Witold Waszczykowski hat eine Mission. Er sorgt sich um „seine“ Polen. Niemals sollen sie so werden wie die anderen Europäer, angeführt von den Deutschen – „eine Welt aus Radfahrern und Vegetariern, die nur noch auf erneuerbare Energien setzen und gegen jede Form der Religion kämpfen“. Man könnte darüber lächeln, wäre Witold Waszczykowski nicht seit dem Sieg der nationalkonservativen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) bei den Wahlen im Herbst polnischer Außenminister, der im Ausland den offiziellen Kurs seines Landes verantwortet. Und somit auch für das Verhältnis Polens zu Deutschland zuständig ist. Aus seiner Abneigung gegenüber dem Nachbarn im Westen machen weder er noch der eigentliche starke Mann in Warschau, PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski, einen Hehl.
Es steht nicht gut um das Verhältnis zwischen den beiden Ländern, obwohl Berlin und Warschau in diesen Tagen eigentlich das 25-jährige Bestehen des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrags feiern wollen, der am 17. Juni 1991 unterzeichnet wurde. Doch statt Freudenstimmung herrscht Eiszeit. Nicht nur auf offizieller Ebene, sondern auch außerhalb. So gilt die heutige Begegnung zwischen Deutschland und Polen bei der Fußball-EM als Hochrisikospiel.
Dabei herrschte nach dem Fall des Eisernen Vorhangs vor 25 Jahren große Euphorie. Polen, das als erstes Land des Ostblocks das Joch des Kommunismus abgeschüttelt hatte, wandte sich wieder dem Westen zu und suchte die rasche Integration in Nato und EU. Deutschland sicherte im Gegenzug eine enge Zusammenarbeit zu. Was nach dem Zweiten Weltkrieg mit Frankreich geschah, als aus Feinden Freunde wurden, sollte sich mit Polen wiederholen.
Doch das gelang nur teilweise. Denn von Anfang an stand die Aussöhnung unter keinem guten Stern. In Bonn/Berlin wie in Warschau fehlte es an Politikern, die das Projekt wie einst Konrad Adenauer und Charles de Gaulle zu einer Herzensangelegenheit gemacht hätten. Erst recht war es keine Partnerschaft auf Augenhöhe. Deutschland wirkte oft wie der große Bruder, der dem Kleinen von oben herab klarmacht, wo es langgeht. Warschau war den Regierungen in Berlin nie so wichtig wie Paris.
Polen wiederum, bis heute unter dem Trauma der Teilungen im 18. wie 20. Jahrhundert leidend, wollte nach der wiedergewonnenen Freiheit und Unabhängigkeit nicht sofort wieder seine nationale Souveränität teilweise aufgeben. Jaroslaw Kaczynski und seine PiS machten das zu ihrem Programm, warben mit der Verteidigung der „polnischen Werte“ und einer größtmöglichen Distanz zu seinen übergroßen Nachbarn Russland und Deutschland.
So bleibt die Erkenntnis, dass Freundschaft nicht einfach verordnet werden kann, sondern gelebt werden muss. Und da sind die Menschen weiter als die Politik. Das deutsch-polnische Jugendwerk unterstützte bislang mehr als 50 000 Projekte, an denen rund zwei Millionen junge Menschen beider Länder teilnahmen. Über zwei Millionen Polen leben und arbeiten in Deutschland. Und für eine Mehrheit der Polen ist Deutschland der „liebste Partner“.
Regierungen kommen und gehen, doch die Menschen bleiben. Auf dieser Basis lässt sich aufbauen. Auch wenn es wohl länger dauert, als man in der ersten Euphorie vor 25 Jahren glaubte.