Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier gehört derzeit zu den fleißigsten Politikern im Kabinett Merkel. Unermüdlich reist der CDU-Politiker durch die Welt, gerade weilte er in Peking und nahm dort an der Seidenstraßen-Konferenz teil. Wenn er nicht auf Reisen ist, dann legt Altmaier nahezu im Wochentakt Konzepte und Arbeitspapiere vor, redet in Talkshows und auf Konferenzen. Das Ziel ist hehr: Altmaier will die deutsche Wirtschaft stärken und angesichts globaler Herausforderungen konkurrenzfähig halten.
Dabei steht vor allem Altmaiers „Nationale Industriestrategie 2030“ im Fokus. Sie soll dafür sorgen, dass Deutschland vor dem Hintergrund einer „Beschleunigung von Globalisierung und Innovation“ nicht vom Rest der Welt abgehängt wird. Wobei mit „Welt“ vor allem China gemeint ist. Altmaier hat nationale Maßnahmen im Auge, will aber auch EU-weit Wirtschaftskonzepte entwickeln. Was erst einmal ein durchaus richtiger Ansatz ist, denn Deutschland alleine hat gegen China keine Chance. Kanzlerin Angela Merkel macht das gerne durch ein Zahlenbeispiel deutlich: Etwas über 80 Millionen Bundesbürger sehen sich bald 1,4 Milliarden Chinesen gegenüber. Deutschland habe da nur eine Chance im EU-Verbund, der es immerhin auf mehr als 500 Millionen Einwohner bringt, betont die Kanzlerin.
Zweifelhafte Strategie des Wirtschaftsministers
Die großen Wirtschaftsverbände und Konjunkturinstitute schimpfen jedoch richtigerweise, Altmaier habe mit seiner Strategie vor allem die großen Player im Blick und vernachlässige die kleinen und mittleren Unternehmen im Land. Unterstützt wurde diese Einschätzung gerade von der FDP, die auf ihrem Parteitag kein gutes Haar an der auswärtsgerichteten Wirtschaftspolitik von Altmaier ließ. Auch eine neue Studie der Stiftung Familienunternehmen liefert Munition. Die Untersuchung lenkt den Blick auf einen Umstand, den Altmaier bei seiner Fokussierung auf Fernost komplett aus den Augen verloren hat: den Osten im eigenen Land.
Denn in Ostdeutschland haben die Unternehmen, sofern es überhaupt welche gibt, wirklich Probleme. Laut der Studie der Stiftung Familienunternehmen schaffen es beispielsweise nur elf Unternehmen in den fünf ostdeutschen Bundesländern unter die Top 500 in Deutschland. Der Westen dominiert wirtschaftlich, und das wird bei den bevorstehenden Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen eine große, womöglich die entscheidende Rolle spielen.
Einfluss der Rechtspopulisten zurückdrängen
Die Einwohner dort sind im Moment nachvollziehbar deutlich stärker an ihren eigenen Zukunftschancen interessiert als an einer europäischen Industriestrategie. Wenn sie bei den etablierten Parteien keine Antworten finden, dann wählen sie AfD, wie die Umfragen belegen. Die Alternative für Deutschland hat demnach durchaus Chancen, in Landesregierungen einzuziehen oder diese sogar zu stellen – mit unabsehbaren Folgen für die ohnehin schwächelnde deutsche Wirtschaft.
Experten sorgen sich schon lange um den Einfluss, den eine starke AfD auf das Ansehen der deutschen Wirtschaft hätte. „Rechtspopulistische und nationalistische Politik würde unserem Land, der Wirtschaft und den Arbeitnehmern schaden“, warnte BDA-Chef Ingo Kramer 2016, und die Sorgen sind seitdem nicht geringer geworden. Siemens-Chef Joe Kaeser warnte mit Blick auf die AfD vor einem Erstarken des Rechtspopulismus. Für die Wirtschaft und die Unternehmen wäre das verheerend.
Altmaier sollte das ernst nehmen und nach Erfurt, Potsdam und Dresden schauen. Den Anfang könnte er mit einer Überarbeitung seiner „Nationalen Industriestrategie 2030“ machen. Ostdeutschland wird darin mit keinem Wort erwähnt.