zurück
Leitartikel: Für de Maiziere zählten nur die Akten
Von Martin Ferber red.politik@mainpost.de
 |  aktualisiert: 31.07.2013 20:05 Uhr

Es waren ungewohnte Töne. Kaum im Amt, warb Verteidigungsminister Thomas de Maiziere offen für die Anschaffung von Drohnen. Nicht nur von reinen Aufklärungsdrohnen, sondern auch von bewaffneten Flugkörpern, die in der Lage sind, Ziele sofort zu bekämpfen, gesteuert von Soldaten in sicheren Leitständen. Drohnen, so der Minister immer wieder, seien dringend notwendig, um eine Fähigkeitslücke der Armee zu schließen und die Soldaten im Einsatz zu schützen.

Umso unverständlicher und unerklärlicher, dass der gleiche Minister in seinem eigenen Hause so wenig Interesse für das moderne Waffensystem der Zukunft zeigte. Bei seinem mit Spannung erwarteten Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags räumte Thomas de Maiziere ein, dass er entgegen seiner ersten Behauptung vor dem Verteidigungsausschuss zwar mehrfach über Probleme bei der Zulassung des „Euro Hawk“ informiert wurde, dass diese allerdings stets als „lösbar“ geschildert wurden. Und als das Thema im Mai wieder auf seinem Tisch landete, war der Habicht schon abgestürzt. Sein Staatssekretär unterrichtete ihn über den Ausstieg aus dem Projekt. Und de Maiziere billigte diese Entscheidung seines Untergebenen.

Selbstverständlich ist es nicht die Aufgabe eines Verteidigungsministers, sich bis ins letzte Detail mit jedem Rüstungsprojekt zu beschäftigen, zumal de Maiziere mit dem Umbau seines Hauses und der Neugliederung der Armee mehr als genug zu tun hatte. Und doch erstaunt sein Desinteresse an dem Drohnenprojekt, das für ihn derart wichtig und bedeutend war, doch. Wenn die Bundeswehr die unbemannten Flugkörper, denen die Zukunft in der Kriegsführung gehören wird, tatsächlich dringend benötigt, auch im Hinblick auf zukünftige Auslandseinsätze, was auch Generalinspekteur Volker Wieker vor dem Ausschuss bestätigte, ist es kaum nachvollziehbar, dass die Entscheidung zum Ausstieg auf der Ebene der Ministerialbürokratie fiel und der politisch verantwortliche Minister sie ohne weitere Nachfragen abnickte.

Die Arbeit des Untersuchungsausschusses hat trotz des aufziehenden Wahlkampfes einen frappierenden Einblick in die Arbeit des Ministeriums geliefert: Probleme existieren nur, wenn es darüber einen Aktenvermerk gibt; gibt es keine Vorlage, gibt es auch kein Problem. Eindrucksvoll verwies der frühere Verteidigungsminister Rudolf Scharping aber darauf, dass es nicht nur eine „Bringschuld“ der Beamten gegenüber der Spitze, sondern auch eine „Holschuld“ des Ministers gebe, wenn er erkenne, dass etwas nicht läuft. De Maiziere, Typ Aktenfresser, verließ sich ganz auf seinen engsten Vertrauten, Staatssekretär Stéphane Beemelmans, der sich wiederum ganz darauf verließ, was ihm seine Untergebenen meldeten. In der politischen Spitze des Ministeriums wurde offensichtlich nie offen über die von Anfang an existierenden Grundprobleme, mögliche Alternativen oder andere Ausstiegsszenarien geredet. Entschieden wurde auf der Grundlage von Akten.

De Maiziere wird Minister bleiben, die Kanzlerin will nicht auf ihn verzichten. Und doch ist nach dem „Euro-Hawk“-Desaster nichts mehr so wie es vorher war. Denn ausgerechnet der Minister, der sich so vehement für den Kauf von Drohnen einsetzte, hat durch sein Tun, besser gesagt Nichtstun, dafür gesorgt, dass die Bundeswehr so schnell keine eigenen Drohnen erhält.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Deutscher Bundestag
Drohnen
Euro Hawk
Rudolf Scharping
Soldaten
Verteidigungsminister
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top