Im Silicon Valley und seinem Zentrum San Francisco, der Start-up-Hauptstadt der Welt, geht es rund. Abertausende werkeln in Büros an neuen Ideen. Allein die sogenannte Share Economy bringt ständig neue Ideen hervor. „Lyft“ ist eine solche App, die in San Francisco seit 2012 die Welt verändert. Und so funktioniert das: Wer ein Auto besitzt und wer Zeit hat, trägt sich als Fahrer ein. Und wer gerade kein Auto hat und von A nach B möchte, sucht über die Lyft-App einen Fahrer. Das funktioniert ähnlich wie die mytaxi-App in Deutschland. Die Lyft-Fahrer sind aber private Fahrer. Bezahlt wird via App und die Fahrten sind rund 30 Prozent günstiger, denn es gibt keinen festen Fahrpreis, sondern eine empfohlene „Donation“. Man begrüßt sich mit dem Fistbump, einem freundschaftlichen Faust-auf-Faust-Gruß, weil hier ein „Freund“ in seiner Freizeit eine Fahrt anbietet. Auch wenn der Slogan lautet: „your friend with a car“, so verdient sich manch einer ein hübsches Sümmchen dazu. Wer was auf sich hält in San Francisco, der fährt „Lyft“. Es ist günstiger, die App ist ein effizientes Social-Tool, man lernt neue Leute kennen und es ist cool, denn die Fahrzeuge sind leicht zu erkennen: Sie haben einen ein Meter großen rosa Plüschschnurrbart am Kühlergrill und sind Teil des Stadtbilds geworden.
Entstanden ist „Lyft“ aus der ökologischen Grundidee von „ZimRide“, einer Mitfahrgelegenheit für Langstrecken, organisiert via sozialem Netzwerk. Mit anderen Worten: Die Share Economy funktioniert – beflügelt durch die neuen Möglichkeiten der Web-2.0-Technologien mittels Social Media und Mobile Devices. Genau so, wie der Harvard-Ökonom Martin Weitzman das definiert hatte: Der Wohlstand für alle erhöht sich, je mehr unter allen Marktteilnehmern geteilt wird. Das ist eine gute Sache und der Fantasie sind noch lang keine Grenzen gesetzt. Was lässt sich nicht alles teilen und tauschen? In Deutschland, so auch in Würzburg, boomt derzeit „Fair-Teiler“, eine Plattform „weil verteilen glücklich macht“. Es gibt sogar „Foodsharing Würzburg“, eine offene Gruppe in Facebook mit 1500 Mitgliedern. Wohlgemerkt, allein in Würzburg. Für Lebensmittel, die man nicht mehr braucht und nicht wegwerfen möchte, sondern kostenfrei weitergibt oder für andere Lebensmittel eintauscht.
In der San Francisco Bay sind viele Sharing-Ideen am Köcheln, die unsere Welt schöner, ökonomischer, oft auch ökologischer und vor allem günstiger machen. Erst recht, weil ja permanent neue Techniken entstehen, die wiederum neue Möglichkeiten eröffnen. Die Datenbrille Google Glass ist da nur ein Beispiel, die Augmented Reality zum Leben erweckt und vieles mehr kann.
Doch zurück zu den coolen „Lyft“-App. Hier gibt es aber auch Ärger. Die Taxifahrer rebellieren, dass ungelernte Fahrer ohne Personenbeförderungsberechtigung ihnen die Jobs wegnehmen. Nun melden die Taxler die Kfz-Kennzeichnen der Lyft-ler an die Behörden. Hmmm! Was sagt man dazu? Nicht alle neuen Ideen bringen überall Freude. Währenddessen wächst Lyft in ganz Kalifornien und darüber hinaus.
Fakt ist: In San Franciscos hippen Stadtvierteln wie Mission District, Portrero Hill und Dogpatch steckt jede Menge Dynamik für die Start-up-Szene. „Gründer fühlen sich hier aus etlichen Motiven wohl. Die unglaublich hohe Dichte an innovativen Firmen und Start-ups, die einen einfachen und schnellen Austausch mit Gleichgesinnten ermöglicht“, berichtet Moritz Stückler, Redakteur und Amerikakorrespondent des deutschen Magazins t3n, der in San Francisco wohnt. Er verweist auch auf die guten Finanzierungsmöglichkeiten durch Venture Capital.
Mieten in astronomischen Höhen
Viele gut bezahlte Mitarbeiter der großen Techfirmen wohnen in San Francisco: von Apple bis Microsoft, von Facebook bis Google, Symantec, Amazon, Groupon, Tesla, Xerox und das Forschungszentrum Amerika von Mercedes-Benz. Kein Wunder, dass die Mieten in astronomische Höhen steigen und neue, gut ausgebildete Arbeitskräfte viel zu teuer für kleine Start-ups sind. So kam es in den vergangenen Wochen immer wieder zu Verkehrsblockaden, bei denen alt eingesessene Einwohner von San Francisco die Pendlerbusse für Mitarbeiter von Google, Facebook und Co. blockierten.
Nur wenige große Tech- und Web-2.0-Firmen haben ihren Sitz in der Stadt an der Golden Gate Bridge. Twitter ist vor kurzem in einen großen Block direkt an der Market Street in der Stadtmitte eingezogen. Und als Airbnb seine Büroräume neu gestaltet hat, hat sogar der „San Francisco Chronicle“, die große Tageszeitung der Stadt, dies auf der Titelseite thematisiert. Womit wir wieder bei der Share Economy wären. Denn Airbnb vermittelt weltweit Wohnraum auf Zeit, zum Beispiel für Touristen, die ein paar Tage günstig in einer teuren Stadt verbringen wollen, während der „Vermieter“ zum Beispiel selbst gerade im Urlaub ist. Ja, die Hotels beschweren sich, und gerade in New York und San Francisco machen die Lobbygruppen des Hotelverbands mächtig Druck. Das temporäre Vermieten der Privatwohnung soll sogar strafbar werden. Andererseits schwärmen alle, die Airbnb nutzen, davon, dass man einen ganz anderen Zugang zu einer Stadt bekommt, sich wie ein Einheimischer fühlt, und – natürlich – neue, nette Leute kennenlernt. Die gegenseitigen Bewertungen von Vermieter und Mieter auf der Webplattform schützen vor Missbrauch. Übrigens: In Würzburg sind 60 Unterkünfte bei Airbnb gemeldet. Eine kostenfreie Alternative ist das Couch-Surfing. Wer's mag!
Eigentlich befinden sich die meisten großen Techfirmen des Silicon Valley nicht in San Francisco, sondern über das gesamte Valley verteilt in Orten wie Menlo Park, Mountain View, Sunnyvale und Palo Alto. Dort steht auch die Garage, in der die zwei Herren Hewlett und Packard, damals als Studenten aufgefordert von ihrem Professor, 1938 ihr Start-up begannen. Eine „Historical Landmark“ verweist an dieser Stelle offiziell auf den Geburtsort des Silicon Valleys. Und dieser Spirit hat sich bis heute gehalten.
An der benachbarten Stanford University, an der viele Web-2.0-Gründer studierten, träumen heute sicher mehr Studierende denn je vom Big Thing. Kein Wunder, hat doch gerade wieder einer auf unvorstellbare Weise reüssiert. Brian Acton, einer der Co-Founder von WhatsApp, bewarb sich noch vor fünf Jahren als Programmierer bei Facebook. Die lehnten ihn ab. Doch seit dem 16. Januar 2014, der offiziellen Verkündung des Kaufs von WhatsApp durch Facebook für 19 Milliarden Dollar, ist er Milliardär.
Was sind die derzeit heißesten Techniktrends im Silicon Valley? Schwer im Kommen sind Wear-ables, also Technik zum „am Körper tragen“ – zum Beispiel Smart Watches oder Fitness-Armbänder. Überhaupt das Thema Gesundheit. Es wird also weiter köcheln und brodeln in der San Francisco Bay.
Gunther Schunk
Als Mitglied der Geschäftsleitung bei Vogel Business Media ist Dr. Gunther Schunk (geboren 1976 in Coburg) verantwortlich für Corporate Communication. Er ist der Gründer der Social Media Business Lounge Würzburg. Schunk ist außerdem Vorsitzender der Kommission Kommunikation der Deutschen Fachpresse. Er befindet sich seit Ende Dezember auf einem zweimonatigen Sabbatical in den USA. FOTO: Vogel