufhof „viel besser aufgestellt“ als sein Dauerkonkurrent. Und der Vorsprung könnte sich noch vergrößern, denn die in Nordamerika sehr erfolgreichen Kanadier wollen kräftig in ihre deutsche Neuerwerbung investieren und, so hieß es am Montag, das eher schwache Onlinegeschäft ausbauen und mit den Filialen besser verknüpfen.
Genau hier könnte die Zukunft liegen – und nicht nur für Kaufhof. Immer mehr Kunden sind das „In den Einkaufswagen legen“ und „Zur Kasse gehen“ beim Online-Kauf leid. Der Händler, der es schafft, ein attraktives Ambiente, individuellen Service und – bei Bedarf – alle Möglichkeiten des Internets zu einem befriedigenden Einkaufserlebnis zu verbinden, der kann gegen jede rein digitale Konkurrenz bestehen. Dass immer mehr Internetshops ihrerseits Filialen eröffnen, spricht dafür.
Für Karstadt dürfte es nun noch schwerer werden, es sei denn Benko – er hatte für Kaufhof mitgeboten – investiert endlich im großen Stil. Für den gesamten deutschen Einzelhandel aber könnte der Kaufhof-Deal den Weg weisen. Denn ohne attraktiven stationären Handel verlieren die Innenstädte ihre Anziehungskraft. Und wer will das schon!
Daher überwiegt bei mir die Sorge, letztlich gehe es auch in diesem Fall nur darum, worum es allen "Heuschrecken" geht: das ganze traurige Konvolut billig aufkaufen und dann ausschlachten was auszuschlachten geht/ den Rest abwickeln. Die Mitarbeiter/innen stellen dabei bestenfalls eine Verfügungsmasse dar, schlimmstenfalls interessiert sich gar niemand für sie.
Eine Antwort auf die Frage, was die ursprünglichen Besitzer falsch gemacht haben und was richtig ist, steht bislang noch völlig aus, ebenso wie die, ob es eine richtige überhaupt gibt. Haben sich Warenhäuser mitten in der Stadt vielleicht tatsächlich selber überlebt und angesagt ist das "Einkaufszentrum" auf der grünen Wiese mit lauter Filialen von großen Ketten?
So bleibt mir nur, den Kaufhof-Mitarbeiter/innen alles Gute zu wünschen und auf eine bessere Zukunft zu hoffen!