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Leitartikel Die CSU - keine Chance für starke Frauen
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 09.12.2017 03:15 Uhr

Im Landtag wurde letzte Woche eine sehenswerte Ausstellung über Frauen im Parlament eröffnet. Zu sehen sind dort nicht nur alte Fotos, auf denen weibliche Abgeordnete zwischen vielen Männern oft noch recht verloren wirken. Zu lesen gibt es auch Biografien erfolgreicher Parlamentarierinnen, von Hildegard Hamm-Brücher über Renate Schmidt bis zu Mathilde Berghofer-Weichner – der ersten Frau in einem bayerischen Kabinett. Und am Ende steht ein klares Resümee: Es bleibt noch immer viel zu tun, bis auch im Landtag echte Gleichberechtigung erreicht ist.

Was im Kern für alle Parteien gilt, trifft allerdings im besonderen Maße auf die CSU zu. Führt doch der aktuelle Führungsstreit um die Seehofer-Nachfolge noch einmal deutlich vor Augen, wie stark die Christsozialen noch immer von Männern dominiert sind: Horst Seehofer, Markus Söder, Joachim Herrmann, Alexander Dobrindt, Manfred Weber oder Andreas Scheuer heißen dort wie im Berliner Koalitionsgerangel die lautstarken – männlichen – Wortführer.

Keine Lust auf einen Ellbogen-Machtkampf

Zwar geht auch an Barbara Stamm in der CSU noch immer keine wichtige Entscheidung vorbei. Man tritt der Würzburgerin aber sicher nicht zu nahe, wenn man sie nicht mehr zum Kreis der Zukunftshoffnungen der Partei zählt. Und natürlich mischt auch Ilse Aigner bei wichtigen Fragen noch mit.

Wobei gerade Aigner ein gutes Beispiel dafür ist, wie schwer es starken Frauen in der CSU gemacht wird. Zwar mag man hier mit gutem Grund einwenden, dass sich die Oberbayerin in den letzten vier Jahren auch mit ihrer Arbeit als Wirtschaftsministerin nicht gerade für höhere Aufgaben aufgedrängt hat.

Dass die einstige Kronprinzessin im Rennen um den CSU-Thron längst chancenlos scheint, hat aber auch eine grundsätzliche, strukturelle Komponente: Den knallharten Ellbogen-Machtkampf mit dem Alpha-Männchen Markus Söder wollte Aigner schlichtweg nicht. Weil er ihr aber trotzdem aufgezwungen wurde, konnte sie letztlich wohl gar nicht gewinnen.

Politik als ständiger Machtkampf, als schiere Ausübung von Macht – was in der CSU bis auf untere Ebenen oft nach wie vor die Regel ist, scheint für viele Frauen wenig attraktiv. Vielleicht hat die Partei auch deshalb mit rund zwanzig Prozent noch immer den niedrigsten Frauenanteil aller großen Parteien.

Unverhältnismäßige Kritik an CSU-Frauen in vorderer Reihe

Aber auch die Frauen, die es in die vorderen CSU-Reihen schaffen, stoßen dort auf viele Widerstände: Landesministerinnen wie Ulrike Scharf oder Melanie Huml machen bestimmt keinen schlechteren Job als manche ihrer männlichen Kollegen. Trotzdem stoßen sie auch intern oft auf unverhältnismäßig große Kritik und Widerstände.

Auch die Medien spielen eine Rolle. So wird etwa bei Spekulationen über CSU-Kandidaten für Berliner Ministerposten nur selten der Name Dorothee Bär genannt – obwohl die Unterfränkin als Staatssekretärin einen guten Job gemacht hat und gerade bei jungen, weiblichen Wählern deutlich mehr Sympathie wecken könnte als viele ihrer männlichen Parteikollegen.

Schließlich geht es bei diesem Thema für die CSU nicht nur um Gleichberechtigung, sondern auch um ihre Zukunft als moderne Volkspartei: Gerade bei jüngeren, gut ausgebildeten Frauen schnitten die Christsozialen bei den letzten, eher mäßig erfolgreichen Wahlen besonders schlecht ab.

Allein an den politischen Inhalten dürfte dies nicht gelegen haben. Vielleicht aber an fehlenden Identifikationsfiguren, die wie Bär eine erfolgreiche Vereinbarung von Familie und Karriere verkörpern.

Der einstige CSU-Anspruch von „50 Prozent plus X“ mag für immer verloren sein. Ohne die Zustimmung vieler Frauen setzt die Partei aber ihren Gestaltungsanspruch aufs Spiel. Denn ob es den Männern nun passt oder nicht: Die absolute Mehrheit der Bevölkerung ist und bleibt nun mal weiblich.

 
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