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BERLIN
Leitartikel: Die CDU wird auf Merkels Amtsbonus setzen
Martin Ferber
Martin Ferber
 |  aktualisiert: 23.04.2017 03:42 Uhr

Winfried Kretschmann, Malu Dreyer, Erwin Sellering, Michael Müller – und nun Annegret Kramp-Karrenbauer. Der Wahltrend, der das Jahr 2016 geprägt hat, setzt sich nahtlos im „Superwahljahr“ 2017 fort. Erfolgreiche und beliebte Amtsinhaber, die ebenso bodenständig wie unaufgeregt und sachorientiert regieren, die Interessen ihres Landes vertreten und nicht polarisieren, werden vom Wähler in ihren Ämtern bestätigt. Sie profitieren dabei nicht nur vom Amtsbonus, sondern auch davon, dass sie in unruhigen Zeiten Ruhe ausstrahlen und für Stabilität und Kontinuität stehen. Der Wähler will keine politischen Experimente, sondern vertraut dem Bewährten.

Der Ausgang der Wahl im kleinen Saarland hat primär landesspezifische Gründe. Annegret Kramp-Karrenbauer hat Sympathiewerte, von denen andere Ministerpräsidenten nur träumen können, sie kann auf eine erfolgreiche Arbeit verweisen, an der Saar lag keine Wechselstimmung in der Luft. Das überraschend deutliche Votum für die CDU war daher ein Ja zur populären Ministerpräsidentin und zur Fortsetzung der Großen Koalition. Rot-Rot war keine Alternative, schreckte sogar potenzielle SPD-Wähler ab. So verpuffte im Endspurt der Schulz-Effekt.

Wilder Aktionismus ist der Kanzlerin fremd

Diese Erkenntnisse lassen sich auch auf den Bund übertragen und werden den nun zunehmend an Schärfe gewinnenden Wahlkampf prägen. Angela Merkel kann und wird den Triumph ihrer Parteifreundin an der Saar als Bestätigung ihrer Linie betrachten, ruhig und unaufgeregt weiter zu regieren, statt dem Hype um Schulz auf den Leim zu gehen und in wilden Aktionismus zu verfallen, der ohnehin nicht zu ihr passt. Ihre Strategie, Schulz ins Leere laufen zu lassen, zeigt erste Erfolge. Und wenn auch ihre Popularitätswerte nach zwölf Jahren im Amt weit hinter denen ihrer saarländischen Parteifreundin liegen, so gibt es auch im Bund keine ausgeprägte Wechselstimmung. Die CDU wird auf Merkels Amtsbonus und ihre internationale Erfahrung setzen, sie als einen Fels in der stürmischen Brandung inszenieren, die standhaft den Trumps, Erdogans und Putins dieser Welt trotzt. Gleichzeitig darf sich die Union bestätigt fühlen, dass das Experiment Rot-Rot-Grün in Zeiten der Ungewissheit nicht zieht. Noch ein Trumpf in Merkels Ärmel.

Stimmungen ergeben noch lange keine Stimmen

Schulz dagegen muss nur eine Woche nach seiner 100-Prozent-Wahl zum Parteichef bitter erkennen, dass Stimmungen keine Stimmen sind und Gefühle alleine nicht ausreichen, um eine erfolgreiche Amtsinhaberin aus dem Amt zu jagen. Der Hype um seine Person, der fast schon irreale Züge annahm und sich nun relativieren wird, hat nämlich nicht nur der SPD, sondern auch der CDU neue Wähler hinzugeführt und die Wahlbeteiligung in die Höhe getrieben.

Von dem neuen Interesse an der Politik und dem Zweikampf ums Regierungsamt profitierten beide gleichermaßen. Konkurrenz belebt eben doch das Geschäft. Für Schulz aber stellt sich mehr denn je die Frage nach der eigenen Machtoption. Rot-Rot-Grün wird kein Selbstläufer, zumal die drei Parteien unverändert programmatisch weit auseinanderliegen.

Die Verlierer des Duells sind die Kleinen. Grüne, FDP und AfD kommen unter die Räder, wenn sich alle Augen auf die beiden Elefanten richten. Um erfolgreich zu sein, müssen sie wenigstens ihre Stammwähler mobilisieren. Die AfD tut sich dabei am leichtesten, sie gefällt sich in der Rolle des provozierenden Außenseiters.

Für die FDP wie die Grünen aber geht es am 24. September fast schon ums Ganze. Denn auch das ist eine Erkenntnis der Wahl an der Saar: So unbeliebt, wie Union und SPD immer glauben, ist die Große Koalition gar nicht. Die Deutschen, denen die Sicherheit über alles geht, schätzen es, wenn sich die beiden Großen als Koalition der Mitte austarieren und für stabile Verhältnisse sorgen.

 
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  • B. F.
    Gesundbeter, Wahrsager und die große Gefahr der SElbsttäuschung.

    Nun haben sie also alle von Schulz-Hype, Schulz-Effekt, Schulz-Allmacht und Schulz-Magie schwadroniert und nun ist der Zauberlehrling der SPD zumindest im Saarland entzaubert worden, und die SPD verlor gegenüber 2012 sogar fast 1%.
    Der Harry Potter aus NRW bekam also eine auf die Mütze und die SPD, welche sich auf LSD-Trip befindet bekam einen ordentlichen Dämpfer, weil die Saarländer den "William Lovell", ihren Oskar, noch gut in Erinnerung haben. Der Millionär und die soziale Gerechtigkeit, diese Lachnummer nimmt ihm im Saarland so schnell niemand mehr ab. Wenn sich die Gerechtigkeitslücke dadurch auftut, dass die Linke im Porsche oder Mercedes zur Arbeit fährt, dann ist dadurch bewiesen, Linke sind Ego-Shooter, welche von hinten durch den Rücken sich zur Brust vorarbeiten und dann direkt ins Auge zielen. Deutschland wäre arm dran, wenn Oskar und Konsorten das Sagen hätten. Wer holzt in Thüringen die Wälder ab? R2G!
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