Am 13. Januar 1980 gründete eine bunte Mischung aus Hippies, Friedensbewegten, aber auch wertkonservativen und rechtsökologischen Bürgerinnen und Bürgern die Bundespartei der Grünen. Es war eine chaotische Versammlung. Drei Jahre später zog die neue Partei in den Bundestag ein. Sie wurde belächelt, sie verstrickte sich in Flügelkämpfe, und viele glaubten an eine vorübergehende Erscheinung. Schon damals war der heutige baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann dabei. Heute zitiert er mit Blick auf die Anfänge Nietzsche: "Jeder neue Stern wird aus dem Chaos geboren." Die Grünen blieben und stehen heute vor der Entscheidung, zur nächsten Bundestagswahl einen Kanzlerkandidaten zu nominieren. Aus den "Ökopaxen" ist längst eine Partei wie jede andere geworden - und gerade darin liegt einer ihrer größten Verdienste.
Die ökologische Frage etabliert
Die Frage der Macht war von Anfang an eine heftig diskutierte. Ein großer Flügel sah die Neugründung als Anti-Parteien-Partei, wollte das politische System verändern und sich nicht an ihm beteiligen. Doch schon mit der Wahl in den Bundestag 1983 begann der Weg durch die Institutionen. Zwar setzten die Fundamentalisten dem parlamentarischen Standbein noch lange ein außerparlamentarisches Spielbein entgegen. Doch letztlich setzten sich die Realos wie Winfried Kretschmann und allen voran Joschka Fischer durch.
Natürlich ist es der Hauptverdienst der Grünen-Partei, die ökologische Frage und den Gedanken der Nachhaltigkeit im politischen und im gesellschaftlichen Diskurs erfolgreich etabliert und besetzt zu haben. Davon profitieren sie bis in die heutige Zeit, in der Klimawandel und nachhaltiges Wirtschaften wieder ganz oben auf der Agenda stehen.
Als die Partei damals die politische Agenda der Bundesrepublik betrat, war das System aus CDU/CSU, SPD und FDP festgezurrt. Doch schon Ende der 70er und erst Recht Anfang der 80er Jahre wuchs der immer größer und radikaler werdende Widerstand gegen dieses festgefahrene System. Einen traurigen Höhepunkt fand dies im linksextremen RAF-Terror. Doch außerparlamentarische Opposition war mehr als RAF und Linksterrorismus.
Viele linke Studentengruppen, Feministinnen, Pazifisten und Atomkraftgegner sahen sich im politischen System der Bundesrepublik nicht mehr vertreten. Empfanden den Staat zunehmend als Feind.
Kritiker wieder zur Demokratie geführt
Viele fanden bei den Grünen eine politische Heimat. Und so begann eine Erfolgsgeschichte, die beweist, dass das demokratische politische System der Bundesrepublik funktioniert. Denn die Grünen brachten nach und nach Kritiker, ja Gegner dieses Systems wieder in den Schoß der Demokratie. Letztlich kann man sagen, dass die Grünen den radikalen Teil der 68er Bewegung wieder in das demokratische System integriert haben - Strömungen einer ganzen Generation, die nicht nur antikapitalistisch agierten, sondern auch das bürgerliche demokratische System ablehnten.
So gesehen, brachten die Grünen keineswegs das Chaos ins politische System, wie ihnen zu Beginn vorgeworfen wurde. Vielmehr haben sie einen Beitrag geleistet, die sozialistischen und radikalen Ränder zurückzuholen.
Das hat auch die Grünen selbst verändert, die von einer außerparlamentarischen, revolutionären Kraft zu einem radikalen Pragmatismus gefunden haben, die selbst vom Rand ins Zentrum der Gesellschaft gerückt sind. Sie haben aber auch die politische Kultur der Bundesrepublik verändert. Die wurde offener, der Parlamentarismus weniger steif, die Debatten lebendiger, die Themenpalette breiter.
Was für ein Geburtstagskind! Und was wünscht man ihm? Vielleicht wieder etwas von der unkonventionellen Art der Anfangsjahre.