Das Kosovo ist uns lieb und teuer – so sehr, dass wir 1999 sogar (erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg) deutsche Soldaten ins Gefecht schickten, um die Unabhängigkeit der Provinz von Serbien mit Waffengewalt zu erzwingen.
16 Jahre später zeigt sich, dass manche Hoffnung, die sich damit verband, wohl zu optimistisch war: Das Kosovo als überlebensfähiges Land blieb ein Wunschtraum der EU, obwohl sie jedes Jahr Milliarden hineinpumpt. Der Kunststaat steht vor dem Kollaps – und deshalb drängen seine Menschen in Scharen nach Deutschland, wo sie essen, schlafen und Geld verdienen können.
Ist das verwerflich? Sicher nicht, jeder von uns würde seinen Überlebensinstinkten folgen. Aber sind es die Menschen aus dem Kosovo, die dringend auf Asyl bei uns angewiesen sind? Daran muss man auch zweifeln dürfen, wie es jene Nachbarn der Asylbewerberunterkunft in Mainstockheim (Lkr. Kitzingen) tun. Viele verstehen nicht, warum so viele Kosovaren kommen – obwohl ihre Chance, bleiben zu dürfen, bei nicht einmal einem Prozent liegt. Vielleicht wäre das Verständnis leichter gefallen bei Menschen, die von einem Bürgerkrieg gezeichnet sind, wie die Flüchtlinge aus Syrien.
Insofern ist die aktuelle Diskussion um die Einordnung sicherer Herkunftsstaaten richtig und notwendig angesichts von rund 1000 Asylbewerbern, die derzeit täglich in Deutschland Zuflucht suchen. Wer aus einem sogenannten sicheren Land Asyl beantragt, hat hier kaum eine Chance auf Anerkennung. Denn wird ein Staat als sicher klassifiziert, kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Asylbewerber von dort in einem vereinfachten Verfahren abweisen und zurück in ihre Heimat schicken.
Eine differenzierte Sicht auf das Problem ist jedoch wichtig: Denn als Deutschland 2014 die Balkanländer Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien als „sicher“ einstufte, bezog sich die Bundesregierung auf das Vorgehen vieler anderer EU-Staaten. Tatsächlich, dies bestätigten Angaben des Europäischen Flüchtlingsrates in Brüssel, handelte es sich um eine Minderheit, denn nur ein Drittel der 28 EU-Staaten besitzt überhaupt Länderlisten. Nun wird hierzulande der Ruf der Politik laut, auch Albanien, Kosovo und Montenegro als sicher einzustufen, denn die Anerkennungsquote tendiere gegen null. Für Deutschland mag das zutreffen, europaweit ist das nicht der Fall. Zahlen des EU-Statistikamtes Eurostat zeigen: Frankreich etwa nahm 2014 mehr als 500 Kosovaren auf.
Eine Überlegung wert ist die Forderung des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, der die legale Zuwanderung aus dem Westbalkan erleichtern will. Er meint, dadurch ließe sich in Mangelberufen wie der Pflege die Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt verbessern. Das klingt blauäugig, aber warum sollte man es nicht versuchen? Schon haben sich auch die bayerischen Industrie- und Handelskammern für eine qualifizierte Zuwanderung ausgesprochen.
Es gibt Lösungen, die Politik ist nun gefragt, sie zu finden und umzusetzen. Die Eskalation im kleinen Mainstockheim zeigt aber auch, dass die Problematik nicht eindimensional ist. Wo fremde Kulturen aufeinandertreffen, ist Verständnis gefragt – und zwar auf beiden Seiten. Wer hier Hilfe sucht, muss auch die hier gültigen Anstandsregeln wahren.