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Leitartikel: Für viele ist eben nur Bares Wahres
Detlef Drewes
Detlef Drewes
 |  aktualisiert: 22.02.2016 03:36 Uhr

Europas Finanzminister haben gesprochen: „Niemand hat die Absicht, das Bargeld abzuschaffen.“ Damit könnte die vor allem in Deutschland aufgeflammte Diskussion eigentlich beendet sein. Die mögliche oder vielleicht sogar wahrscheinliche Abschaffung des 500-Euro-Scheins ebenso wie die Deckelung von Bargeld-Überweisungen innerhalb und außerhalb der EU gehören zu einem Konzept, bei dem es um den Kampf gegen die Terror-Finanzierung geht. Und da macht eine Harmonisierung des europäischen Durcheinanders durchaus Sinn – nicht, um das hohe deutsche Niveau abzuschaffen, sondern um es auch in anderen Ländern durchzusetzen.

Dennoch bleiben Zweifel, ob die Wucht der Diskussion nur eine Art Missverständnis oder Irrtum der Bürgerinnen und Bürger war. Bargeld ist nicht nur ein Symbol für die Freiheit, zu leben wie man will. Es ist auch eine der letzten Bastionen, die sich dem Zugriff und der Kontrolle staatlicher Organe entzieht. Die heftige Empörung macht deshalb auch klar, dass den Menschen die Eingriffe der Fahnder in den persönlichen Bereich zu weit gehen.

Die Intensität, mit der vor allem französische Behörden nach immer neuen Instrumenten für die möglichst weitgehende Sicherheit suchen, ist nachvollziehbar. Nach den Anschlägen 2001 haben die Vereinigten Staaten nicht anders reagiert. Aber hier wie dort gab und gibt es eben jenen Punkt, an dem die Menschen spüren: Das wollen wir nicht. Die plötzlich aufbrechende Angst vor den staatlichen, aber auch privaten Institutionen wie den Geldinstituten, die am Ende jede Zahlung erfassen, speichern und überprüfen können, hat genau da ihren Grund.

Wie lange würde es dauern, bis ein immer weiter und lückenlos kontrollierender Staat die Lebensführung der Menschen nicht nur durchforstet, sondern in sie eingreift? Auch wenn die Debatte um die Zukunft des Bargeldes überzogen und unnötig war, weil es letztlich „nur“ um ein weiteres Instrument im Kampf gegen den Terror gehen sollte, so dokumentiert sie doch eine wachsende Skepsis vor dem Überwachungsstaat, der nichts anderes tut als das, was seine Gegner eigentlich wollen: die Freiheit vernichten. Bargeld ist dafür ein Symbol, aber eines, das man nicht ungestraft anrührt.

Die durch Abhör-Aktionen von Geheimdiensten erschütterte Öffentlichkeit mag zwar verstehen, warum sie künftig bei jedem Flug im eigenen Land und über dessen Grenzen hinaus die komplette persönliche Reise-Biographie abgeben soll. Aber die Menschen sind eben nicht bereit, anderen einen Blick darauf zu gestatten, ob man sich beim Bio-Markt oder im Fast-Food-Restaurant ernährt. Ganz davon abgesehen, dass es begründete Zweifel daran gibt, ob ein Verbot von Bar-Geschäften oberhalb von 5000 Euro einen Terroristen wirklich davon abhält, eine Kalaschnikow zu erwerben. Auf den Schwarzmärkten im Balkan sind solche Waffen für 50 bis 100 Euro zu haben, in Deutschland für 350 bis 500 Euro. Effizienter Anti-Terror-Kampf bedeutet, diese Umschlagplätze trockenzulegen und die Nachschubwege nicht zuletzt aus dem arabischen Raum zu kappen. Stattdessen wurde eine Diskussion über Münzen und Scheine in den Taschen der Bürger vom Zaun gebrochen, die nur schiefgehen konnte. Hoffentlich haben die EU-Finanzminister mit ihrer Klarstellung das Feuer ausgetreten.

 
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