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Kommentar: Vorbild Kohlekommission
Martin Ferber
Martin Ferber
 |  aktualisiert: 02.04.2019 14:30 Uhr

Lungenärzte gegen Lungenärzte, Wissenschaftler gegen Wissenschaftler. Die Verwirrung ist endgültig komplett, in der Politik wie in der Bevölkerung. Wem kann man noch glauben? Wer hat Recht? Und wer nicht?

Der Vorstoß von rund 100 Lungenärzten (die allerdings nur zweieinhalb Prozent der rund 4000 Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie darstellen) hat ein Beben ausgelöst – und genau das wollte diese Gruppe auch erreichen. Indem sie die Wissenschaftlichkeit der geltenden Grenzwerte für Stickoxide und Feinstaub infrage stellt und somit den Sinn wie den Nutzen der Fahrverbote für ältere Dieselautos in Innenstädten bestreitet, da dies aus ihrer Sicht auf die Gesundheit der Anwohner praktisch keine Auswirkungen habe, hat die ohnehin schon erregt geführte Debatte über die Fahrverbote noch an Brisanz zugenommen. Da hilft es auch nicht, dass sich die weltweit führenden Gesellschaften für Lungengesundheit mit einer Stellungnahme von ihren Kollegen distanzieren und auf die Einhaltung der Grenzwerte pochen. Der (Un-)Geist der Verunsicherung ist aus der Flasche und lässt sich nicht mehr einfangen.

Und er spaltet die Bundesregierung, treibt einen Keil zwischen Union und SPD. CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer, der sich offenbar mehr denn je als Anwalt der Autofahrer und der Auto-Industrie versteht und darüber hinaus Proteste nach dem Vorbild der französischen „Gelbwesten“ befürchtet, will weder von Fahrverboten noch von Tempolimits oder Benzinpreiserhöhungen etwas wissen. Seine SPD-Umweltkollegin Swenja Schulze drängt dagegen nach dem erfolgreichen Abschluss der Kohlekommission darauf, dass auch der Verkehrsminister liefert und den Beitrag des Verkehrssektors zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes benennt. Dazu gibt es auch eine von der Regierung eingesetzte Kommission, doch bislang hat Scheuer alle Vorschläge kategorisch abgelehnt, wobei er sich auf den „gesunden Menschenverstand“ beruft.

Das lässt für die das deutsche Klimaschutzkonzept, das die Bundesregierung im Laufe des Jahres erarbeiten will, wenig Gutes erahnen. Dabei ist es eine Binsenweisheit, dass auch der gesamte Verkehrssektor einen erheblichen Beitrag leisten muss, damit Deutschland seine internationalen Verpflichtungen einhalten kann. Wenn aber schon über die geltenden Grenzwerte gestritten und die Debatte vom zuständigen Verkehrsminister vorab par ordre du mufti im Keim erstickt wird, ist eine Einigung auf ein Konzept praktisch unmöglich. Dabei hat die Kohlekommission gezeigt, wie man es richtig macht. Nun ist der Verkehrssektor dran.

 
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  • M. G.
    Cui bono ?

    Bei den NO2/Feinstaub Grenzwerten werden wir genauso belogen wie bei der Klimawandel-Hysterie und den damit begründeten CO2 Grenzwerten. Es soll damit eine politische (ideologische) Agenda umgesetzt werden.
    Hätten wir den Grenzwert der Schweiz (80 µg/m3) oder den von USA (100 µg/m3) würde es nirgends Fahrverbote in Deutschland geben müssen. Ebenfalls würde es nirgends Fahrverbote geben müssen, wenn die Messstationen gemäß den EU Vorschriften aufgestellt worden wären.
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