Monatelang schon laufen auch bei der Polizei die Vorbereitungen für den G7-Gipfel in Elmau. Auch aus Unterfranken sind Beamte Richtung Süden abkommandiert. Die meisten sind stolz auf den Gipfeleinsatz, glaubt Gewerkschaftsmann Rainer Wendt.
Rainer Wendt: Mit Sicherheit nicht. Auch wenn wir viele Kräfte zusammenziehen, wird deswegen die Organisation unseres Polizeialltages nicht vernachlässigt. Ganz im Gegenteil. Wir werden Raser genauso verfolgen wie Einbrecher oder Schläger. Da lassen wir nicht nach.
Wendt: In der Spitze, also während der Gipfeltage, sind es etwa 17 000. Die teilweise deutlich höheren Zahlen rühren daher, dass Einheiten nach einem Einsatz auch wieder von neuen Einheiten abgelöst werden, immerhin schieben die Beamten hier Schichten von zwölf Stunden.
Wendt: Gelegentlich lässt es sich verhindern, denken Sie an den Gipfel der Außenminister in Lübeck. Auch in Heiligendamm hat es solche Bilder wie in Frankfurt nicht gegeben.
Wendt: Ja, das stimmt. Das hat aber auch immer etwas mit der Topografie eines Veranstaltungsortes zu tun. Ländliche Regionen wie in Oberbayern oder in Heiligendamm lassen sich leichter schützen als die Innenstädte von Frankfurt oder Rostock, wo sich kleine Gruppen von Randalierern auf den Weg machen und blitzschnell zuschlagen, Autos anzünden oder Polizeibeamte angreifen. Diese Störer sind mittlerweile auch sehr geübt, sie verabreden sich per Handy, und deshalb ist die Polizei manchmal eben auch nur zweiter Sieger. Wir ziehen nicht in Guerillagruppen durch die Stadt, sondern in geordneten Hundertschaften.
Wendt: Diese Strategie kann man nur begrüßen. Die Ansage an alle, die glauben, sich dort austoben zu können, ist klar: Wir warten nicht, bis jemand Steine wirft oder Autos anzündet, sondern wir beobachten verdächtige Gruppen sehr genau und schreiten auch sehr früh ein. Wer sich vermummt und nach einem Stein greift, hat im Grunde genommen sein Recht verwirkt, an einer Demonstration teilzunehmen. Er muss damit rechnen, erst einmal in einer Zelle zu verschwinden.
Wendt: Diese Philosophie war schon immer Blödsinn. Deeskalation erreicht man nur durch Stärke, durch konsequentes Einschreiten. Wenn Sie Störer erst einmal gewähren lassen, ermuntern Sie sie nur zu weiteren Gewalttaten. Die Gewalt gegenüber der Polizei ist auch deshalb schlimmer geworden.
Wendt: Wenn Sie für ein solches Camp irgendeinen Acker zur Verfügung stellen wie damals in Heiligendamm, dann ist das vielleicht noch in Ordnung. In einer so schönen Region wie der rund um Garmisch ist das etwas anderes. Auch für uns Polizisten sind die hohen Umweltauflagen dort eine große Herausforderung, wir dürfen zum Beispiel keine Dixie-Klos aufstellen und viele Wege nicht befestigen. Und dann wird so ein wildes Lager genehmigt, ohne jede Infrastruktur, mit möglicherweise irreparablen Schäden für die Natur. Ich halte das für kontraproduktiv. Aber auch auf dieses Szenario ist die Polizei vorbereitet.
Wendt: Aber sicher! Kein Staatsmann und keine Staatsfrau muss sich in Deutschland vor irgendeinem Krawallmacher verstecken. Wir Polizisten sorgen dafür, dass Spitzenpolitiker wie Frau Merkel oder Herr Obama sich treffen können, wo sie wollen. Und genauso selbstverständlich gewährleisten wir auch die Versammlungsfreiheit der Demonstranten. Die meisten Beamten sind stolz drauf, bei solchen Einsätzen mit dabei zu sein. Sie wissen, dass bald die Kameras der ganzen Welt nach Elmau schauen. Ein Stück dieses Glanzes fällt auch auf die ab, die den Gipfel schützen und sichern.
Wendt: Das ist leider nicht so. Wir fordern, dass für alle Polizisten die gleichen Spielregeln gelten und nicht jedes Bundesland anders mit diesen Einsätzen umgeht. Teilweise ist es so, dass für die Beamten nach einer Zwölf-Stunden-Schicht einfach Freizeit angeordnet wird und die Stunden, die sie bis zur nächsten Schicht in ihrer Unterkunft verbringen, nicht als Überstunden anerkannt werden. Aber natürlich ist das keine echte Freizeit. Wenn ich mich schlafen lege, liegt meine Ehefrau neben mir und nicht meine Hundertschaft.
Rainer Wendt ist seit 2007 Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. Der gebürtige Duisburger war Dienstgruppenleiter bei der Schutzpolizei. Er ist 58 Jahre alt und Mitglied der CDU.