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Leitartikel: Blutiger Umsatz sichert gemeinsame Macht
Peter Krones
Peter Krones
 |  aktualisiert: 26.04.2018 02:42 Uhr

Schützt Kinder und nicht Schusswaffen! So war es zu lesen auf vielen Plakaten, hochgehalten von jungen Menschen, die es leid sind, immer und immer wieder mit Blutbädern konfrontiert zu werden. Die es leid sind, miterleben zu müssen, wie Mitschüler erschossen werden. Die es leid sind, die Angst vor Waffengewalt als alltäglichen Begleiter ertragen zu müssen.

Hunderttausende von Kindern und Jugendlichen waren in den USA auf die Straße gegangen und demonstrierten für schärfere Waffengesetze, setzten ein deutliches und unüberhörbares Signal. Die Frage, die sich dabei immer wieder stellt: Warum nur werden diese Hilferufe nicht erhört?

Die Zahlen sind furchterregend. 345 „mass shootings“ in den USA dokumentierte das nationale Gun Violence Archive alleine im Jahr 2017. Per Definition gelten solche Gewaltorgien als Schusswaffen-Massaker, wenn vier oder mehr Personen getötet oder verletzt werden. Es gab Tage, an denen bis zu sechs Groß-Schießereien registriert wurden und insgesamt 434 Tote. Dazu kommt eine unvorstellbare Anzahl an Einzeldelikten. Insgesamt kamen im vergangenen Jahr in den Vereinigten Staaten über 15 000 Menschen durch Schusswaffen ums Leben.

Viele Waffen führen zu vielen Tötungen

Warum nimmt die US-Regierung diese Zahlen, zu denen immer auch trauernde Verwandte und Freunde gehören, nicht ernst? Die amerikanische Waffenlobby wird nicht müde, das uramerikanische Grundrecht auf Waffenbesitz zu zitieren und geht dabei achtlos darüber hinweg, dass das zugrunde liegende Gesetz aus dem Jahr 1791 stammt, als es vielleicht noch sinnvoll und notwendig war, eine Waffe zu tragen.

Dabei ist der statistische Zusammenhang zwischen Waffenbesitz und Anzahl der Tötungen durch Waffen eindeutig. Die „New York Times“ errechnete, dass die amerikanische Bevölkerung rund 4,4 Prozent der Weltbevölkerung stelle, denen aber 42 Prozent aller Schusswaffen weltweit gehören. Die meisten Statistiken gehen davon aus, dass amerikanische Privatleute über mehr als 300 Millionen Pistolen, Revolver und Gewehre verfügen. Die traurige Folge dieser wahnwitzigen individuellen Überrüstung: Pro einer Million Einwohner sterben in den USA rund 30 Menschen an einer Schussverletzung. Das ist laut einer UN-Studie deutlich mehr als irgendwo anders auf der Welt. In Deutschland sind es beispielsweise gerade mal 1,9 Menschen.

Nach Amokläufen steigt die Macht der NRA sogar noch an

Warum also reagiert die US-Regierung nicht? Sie paktiert lieber mit der einflussreichen National Rifle Association (NRA) und baut auf die bewährte Allianz mit den konservativen Hardlinern im Lande: blutiger Umsatz und Macht auf gemeinsamem Weg.

Die Waffenlobby versteht es bestens, ihre eigenen Interessen zu wahren und für die Schuld an Amokläufen andere Ursachen als den Waffenbesitz zu finden. Rap-Musik oder Computer-Spiele werden gerne als Auslöser angeführt, und wenn die ersten Wogen geglättet sind, wird nach mehr, anstatt nach weniger Waffen gerufen. In der Tat steigt die Macht der NRA nach Blutbädern sogar an, wenn – wie fast immer – drohende Gesetzesverschärfungen verhindert werden. Und das Klima der Angst dafür sorgt, dass die Zahl der Waffenkäufe weiter ansteigt. Was einfach möglich ist, in einem Land, in dem junge Leute manchmal leichter eine Waffe kaufen können als ein Bier.

Eine Einschränkung des freien Waffenbesitzes wird von der NRA stets als staatliche Regulierungswut gegeißelt, die die Bürgerrechte bedrohe. In dieser kruden und falschen Argumentationskette fühlt sich dann auch Donald Trump wohl. Dass dem Präsidenten, dessen Wahlkampf von der NRA unterstützt wurde, nicht mehr einfällt, als eine Bewaffnung der Lehrer zu fordern, ist abgrundtief zynisch und eine Beleidigung für alle Opfer.

 
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