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Es knirscht zwischen Union und SPD
Von unserem Korrespondenten Martin Ferber
 |  aktualisiert: 12.11.2013 19:14 Uhr

Um 23 Uhr hatte Manuela Schwesig genug. Seit drei Stunden tagte am Montagabend die Arbeitsgruppe Familie, Frauen und Gleichstellung, doch so recht kamen die Verhandlungen von Union und SPD nicht voran. Mit ihrer Forderung nach einer völligen Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Paaren bissen Schwesig, stellvertretende SPD-Chefin und Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales in Mecklenburg-Vorpommern, und ihre Mitstreiter bei den Kollegen der Union auf Granit. Vor allem die Position, gleichgeschlechtlichen Paaren das volle Adoptionsrecht zu gewähren, konnten und wollten die Unterhändler von CDU und CSU nicht akzeptieren.

Da platzte Schwesig der Kragen – völlig überraschend drohte sie mit einem Ende der Koalitionsverhandlungen insgesamt. „Ich kann den SPD-Mitgliedern unter diesen Umständen nicht empfehlen, einer Koalitionsvereinbarung zuzustimmen.“ Nach einer kurzen Beratungspause unterbrachen Union und SPD die Verhandlungen, weitere Gespräche hätten unter diesen Umständen keinen Sinn.

Am Dienstag waren beide Seiten um eine Bereinigung des Konflikts bemüht, ohne allerdings die unverändert bestehenden Gegensätze zwischen Union und SPD in dieser Frage zu beschönigen. Man liege weit auseinander, hieß es in Kreisen beider Parteien, die Positionen der Parteien ließen sich nicht so einfach in Deckung bringen, ein Kompromiss sei nicht in Sicht.

Gleichwohl zeigten sich die Vertreter der Union überrascht vom Verhalten der SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig, die auch als mögliche Frauen- und Jugendministerin in der zukünftigen Bundesregierung gehandelt wird. Bislang seien die Gespräche in der Arbeitsgruppe gut, offen und ergebnisorientiert gewesen, getragen von gemeinsamen Interessen.

Auf Unionsseite wurden daher andere Gründe für den von Schwesig inszenierten Konflikt ins Spiel gebracht. Kurz vor dem am Donnerstag beginnenden und bis Samstag dauernden Parteitag der SPD in Leipzig hätten die Sozialdemokraten offensichtlich das Bedürfnis, sich schärfer von der CDU abzusetzen, Konflikte bewusst zu schüren und so der skeptischen Basis zu demonstrieren, dass man die Große Koalition nicht um jeden Preis anstrebe.

Diesen Vorwurf wiesen führende Sozialdemokraten am Dienstag allerdings entschieden zurück. „Das ist kein Theaterdonner“, sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles. Vielmehr seien an dieser Stelle „wirklich ernste Konflikte jetzt aufgebrochen“. Bei der Gleichstellung homosexueller Partnerschaften wie beim Ausbau der Ganztagsschulen handele es sich um ideologische Konflikte. „An bestimmten Stellen prallt es aufeinander.“ Für die nächsten zwei Wochen bis zum voraussichtlichen Abschluss der Koalitionsverhandlungen Ende November sagte Nahles weitere „heftige Auseinandersetzungen“ voraus, vor allem bei gesellschaftspolitischen Themen.

Einen völlig anderen Konflikt gab es hingegen in der Arbeitsgruppe Innen und Recht. Völlig überraschend sprachen sich hier CSU und SPD für Volksabstimmungen auf Bundesebene aus, die CDU hingegen wollte von einer Einigung nichts wissen und erteilte dem Vorstoß der beiden anderen Parteien eine Abfuhr. „Wir werden dem Vorschlag nicht zustimmen. Demzufolge wird die nächste Koalition dies auch nicht einführen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Günter Krings (CDU), am Dienstag. Und auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich von der CSU ruderte zurück. „Es gibt dazu keinerlei Verständigung.“ Ein zuvor an die Öffentlichkeit gelangtes Papier sei nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen.

Zuvor hatte es geheißen, Friedrich und der Verhandlungsführer der SPD, Thomas Oppermann, hätten zum Thema direkte Demokratie einen Kompromissvorschlag erarbeitet, den sie am heutigen Mittwoch der großen Verhandlungsrunde von Union und SPD vorlegen wollten. Darin regen sie an, in bestimmten Fällen Volksabstimmungen auf Bundesebene durchzuführen.

Auch die SPD-Forderung nach Einführung von Referenden über vom Bundestag beschlossene Gesetze fand sich in dem Papier. Innenminister Hans-Peter Friedrich betonte, er und Oppermann hätten als Grundlage für die weiteren Verhandlungen nur die jeweiligen Auffassungen ihrer Parteien noch einmal niedergeschrieben. „Es gibt keine Signale aus der CDU, dass man das mittragen würde.“

Am späten Dienstagnachmittag wurde auch die Sitzung der Arbeitsgruppe Verkehr wegen eines Streits über die Ausweitung der Lkw-Maut vorzeitig abgebrochen. Zuvor schon war das umstrittene Thema Pkw-Maut von der Tagesordnung genommen worden.

 
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