Den Tageszeitungen ist es oft nur eine Randnotiz wert: Ein Mensch stirbt und liegt über mehrere Tage oder sogar Wochen unbemerkt tot in seiner Wohnung. Nicht selten müssen die Verstorbenen auf Kosten der Stadt bestattet werden, weil keine Angehörigen zu finden sind. In Deutschland sterben immer mehr Menschen vereinsamt. Vor allem mit zunehmenden Alter wird Einsamkeit zum Problem. Politik und Gesellschaft sind gefordert. Denn eine Reihe von Studien zeigt, dass es sich nicht um ein vorübergehendes Phänomen handelt.
Eine Untersuchung in 78 Ländern über einen Zeitraum von mehr als 50 Jahren belegt: Die Zahl derer, die sich isoliert fühlen, nimmt weltweit zu. In den EU-Ländern sind es je nach gemessener Intensität zwischen acht und 55 Prozent. Eine Studie der Bochumer Psychologie-Professorin Maike Luhmann ergab, dass sich hierzulande jeder Fünfte über 85 einsam fühlt. Amerikanische Wissenschaftler warnen vor erheblichen gesundheitlichen Gefahren. Das ungewollte Alleinsein hat ihren Forschungen zufolge ähnliche Risikofaktoren wie Übergewicht oder Bewegungsmangel. Britische Forscher behaupten sogar, dass Einsamkeit genauso gesundheitsschädigend ist wie das Rauchen von täglich 15 Zigaretten.
Einsamkeit ist eine Krankheit mit fatalen Folgen für Körper und Seele
Der Ulmer Hirnforscher Manfred Spitzer provozierte im vergangenen Jahr mit seinem Buch "Einsamkeit – die unerkannte Krankheit: schmerzhaft, ansteckend, tödlich" Experten und Laien gleichermaßen. Der umstrittene Professor behauptet unter anderem, Einsamkeit sei eine Krankheit mit fatalen Folgen für Körper und Seele. Wer einsam sei, erkranke häufiger als andere an Krebs, Herzinfarkt, Schlaganfall, Depressionen und Demenz. Einsamkeit sei zudem ansteckend und breite sich wie eine Epidemie aus. Kritiker werfen ihm vor, dass er Studien sehr selektiv zitiere und immer das weg lasse, was nicht zu seinen Thesen passe.
Doch auch Psychologie-Professorin Maike Luhmann lässt keinen Zweifel daran, dass Einsamkeit zu gravierenden psychischen und körperlichen Problemen führen kann. Demnach werden chronisch einsame Menschen "eher depressiv, entwickeln eher Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und sterben sogar früher im Vergleich zu nicht-einsamen Menschen."
Welche gesellschaftliche Bedeutung das Thema hat, unterstreicht auch ein Blick in den Koalitionsvertrag der Bundesregierung. Dort heißt es: "Angesichts einer zunehmend individualisierten, mobilen und digitalen Gesellschaft werden wir Strategien und Konzepte entwickeln, die Einsamkeit in allen Altersgruppen vorbeugen und Vereinsamung bekämpfen."
Einsamkeit gilt als Stigma - mit oft fatalen Folgen...
Die britische Regierung beließ es im vergangenen Jahr nicht bei wohlklingenden Ankündigungen, sondern handelte entschlossen. Premierministerin Theresa May berief erstmals eine „Ministerin für Einsamkeit“. Sie soll der wachsenden Vereinsamung von Teilen der Bevölkerung entgegenwirken. Damit wurde einem Thema der Kampf angesagt, das für "viel zu viele Menschen die traurige Realität des modernen Lebens ist" (May).
Natürlich hat die Politik kein Patentrezept in der Schublade, mit dem sie einsame Bürger quasi auf Knopfdruck aus ihrer unfreiwilligen Isolation holen kann. Sie verfügt aber über unzählige Möglichkeiten, beispielsweise Projekte und Initiativen zu unterstützen, die es Menschen erleichtern, soziale Beziehungen zu pflegen. Ein erster wichtiger Schritt wäre es allein schon, das Thema aus der Tabuzone zu holen, indem es auf weit oben auf die politische Agenda gesetzt wird. Denn noch immer ist es in weiten Teilen der Bevölkerung schambesetzt. Einsamkeit gilt als Stigma - mit oft fatalen Folgen...
Weiterer Punkt: Anpassung der Renten, so können sich unsere Rentner auch mal einen Kino- oder Theaterbesuch leisten und müssen nicht jeden Abend alleine vor der Glotze verbringen. Wer Geld hat geht unter Leute, wer Geld hat kann sich Freizeitaktivitäten leisten.