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Leitartikel: Aus den G8-Fehlern fürs neue G9 lernen!
Gisela Rauch
 |  aktualisiert: 04.05.2017 04:06 Uhr

Das G9 kommt zurück. Und das G8 geht. Was wird von ihm bleiben? Nicht viel, aber das: Es kann Jungpolitikern als Lehrstück dienen: Als Beispiel dafür, wie Politiker und Experten versagen, wenn sie sich bei einer Reform mehr von ihren eigenen Befindlichkeiten leiten lassen als von der Lebenswirklichkeit jener Leute, für die sie angeblich regieren.

In diesem Sinne haben die Macher beim G8 alles falsch gemacht, was falsch zu machen war: Haben erstens die achtjährige Struktur samt Nachmittagsunterricht dem Gymnasium übergestülpt, ohne vorher drüber nachzudenken, dass man dafür neue Infrastruktur – also Kantinen und Pausenräume, Betreuungskräfte und geänderte Busfahrpläne – braucht. Haben zweitens eine ganze Schülergeneration durch einen vollkommen überfrachteten Lehrplan unter Ultra-Stress gesetzt – weil kaum einer der Lehrplanmacher bereit war, auf Teile seines Fachs zugunsten der großen Kürzung zu verzichten.

Bildungspaket eher Grund zur Freude als zur Klage

Die G8-Macher haben die Reform drittens zu schnell, viertens gegen den Willen vieler Betroffener eingeführt. Und fünftens nicht daran gedacht, dass, wenn man den Schultag von Gymnasiasten stark verändert, dies Eltern mehr Nachhilfe abnötigt, dies Musiklehrer um Schüler bringt, Vereine um Nachwuchs und Hochschulen mit unreifen Studenten konfrontiert.

Mit Blick aufs neue G9 soll das heißen: Passt auf, dass es nicht wieder mehr um Politiker-Befindlichkeiten geht als das, was die Schulfamilie braucht. Denn auch wenn die jetzt vorliegende Rohfassung des Bildungspakets mehr Grund zur Freude als zur Klage bietet, ist klar, dass Präsentationszeitpunkt und Ausgestaltung des Bildungspakets auch den Befindlichkeiten der Politik geschuldet ist. In diesem Fall – dem Stimmenfang im Wahljahr. Angetrieben also von der Notwendigkeit, die Wähler zu streicheln, gibt die CSU nicht nur den Gymnasialeltern die neunjährige Schulform zurück, sondern möchte auch übrige Schularten besserstellen. Etwa durch mehr Stellen in Förderschulen und durch den Ausbau der Lehrerreserve an Grund- und Mittelschulen und Realschulen. Zu Letzterem muss man sagen: Alles vollkommen richtig – aber schon so lange gefordert, dass man die versprochenen Zusatzstellen eher als überfällige Erfüllung einer lang vernachlässigten Pflicht denn als Geschenk sehen sollte.

Das neu einzufügende Schuljahr darf nicht vollgepfropft werden

Was das Comeback des G9 betrifft, so ist so hoffen, dass diesmal nicht Befindlichkeiten mit Lebenswirklichkeit verwechselt werden. Der Alltag vieler Schülermütter hat sich stark verändert. Sie sind aufgrund kürzerer Elterngeldzahlungszeiträume, geändertem Unterhaltsrecht und neuer Lebensplanung noch öfter berufstätig als die Mütter am Anfang dieses Jahrhunderts. Heutige Mütter, vermutlich auch die Väter und sicher die Kinder selbst brauchen die unter Mühen errichtete Versorgungs-Infrastruktur des G8 mit Pausenräumen und Kantinen, mit Betreuung und passenden Buszeiten weiter, auch wenn die Gymnasialzeit jetzt wieder gestreckt wird. Das kostet, ist aber wichtig!

Ganz wichtig wäre auch, dass die neuen Lehrplanmacher verstehen, dass das neu einzufügende neunte Schuljahr kein Vakuum ist, das es zu füllen gilt. Der gymnasiale Lehrstoff reicht – er muss nicht noch um endlos viele, neue Inhalte ergänzt werden.

Wenn man also im CSU-Bildungspaket liest, dass es im neuen G9 „17-19 Wochenstunden zusätzlichen Pflichtunterricht gegenüber G8“ geben soll, dass zusätzlich Politik und Digitalisierung gestärkt werden sollen, möchte man an Fehler früherer Lehrplanmacher erinnern. Lernt draus! Gebt den Gymnasiasten nicht mehr Pflichtstoffe, sondern einfach mehr Zeit! Und den Schulen nicht so viele Vorgaben, sondern Freiraum!

 
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