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Leitartikel: Eine SPD-Niederlage in NRW würde Schulz schaden
Bernhard Junginger
 |  aktualisiert: 05.06.2017 03:57 Uhr

Nordrhein-Westfalen ist so etwas wie der unaufgeräumte Keller der SPD – und damit natürlich auch von Parteichef Martin Schulz. Aus Sicht des Kanzlerkandidaten ist es verheerend, dass die Opposition vor der Landtagswahl am Sonntag die Tür zu diesem peinlichen Keller nun weit aufgestoßen hat und überall in der Republik das Elend im Westen so deutlich sichtbar wird. Extreme Arbeitslosigkeit trotz guter Konjunktur, schlimme Zustände an den Schulen des Landes und eine haarsträubende Sicherheitspolitik, Behörden, die angesichts im Entstehen begriffener rechtsfreier Räume und krimineller Parallelgesellschaften machtlos erscheinen.

Seit 1966 haben die Sozialdemokraten – mit einer kurzen Unterbrechung von 2005 bis 2010 – den Regierungschef in Deutschlands bevölkerungsreichstem Bundesland gestellt. Seit 2010 amtiert Hannelore Kraft in Düsseldorf und so sympathisch die Landesmutter auch wirken mag, sie hat es in keiner Weise geschafft, Lösungswege für die vielfältigen Probleme aufzuzeigen. Die von ihr geführte rot-grüne Regierung dürfte am Sonntag dafür die Quittung bekommen. Und damit droht auch Martin Schulz ein schwerer Rückschlag für seine Kanzler-Ambitionen. Ein schlechtes Ergebnis an Rhein und Ruhr wöge für ihn noch um ein vielfaches schwerer als die beiden vorhergehenden Niederlagen. Denn Nordrhein-Westfalen hat mehr Einwohner als Österreich und die Schweiz zusammen.

Strukturwandel im Ruhrgebiet nicht gelungen

In den neuen Bundesländern wurden nach der Wende ganze Wirtschaftszweige abgewickelt, trotzdem stehen viele Regionen im Osten heute deutlich besser da als weite Teile Nordrhein-Westfalens. Fast überall, wo in den Jahrzehnten nach dem Krieg Kohleförderung und Schwerindustrie dominierten, ist nach deren Niedergang der Strukturwandel nicht gelungen. Die von der SPD dominierte Politik im Land hat im Zusammenspiel mit den Gewerkschaften nach der Schließung der Zechen und Stahlschmelzen viel Geld in die Linderung der Symptome gesteckt. Doch damit wurde die Misere nur verlängert.

Im kommenden Jahr wird die deutsche Steinkohleförderung endgültig Geschichte sein, wenn die Zeche Prosper in Bottrop schließt. Eine trägfähige Vision aber, wie es mit den betroffenen Regionen weitergehen soll, fehlt bis heute. Beim Ausbau einer digitalen Infrastruktur, die Zukunftsbranchen anlocken könnte, hinkt das Land hinterher. Und Existenzgründer klagen in NRW über besonders hohe bürokratische Hürden.

Schlusslicht in Sachen Wirtschaft, Sicherheit und Bildung

Dabei ist das Bild von Nordrhein-Westfalen durchaus bunt. In manchen Gegenden herrscht annähernd Vollbeschäftigung. Düsseldorf zählt zu den reichsten Städten der Republik. Doch das Ruhrgebiet, einer der größten Ballungsräume der Welt, zieht mit seinen Problemen alle anderen Regionen mit nach unten.

So groß die Bindung der Menschen im einstigen Arbeiterparadies zur SPD auch ist, immer mehr Bürger sind es leid, dass ihre Heimat in Sachen Wirtschaft, Sicherheit und Bildung Schlusslicht ist. Dass dem SPD-Innenminister Ralf Jäger massive Versäumnisse im Fall der massenhaften Übergriffe in der Silvesternacht 2015 in Köln und im Umgang mit dem späteren Berlin-Attentäter Anis Amri vorgeworfen werden, kommt noch hinzu.

Beim Versuch, in Düsseldorf irgendwie an der Macht zu bleiben, kann die SPD kaum auf ihren Bündnispartner, die Grünen, zählen – selbst wenn das eigene Ergebnis passabel ausfallen sollte. Mögliche Koalitionspartner sind rar. Ein Bündnis mit der Linken, deren Einzug in den Landtag ohnehin fraglich ist, schließt Hannelore Kraft aus. Die erstarkende FDP will wohl nicht mit der SPD und mit der AfD will ohnehin niemand.

Bliebe eine Große Koalition. Doch wenn seine SPD sogar in ihrem Stammland mit der CDU ins Bett steigen müsste – wer würde Martin Schulz dann noch ernsthaft die Machtübernahme in Berlin zutrauen?

 
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