Es ist nicht das erste Mal, dass die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema) mit ihren Forderungen ein Feuer der Empörung entfacht. Nun nimmt sie mit der Streichung ihres Jugendtarifs etlichen Nachwuchsbands die Chance auf Auftritte. Der Gema, so viel ist sicher, haftet in der Bevölkerung kein guter Ruf an. In Erinnerung sind da die Forderungen an Kindergärten bezüglich der Nutzung von Liedtext-Kopien, die bundesweit für Verärgerung nicht nur bei Erziehern und Eltern geführt hatten. Auch Politiker mischten sich in die Diskussion ein, bezeichneten das Vorgehen der Gema und der VG Musikedition als „Abzocke“.
2013 führte die Tarifgestaltung der Gema zu einer Online-Petition des Aktionsbündnisses Kultur-retten.de. Mit über 305 000 Unterstützern war es eine der größten Petitionen im Land. Dabei ist die Gema alles andere als schlecht. Im Gegenteil: Sie sorgt dafür, dass die Urheberrechte von Kulturschaffenden gewahrt bleiben, ihre Mitglieder sich darauf verlassen können, dass sie nicht untergehen im medialen Wiedergabe-Dschungel und einer zunehmenden Kostenlos-Herunterladen-Kultur im Netz.
Neuer Tarif geht auf Kosten der pädagogischen Arbeit
Die Gema kämpft gegen all jene, die das Recht an Werken anderer ignorieren oder untergraben. Das ist gut. Doch wenn der Kampf ungleich wird und die Schwächsten in der Musikbranche die Segel streichen müssen, bevor sie überhaupt die Bühne betreten haben, dann ist etwas ganz und gar nicht in Ordnung in der Kulturszene in Deutschland! Bislang waren alle Konzertveranstaltungen in Jugendzentren ohne großen Verwaltungsaufwand mit einer jährlichen Pauschale über 187 Euro abgegolten. Doch diesen Jugendtarif hat die Gema nach 13 Jahren gestrichen. Jedes Konzert muss jetzt einzeln angemeldet und abgerechnet werden – die Kosten schießen mit der neuen Tarifordnung auf über 1000 Euro jährlich hoch. Zudem geht der organisatorische Aufwand auf Kosten der pädagogischen Arbeit. Dass die Jugendarbeiter vor Ort nun ihrem Ärger öffentlich Luft machen ist nachvollziehbar – und richtig! Und auch ihre Forderung nach politischer Hilfe ist nur konsequent. Denn jeder, der Wert auf eine gute Kinder- und Jugendarbeit in den Kommunen legt, sollte jetzt aufstehen und bei den Entscheidungsträgern der Gema intervenieren, die hier mit unverhältnismäßig harten Bandagen für verhältnismäßig kleine Vorteile ihrer Mitglieder kämpft.
Auch Gema-Musiker sollten jetzt Flagge zeigen
Flagge zeigen wäre auch bei den Bands in der Gema angesagt. Oder können bekannte Vertreter der Szene es tatsächlich wollen, dass junge Nachwuchsbands keine Chance auf Auftritte mehr haben? Wie wichtig sind hier ein paar Cent mehr oder weniger auf dem Konto? Sven Regener von der deutschen Band „Element of Crime“, der sich vehement für die Urheberrechte und die Gema einsetzt, sagte einmal in einem Rundfunkinterview: „Die Gema sind wir, die Komponisten und Textdichter.“ Damit gibt er einem wenig fassbaren, mächtigen Konstrukt ein Gesicht: „Wir sind Gema.“ An diesem Spruch muss sich der erfolgreiche Musiker nun aber auch messen lassen, wenn die Gema Entscheidungen trifft, die dem Nachwuchs in der Szene das Leben schwer machen. Sich gegenseitig helfen – unter dem Dach der Gema, damit könnten die Erfolgreichen jetzt ein Zeichen setzen. Gewinnen würden dabei alle.
Im Jahr 2004 ist das den Verantwortlichen der 70 000 Mitglieder starken Gesellschaft ja schon einmal gelungen: Mit der Einführung des Jugendtarifs, für den sie damals mit dem Bayerischen Rockpreis ausgezeichnet worden sind. Und den sie nun zu Recht wieder aberkannt bekommen haben. Wer ohne Not Jugendarbeiter und Schülerbands in so eine Bredouille bringt, braucht sich über ein schlechtes Image in der Öffentlichkeit nicht zu wundern.