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Leitartikel: Die Wahl ist noch nicht gewonnen
Von Christoph von Marschall red.politik@mainpost.de
 |  aktualisiert: 11.12.2019 20:22 Uhr

Ein trügerischer Schein von Berechenbarkeit liegt über dem amerikanischen Wahljahr. Bereits früh hatte sich die Weisheit durchgesetzt, dass das republikanische Kandidatenfeld schwach sei, es nur einen ernsthaften Bewerber gebe – Mitt Romney –, und Barack Obama am Ende wiedergewählt werde. Mit dem Rückzug Rick Santorums hat sich der erste Teil der Erwartung erfüllt. Romney wird Kandidat. Mit Blick in die Umfragen scheint auch der zweite Teil gesichert. Obama hat sieben Prozentpunkte Vorsprung.

Gleitet Obama relativ unangefochten zur zweiten Amtszeit? So kann es kommen. Oder auch ganz anders.

Ein herausragendes Merkmal des Wahljahrs 2012 ist, dass die Wähler ungewohnt sprunghaft reagieren. Sie sind verunsichert, wie schwer Amerika sich tut, die Rezession zu überwinden. Deshalb suchen sie Sicherheit und Aufbruch zugleich. Der Drang nach Sicherheit kommt Obama entgegen. Als Amtsinhaber ist er den Bürgern vertrauter. Millionär Romney gilt als emotional kalt und wenig vertraut mit den Alltagssorgen der Menschen. Ihm hilft dafür der Mythos des erfolgreichen Businessman. Konjunktur und Jobs sind das entscheidende Thema 2012. Obamas Wirtschaftsbilanz wird als enttäuschend wahrgenommen. Amerika kann es besser – mit dieser Erwartung kann Romney punkten.

Obama verdankt seine aktuelle Führung vor allem dem Abscheu über die Härte des Kampfs der Republikaner um die Kandidatur. In ein paar Wochen wird das bereits wieder Geschichte sein. Die Grundstimmung ist nicht so günstig für ihn. Vor fünf, sechs Monaten sprach wenig für seine Wiederwahl. Drei Viertel meinten damals, Amerika sei auf dem falschen Weg. Mit Ausnahme weniger Wochen war die Zahl der Wähler, die ihn ablehnten, seit Sommer 2010 höher als die seiner Unterstützer. Erst in den jüngsten Wochen wurden die Umfragen freundlicher für ihn.

Bis zur Wahl bleiben noch sechs Monate – mehr als genug Zeit, um die Dynamik erneut zu wenden. Bisher musste sich Romney auf konservative Wähler konzentrieren. Sie entschieden über die Kandidatenaufstellung. Nun wird er sich um die Mitte kümmern, denn dort wird die Hauptwahl im November gewonnen oder verloren.

Wie kann Romney Obama besiegen? Er muss seine Stärken verteidigen und seine Angriffsflächen reduzieren. Derzeit hat Obama einen deutlichen Sympathie- und Kompetenzvorsprung in nahezu allen Gebieten – mit Ausnahme der Kernthemen Wirtschaft, Energie und Verschuldung. Romney wird also Jobs, Benzinpreise und die Schuldenlast thematisieren.

Und er muss den „Gender Gap“ abbauen. Unter männlichen Wählern liegt er mit acht Prozentpunkten vorn, unter weiblichen führt Obama mit 19 Prozentpunkten. Die Art, wie Republikaner in den Vorwahlkämpfen über Abtreibung und Verhütung sprachen, um die konservative Basis zu gewinnen, hat Frauen in der Mitte abgeschreckt.

Doch Romney hat dafür womöglich eine Wunderwaffe: seine Frau Ann. Sie strahlt die emotionale Wärme aus, die ihm fehlt. Als Frau, die mit Brustkrebs und Multipler Sklerose zu kämpfen hat, zieht sie Mitgefühl auf sich. In ähnlicher Weise ist First Lady Michelle eine Sympathieträgerin für Obama. Womöglich werden die Ehefrauen entscheidenden Einfluss auf den Ausgang der Wahl 2012 haben.

 
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  • erzchristlichen, angeblich konservativen Konkurrenten, aber als Republikaner muß er sich zu sehr um die christlichen Hardliner im Land bemühen, seine Gegner, die sich verabschiedet haben, werden sich ihren Rückzug mit Einfluss auf den Wahlkampf und Romneys Ziele bezahlen lassen.

    Obama wird wieder Präsident, auch wenn die amerikanische Unterschichts und Mittelschicht dumm genug ist jemanden zu wählen, der ihnen die Steuern erhöht, die Leistungen streicht und den Reichen die Steuern senkt, wie man es Romney unterstellen darf.
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