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„Landwirtschaft hat Zukunft“
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 13.12.2013 19:29 Uhr

Joachim Rukwied ist seit Juni 2012 der Präsident des Deutschen Bauernverbands. In dieser Woche war er beim Kreisbauerntag in Gaukönigshofen bei Würzburg zu Gast. Im Interview spricht er über die Zukunft der Landwirtschaft, die Herausforderungen für die Bauern in einer globalisierten Welt und er kritisiert den Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD.

Frage: Herr Rukwied, wie war das Jahr 2013 aus Sicht der Landwirte?

Joachim Rukwied: Die Stimmung in der Landwirtschaft ist verhalten positiv. Im Bundesdurchschnitt hatten wir neun Prozent höhere Einkommen, wobei sich die Branchen unterschiedlich entwickelt haben. Der Ackerbau und die Schweinehalter konnten zulegen, wogegen die Milchbauern an Umsatz verloren haben. Die Getreideernte war ein guter Schnitt, auch die Rübenbauern fuhren einen guten Ertrag ein.

Nach Schätzung Ihres Verbandes mussten im Jahr 2013 wieder etwa 5000 Betriebe schließen. Wie zukunftsfähig ist die Landwirtschaft?

Rukwied: Die Landwirtschaft ist eine der Schlüsselbranchen des 21. Jahrhunderts. Sie hat Zukunft und sie hat auch bei uns in Deutschland Zukunft. Immerhin ist jeder achte Arbeitsplatz in der Agrar- und Ernährungsbranche.

Welche Agrarzweige sind besonders zukunftsfähig?

Rukwied: In Abhängigkeit von Standort, Böden, Klima und natürlich den Verbrauchern haben alle Bereiche der Landwirtschaft bei uns in Deutschland Zukunft. In Franken gibt es gute Perspektiven beim Acker- und Pflanzenbau, bei Sonderkulturen sowie im Wein- und Gemüseanbau. Aber ich bin auch davon überzeugt, dass einzelne Betriebe ihren Weg in der Milchvieh- oder Schweinehaltung finden werden.

Wird der Trend zu Bioprodukten weitergehen?

Rukwied: Momentan ist der Megatrend Regionalität, unabhängig ob konventionell oder biologisch erzeugt. Die Bioproduktion hat einen Anteil von etwa sechs Prozent an der deutschen Landwirtschaft. Derzeit stagniert die Nachfrage nach Bioprodukten. Was wirklich boomt, ist die Nachfrage nach Produkten aus der Region.

Wie reagieren Sie auf die Appelle von Umweltschützern und Verbraucherorganisationen, weniger Fleisch zu essen?

Rukwied: Fleisch ist ein wichtiger Bestandteil einer gesunden und ausgewogenen Ernährung. Wer wie viel und welches Fleisch ist, das möchte ich den Menschen selbst überlassen und niemanden bevormunden.

Wird die Massentierhaltung auch beim Deutschen Bauernverband diskutiert?

Rukwied: Wir haben in Deutschland keine Massentierhaltung. Sie werden bei uns keine Rindermastanlagen mit über 10 000 Tieren wie in Südamerika finden. Wir haben zu allergrößten Teilen eine Tierhaltung im Familienbetrieb. Unsere Landwirte gehen verantwortungsbewusst mit ihren Tieren um. Wenn ich zum Beispiel die Boxenlaufställe für Kühe von heute anschaue, dann sind das für mich Wellness-Ställe. Es hat sich viel Positives entwickelt. Dennoch ist Tierhaltung ein gesellschaftliches Thema und daher ein wichtiger Schwerpunkt im Verband. Wir sind Mitinitiator der „Initiative Tierwohl“ und wollen so die Tierhaltung weiter verbessern.

Was will die „Initiative Tierwohl“?

Rukwied: Mit der „Initiative Tierwohl“ vom September 2013 bekennen sich Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und der Lebensmittelhandel klar für eine nachhaltige Fleischerzeugung, die das Wohl der Tiere berücksichtigt. Auf freiwilliger Basis wollen Schweinehalter sowie Hähnchen- und Putenmäster über das gesetzliche Maß hinausgehende Leistungen für mehr Tierwohl erbringen. Der Lebensmitteleinzelhandel will den Landwirten für den entstehenden Mehraufwand einen Kostenausgleich zahlen.

Pferdefleischskandal, falsch etikettierte Bioeier, Hormone im Fleisch – wie können sich Landwirte vor immer neuen Skandalen schützen?

Rukwied: Vor kriminellen Machenschaften Einzelner kann sich niemand schützen. Der Pferdefleischskandal hatte mit der Landwirtschaft nichts zu tun, zumindest nicht mit der deutschen. Wir Landwirte können nur dafür werben, dass wir nachhaltig produzieren und an Qualitätssicherungssystemen und Zertifizierungen teilnehmen.

Die Greening-Pläne der EU-Kommission zur Stilllegung von Flächen ärgern Sie. Warum?

Rukwied: Für eine starke Zukunft benötigen die deutschen Bauern produktive Flächen. Die Greening-Pläne der EU-Kommission gehen jedoch in die entgegengesetzte Richtung und setzen falsche Signale für den Pachtmarkt. Wir Landwirte haben eine genetische Prädisposition, nachhaltig zu denken und zu wirtschaften. Jeder Bauer möchte seinen Betrieb nach vorne bringen. Unser Motto lautet „Schützen durch Nützen“. Flächen stillzulegen und aus der Produktion zu nehmen, ist der falsche Ansatz.

Welche neuen Herausforderungen kommen auf die Landwirte in einer globalen Welt zu?

Rukwied: Wir haben in der Landwirtschaft heute schon globale Märkte. Der Preis für Getreide entscheidet sich nicht an der deutschen, sondernd an der weltweiten Versorgungssituation. Diese Märkte sind mit Risiken und neuen Herausforderungen für die Bauern verbunden. Dafür brauchen wir auch Agrarbörsen, an denen wir uns absichern können.

Mit dem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD sind Sie nicht ganz zufrieden. Was kritisieren Sie?

Rukwied: Grundsätzlich fehlt mir das Bekenntnis zu einer effizienten und effektiven Landwirtschaft. Im Koalitionsvertrag stehen Dinge, die mir nicht gefallen und die wir nachverhandeln müssen. Wichtig ist, dass das Agrarministerium erhalten bleibt und nicht an das Umweltministerium gekoppelt wird. Der Mindestlohn darf nicht bei Saisonkräften eingefordert werden, dafür werden wir uns klar einsetzen. Wir sind auf die Saisonkräfte angewiesen.

Schauen Sie die Sendung „Bauer sucht Frau“?

Rukwied: Ungefähr einmal im Jahr schaue ich mit meiner Frau und meinen Kindern diese Sendung an. Wir sehen das recht gelassen, manche Bauern regen sich auch darüber auf. Denn die Sendung stellt nicht die realen Verhältnisse in der Landwirtschaft dar. Foto: dpa

Joachim Rukwied

Der 51-Jährige ist seit Juni 2012 Präsident des Deutschen Bauernverbandes. Bereits seit 2006 war er Präsident des Landesbauernverbandes Baden-Württemberg. Er führt einen landwirtschaftlichen Betrieb in Eberstadt bei Heilbronn. Er baut dort Getreide, Zuckerrüben, Raps und Körnermais an, außerdem Feldgemüse wie Kohl und Sellerie. Zu seinem Anwesen gehören acht Hektar Weinberge. Rukwied machte nach dem Abitur eine Ausbildung zum Landwirt und studierte dann Agrarwirtschaft.

 
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