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Augsburg
Kommentar: Destabilisierung der Ukraine bleibt Putins Ziel
Der Konflikt ist nach de Attacke an der Meerenge vor der Krim zurück auf der Weltbühne. Warum die Kiewer Reaktion auf die Moskauer Provokation unüberlegt ist.
Simon Kaminski
 |  aktualisiert: 29.12.2018 02:24 Uhr

Nach internationalem Recht ist die Angelegenheit klar: Die von den Russen annektierten Krim gehört völkerrechtlich nach wir vor zur Ukraine. Daraus folgt, dass Moskau keinerlei Befugnis hat, Schiffe, die auf der zur Krim gehörenden Seite der Meerenge unterwegs sind, zu kontrollieren. Das Festsetzen von Booten der ukrainischen Mini-Marine und die Verhaftung der Mannschaft grenzt an Kaperei.

Die russische Attacke wird noch absurder, wenn man weiß, dass ein bilateraler Vertrag zwischen Russland und der Ukraine aus dem Jahr 2003 den freien Zugang für beide Seiten ins Asowsche Meer garantiert. Fazit: Von einer Provokation Kiews kann in diesem Fall keine Rede sein, der Provokateur sitzt in Moskau und heißt Wladimir Putin.

Weitgehend unbemerkt von der Weltöffentlichkeit wurden in den letzten Monaten immer wieder Schiffe von russischen Behörden und der Marine unrechtmäßig schikaniert und die Durchfahrt zu den wirtschaftlich äußerst wichtigen ukrainischen Häfen verzögert. Aber wie immer in diesem Dauerkonflikt gerät der Beobachter bei genauerer Betrachtung schnell an den Punkt, an dem schwarz und weiß zu schmutzigen Grautönen verschwimmen.

Die Opposition in Kiew setzt dem Präsidenten Grenzen

Da stellt sich zunächst einmal die Frage, warum der ukrainische Präsident Petro Poroschenko auf den Zwischenfall zur See mit der Verhängung des Kriegsrechts reagiert hat. Das ist auch deswegen nur schwer verständlich, da er auf diesen Schritt nach weit dramatischeren militärische Auseinandersetzungen in dem unerklärten Krieg mit vielen Toten und Verletzten verzichtet hat.

Warum also jetzt? Natürlich liegt nahe, dass Poroschenko das Kriegsrecht als Waffe gegen seine Gegner im eigenen Land nutzen will. Im März 2019 stehen Präsidentschaftswahlen an, bei denen der Amtsinhaber – nach aktuellem Stand – nur geringe Chancen hat. Auf diesen Zusammenhang hat Moskau sofort hingewiesen.

Poroschenko hat in der Tat unüberlegt gehandelt. Doch es gibt Indizien dafür, dass der Präsident nicht in erster Linie daran gedacht hat, seine politischen Widersacher auszumanövrieren. Schließlich machte der Präsident im Parlament wichtige Zugeständnissen. Denn in Kiew gibt es – anders als in Moskau – tatsächlich eine schlagkräftige Opposition, die vor der Abstimmung über das Kriegsrecht einschneidende Beschränkungen durchsetzte. Der Ausnahmezustand soll bereits nach 30, statt nach 60 Tagen enden. So könnte der Wahlkampf um das wichtigste Amt im Staate ungestört beginnen. Gleichzeitig sicherte Poroschenko zu, die rechtlichen Einschränkungen, die das Kriegsrecht vorsieht, nur im Falle einer russischen Invasion durchzusetzen. An diesen Worten wird man ihn messen müssen.

Neue Sanktionen gegen Russland dürfen kein Tabu sein

Vielmehr dürfte Poroschenko hoffen, dass der Westen seine Solidarität mit der Ukraine, die zu schwinden drohte, bekräftigt. Davon ist sein Land abhängig. Die verbale Schützenhilfe der EU, der USA und der Nato kam zügig – sie wurde jedoch zum Teil auffällig lustlos vorgetragen. Zu tief wiegt die Enttäuschung darüber, dass die Regierung in Kiew der allgegenwärtigen Korruption nicht Herr wird und sich im Konflikt mit Russland immer wieder selber nicht an internationale Regeln hält.

Dennoch ist es richtig, dass der Westen auf den erneuten Versuch, die Ukraine zu destabilisieren, unmissverständlich antwortet. Sollte der Kreml weiterhin im Eskalationsmodus bleiben, dürfen neue Sanktionen gegen Russland kein Tabu sein. Putin muss wissen: Wer die Macht des Stärkeren ohne Rücksicht auf internationales Recht durchsetzt, der hat die Konsequenzen zu tragen.

 
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  • H. S.
    Der Kommentator macht insofern einen Fehler, als er die Sezession der Krim und damit den von der Krim-Bevölkerung mit absoluter Mehrheit gewählten Weg eine Annektion nennt. Darauf stützt sich sein Kommentar. Eine einseitige Breitseite gegen Rußland. Diese wird noch übertroffen durch die unverantwortlich Kriegshetze eines Stoltenberg–Nato und der Kriegsministern von der Leyen.
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