Seit rund vier Monaten verfolgt die Welt, wie US-Präsident Donald Trump wie ein Elefant im Porzellanladen durch Washington trampelt. Auch die Entlassung von FBI-Chef James Comey wirkt tollpatschig und lässt einiges zerbrechen – unter anderem den Glauben an rechtsstaatliche Verhältnisse in den Vereinigten Staaten.
Dabei ist die Entlassung Comeys an sich kein Skandal. Der Schritt ist im Prinzip nachvollziehbar, denn unumstritten war der Kopf der US-Bundespolizei nicht. So hatte sich Comey etwa im vergangenen Jahr mehrmals in den Präsidentschaftswahlkampf eingemischt. Am auffälligsten, als er elf Tage vor der Wahl ankündigte, die eigentlich schon im Sommer 2016 abgeschlossenen Ermittlungen zur E-Mail-Affäre von Hillary Clinton, wieder aufzunehmen.
Im Herbst fand Trump Comey noch „mutig“
Überraschend ist vielmehr der Zeitpunkt der Entlassung. Noch in der vergangenen Woche hatte Comey im Kongress unter Eid eine falsche Aussage gemacht, was die Anzahl von E-Mails angeht, die auf dem Laptop des Mannes einer Clinton-Mitarbeiterin gelandet sind: Statt „Tausenden“ waren es nur zwölf, musste das FBI später richtigstellen. Doch von diesem Fehltritt ist nun keine Rede.
Vielmehr soll ausgerechnet Comeys früheres Verhalten in der E-Mail-Affäre Grund für seine Demontage sein. Comey habe schwere Fehler begangen, indem er öffentlich Urteile zu laufenden Verfahren abgegeben habe, erklärte das Justizministerium mit Blick auf Comeys Äußerungen im Jahr 2016.
Das wusste Trump schon kurz nach seiner Amtseinführung – doch gehandelt hat der Präsident damals nicht. Noch unglaubwürdiger wird die Begründung, wenn man bedenkt, dass der Wahlkämpfer Trump in Comey offenbar einen nützlichen Helfer gesehen hat: Im Oktober lobte der jetzige Präsident Comeys Entscheidung, kurz vor der Wahl die Ermittlungen gegen Clinton wieder aufzunehmen, als „mutiges Verhalten“.
Nein, der Grund für das Aus Comeys ist ein anderer. Denn es hat sich einiges geändert in den vergangenen Monaten. Trump ist kein Wahlkämpfer mehr und Comey alles andere als dessen nützlicher Helfer. Nicht nur, dass er dem Präsidenten widersprach, als der behauptet hatte, Amtsvorgänger Barack Obama habe ihn abhören lassen: Unablässig trieb der jetzt geschasste FBI-Chef Ermittlungen gegen Trumps Wahlkampfteam voran. Wegen mutmaßlicher Kontakte nach Moskau.
Der FBI-Chef war für die Trump-Clique eine Gefahr
Hintergrund der Untersuchung ist die Vermutung, dass Russland eine gezielte Kampagne zur Diskreditierung Clintons führte, um Trump ins Weiße Haus zu helfen. Einen Hinweis darauf, dass die Ermittlungen dazu nun Comey zum Verhängnis wurden, deutet Trump selbst an: im Entlassungsschreiben an den FBI-Chef. Darin betont er, dass Comey ihm „bei drei verschiedenen Gelegenheiten darüber informiert“ habe, dass nicht gegen ihn ermittelt werde. Eine seltsame Bemerkung – ging es bei der Entlassung nicht eigentlich um Clinton und die E-Mail-Affäre? Die erwähnt Trump nicht. Dafür erklärt er, dass er seine Entscheidung auf eine Empfehlung von Justizminister Jeff Sessions stützt – der in der Russland-Affäre selbst unter Druck geraten ist.
Comey ist Trump und seiner Clique gefährlich geworden und wurde kaltgestellt. Dass die Entlassung vor Ungereimtheiten strotzt und die Hintergründe durchschaubar sind, stört Trump nicht. Es ist nicht das erste Mal, dass er sich seine Version der Geschichte bastelt. Das ist dreist. Gefährlich ist die Entwicklung, die in den USA zu beobachten ist: Trumps Amtsführung nimmt zunehmend autokratische Züge an.
Um verlorenes Vertrauen in demokratische Verhältnisse in den USA zurückzugewinnen, braucht es nun einen überparteilichen Sonderermittler, der die Russland-Affäre aufklärt. Und einen neuen FBI-Chef, der kein Günstling Donald Trumps ist.