Kann ein Land, das Menschenrechte mit Füßen tritt, ein Partner des Westens sein? Betrachtet man die aktuelle Außenpolitik Deutschlands und der USA, scheint die Antwort darauf „Ja“ zu heißen. So gelten die Beziehungen zu Ländern wie Saudi-Arabien oder Pakistan laut dem Auswärtigen Amt in Berlin als „traditionell freundschaftlich“. Gleichzeitig sind in den islamischen Ländern Steinigungen, die Unterdrückung von Frauen und die Diskriminierung von Andersgläubigen kein Geheimnis.
Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) zog nun einen aufsehenerregenden Vergleich: Islamische Staaten und das sogenannte Kalifat der IS-Terroristen auf den Territorien von Irak, Syrien, Libyen und Ägypten hätten viel gemeinsam, heißt es in einer Pressemitteilung. Die Staatsdoktrin und die schockierenden Verbrechen des IS seien keineswegs einzigartig. „Der ideologische Unterbau mehrerer Partnerländer unterscheide sich vom IS nur graduell.“ Namentlich werden der Iran, Saudi-Arabien und Pakistan genannt. Ist also etwa Deutschland zu „freundschaftlich“ mit Staaten verbunden, die keinen Deut besser sind als Terroristen?
Eine Antwort darauf zu geben, ist schwierig. Zu komplex ist die sicherheitspolitische Architektur in den islamisch geprägten Regionen von Nordafrika bis in den Nahen und Mittleren Osten. Zu unterschiedlich sind die Rollen der einzelnen Länder. Was westliche Vertreter im Umgang mit Staaten versuchen, in deren Nachbarschaft der Arabische Frühling nachwirkt, die direkt oder indirekt von Terrorismus betroffen sind und gleichzeitig wegen ihrer Rohstoffe oder geostrategischen Lage Begehrlichkeiten wecken, ist ein diplomatischer Drahtseilakt.
Beispiel Saudi-Arabien, dem man eine schwere Form von Schizophrenie unterstellen kann, wenn man dessen Außen- und Innenpolitik vergleicht: Das Königreich versteht sich als sunnitisch-islamischer Staat, dessen Recht, Gesellschaft und Politik auf der Scharia in wahhabitischer Auslegung basieren. Strenger geht es kaum. Gleichzeitig pflegt man in Riad eine prowestliche Außenpolitik und gilt als verlässlicher Partner der USA und Europas. Nicht nur als Erdöllieferant, sondern auch als Interessenspartner in vielen Krisen – vom Kalten Krieg über den Golfkrieg bis hin zum internationalen Terrorismus.
Der Balanceakt, den der Westen hier aufführt, zeigt sich am deutlichsten in der Diskussion um deutsche Waffenlieferungen an die Saudis. Erst vergangene Woche wurde bekannt, dass die Bundesregierung grünes Licht für Lieferungen mit einem Gesamtvolumen von 110 Millionen Euro gegeben hat. Doch wen beliefert man eigentlich? Den ökonomischen und strategischen Partner? Oder kompromisslose Konservative, die im Zweifelsfall deutsche Waffen gegen das eigene Volk richten würden, falls das für mehr Freiheit auf die Straße ginge?
Auffällig ist jedenfalls, wie leise Berlin Waffengeschäfte mit Riad öffentlich macht – und wie laut man nur dann nach Menschenrechten ruft, wenn die Brutalität in dem Land nicht zu übersehen ist. So wie vor kurzem, als der Blogger Raif Badawi wegen Islambeleidigung zu 1000 Stockhieben verurteilt wurde.
Die IGFM appelliert, „gegenüber islamischen Republiken, Emiraten und Königreichen die Scheuklappen abzulegen“. Ein guter Rat. Im Westen sollte das Prinzip gelten, dass Länder, die auf die westlichen Werte pfeifen, keine Partner sein können. Und schon gar keine Freunde.
Was tut man nicht alles für seine tägliche Dosis...
Wo fängt Beschaffungskriminalität an? Reicht es, wegzuschauen oder/ und die Klappe zu halten, wenn Menschenrechte (sind die überhaupt überall auf der Welt gleich definiert?) mit Füßen getreten werden, oder muss man sich, auf fadenscheinige/ unwahre Vorwürfe gestützt, ein ganzes Land unter den Nagel reißen (und alle für Feiglinge erklären, die nicht mitmachen)?
Fragen über Fragen...
Wenn ich jetzt postuliere, eine (erfolgreich absolvierte) Energiewende würde uns auch in dieser Beziehung mehr Freiheit bzw. Gewicht zur (diplomatischen, versteht sich) Intervention verschaffen, krieg ich aber bestimmt wieder zu hören, ich bin ein grüner Traumtänzer!