Wieder macht uns die Skrupellosigkeit deutscher Banken atemlos, die gerade noch scheinheilig Besserung gelobt hatten. Sie ließen sich die einmal abgeführte Kapitalertragssteuer gleich zweimal vom Fiskus zurückzahlen. So sackten sie zehn Milliarden Euro von unser aller Geld ein. Sie waren sich der Fragwürdigkeit ihres Tuns bewusst. Aber ob das kriminell war, soll die Justiz entscheiden. Die wird wieder gute Gründe finden, gegen die Nadelstreifen-Träger an der Spitze der ehrenwerten Gesellschaft nichts unternehmen zu müssen.
Zwar gelten Banker seit der Finanzkrise als Geldhyänen – in ihrer Skrupellosigkeit nur noch von Waffenhändlern und Kinderschändern übertroffen. Doch gelitten haben unter dem schlechten Ruf die kleinen Sparkassen- und Raif-feisen-Filialleiter. Sie bekamen die Prügel für Finanzhaie anderer Institute, die ohne Rücksicht auf Verluste mit Milliarden jonglieren. Etwa Robert Diamond, Chef der Barclays Bank. Er protzte 2011 schon wieder vor Abgeordneten: Nun müsse „die Zeit der Reue und Entschuldigung vorüber sein“, das Geschäft laufe ja wieder. Es lief aber dank rettender Milliarden kleiner Steuerzahler, die nur ein Tausendstel dessen nach Hause brachten, was Diamond überwiesen wurde: 2011 waren es 26 Millionen Euro.
Kurz nach seinem selbstbewussten Auftritt enthüllten Bankenaufseher: Ausgerechnet Diamonds Händler waren jahrelang maßgeblich daran beteiligt, den Libor-Zinssatz zu ihren Gunsten manipuliert zu haben. Geschädigt wurden Millionen Kreditnehmer und Inhaber von Zinspapieren in aller Welt. Diamond, ein Leitwolf der Geldbranche, trat zurück. Aber nachdem sich die Aufregung gelegt hatte, wurde weiter gezockt, nach dem Motto: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich's völlig ungeniert.“
Denn auf eines können die Diamonds dieser Welt bauen: dass ihre Strafe allenfalls darin besteht, öffentlich am Pranger zu stehen. Denn leider stimmt der Satz: Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen. Betrüger und Steuerhinterzieher wandern wegen vergleichsweise lächerlicher Summen in Untersuchungshaft. Aber müsste nicht bei ihnen in der Zelle Richard Fuld sitzen, der mit der Pleite seines Geldhauses Lehman Brothers die größte Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg auslöste? Müsste er nicht Tüten kleben mit den Händlern von Goldman Sachs und der Deutschen Bank unter Führung ihrer heutigen Chefs Lloyd Blankfein und Anshu Jain? Die verkauften faule Hypothekenpapiere für Milliarden auch an deutsche Kunden – und weil sie wussten, dass die wertlos würden, schlossen sie sogar noch Wetten auf deren Verfall ab. Wäre es nicht gerecht, wenn sie alle beim Hofgang im Knast mit Georg Funke plaudern, unter dessen Führung die Hypo Real Estate in die Pleite gezockt wurde? Für deren Schulden standen Steuerzahler mit Milliarden gerade – während Funke auf Mallorca jammerte, wie ungerecht er behandelt werde.
Bei keinem dieser Finanzskandale mussten Banker fürchten, strafrechtlich zur Verantwortung gezogen zu werden. Sie genießen den Ruf der Unangreifbarkeit, an die sich kein Staatsanwalt herantraut. Und falls es doch einmal geschieht – wie im Fall der vor sich hin stümpernden Landesbanker – wird der Fall jahrelang mit juristischen Spitzfindigkeiten hin und her geschoben, bis er in Vergessenheit gerät.