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Es geht um Krieg und Frieden
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 |  aktualisiert: 01.03.2015 16:45 Uhr

Die Jüngeren lachten nur noch und nahmen es nicht mehr ernst. Wenn der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl einst sein leidenschaftliches Engagement für Europa mit den Worten begründete, Europa sei eine „Frage von Krieg und Frieden“, dann wollten dies die Nachgeborenen, die nichts anderes mehr kannten als Freiheit und Frieden, nicht glauben, weil diese Zeiten endgültig überwunden schienen.

Doch seitdem der Krieg zurückgekehrt ist nach Europa und Russland mit den Methoden des 19. Jahrhunderts gewaltsam sein Imperium erweitert, sind die Worte des Altkanzlers von beklemmender Aktualität. In Europa sprechen wieder die Waffen. Und Europa muss eine Antwort auf diese Herausforderung finden. Das leitet auch Finanzminister Wolfgang Schäuble, zwar zwölf Jahre jünger als Kohl, aber auch noch ein Kriegskind, und wie Kohl ein leidenschaftlicher Europäer.

Skeptiker in den eigenen Reihen

In seiner Rede in der Griechenland-Debatte am Freitag im Bundestag, die in weiten Teilen an die Skeptiker und Kritiker in den eigenen Reihen gerichtet war, erinnerte er mit pathetischen Worten daran, dass Europa mehr ist als eine Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft, sondern auch eine Wertegemeinschaft. „Wir Deutsche sollten alles dafür tun, dass wir Europa zusammenhalten, soweit wir es können, und es zusammenführen – wieder und wieder.“ Deutschland werde nur dann eine gute Zukunft haben, „wenn die europäische Einigung weiter gelingt und wir in Europa zusammenstehen“.

Schäubles Appell war, auch wenn er das nicht so direkt sagte, eine indirekte Absage an all jene in seiner Partei, die offen einen „Grexit“, einen Ausschluss Griechenlands aus der Euro-Zone, fordern und deren Zahl in der Unionsfraktion immer größer wird. Schäuble kennt ihre Argumente, auch er zweifelt an der Verlässlichkeit der neuen griechischen Regierung, hat wenig Vertrauen in die Zusagen Athens und weiß, dass unter rein ökonomischen Kriterien ein Ausstieg des Südlandes verkraftbar wäre.

Doch es geht um mehr, viel mehr. Europa droht an seinen Rändern auseinanderzufallen, die Zentrifugalkräfte beschleunigen sich. Schlimmer noch: Mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gibt es einen Akteur, der gezielt einen Keil in die EU treibt, Länder wie Ungarn oder Griechenland mit Schalmeienklängen lockt und somit die EU nachhaltig zu destabilisieren droht.

Wenn Wolfgang Schäuble eindringlich appelliert, Europa zusammenzuhalten, hat er auch die strategischen und sicherheitspolitischen Interessen Deutschlands im Blick. Wenn es Russland gelänge, seine Interessenssphäre über Ungarn und Serbien bis Griechenland auszuweiten und somit den gesamten Balkan in seine Abhängigkeit und unter seine Kontrolle zu bringen, wäre Europa an seiner Südostflanke dauerhaft gefährdet. Denn Moskau hätte einen Hebel, den Balkan aus dem westlichen Lager herauszubrechen, zudem könnte Moskau über das Nato-Mitglied Griechenland Einfluss auf Entscheidungen der atlantischen Allianz nehmen.

Heikle Situation

Ein weiterer Aspekt: Im Grenzland Griechenland halten sich derzeit rund eine Million Flüchtlinge auf, die über die Türkei in die EU gekommen sind. Schon droht die Regierung in Athen damit, bis zu 500 000 in andere EU-Länder zu schicken. Und fraglich ist auch, was aus der Pipeline wird, die Europa unter Umgehung Russlands mit Gas aus Zentralasien versorgen soll.

Eine heikle Situation. Auch für einen so erfahrenen Politiker wie Wolfgang Schäuble. Im eigenen Land geht die Geduld mit Griechenland zu Ende, für ein neues Hilfspaket könnte es keine Mehrheit mehr geben. Und doch dürfte ein Nein zu weiteren Hilfen weitreichende Folgen für den gesamten Kontinent haben, neue, noch gar nicht absehbare Probleme schaffen und die EU nachhaltig erschüttern. Wolfgang Schäuble hat sich, so scheint es, am Freitag entschieden. Er will alles tun, um Europa zusammenzuhalten. Weil es eben doch am Ende um Krieg und Frieden geht.

Athen sagt Steuerflüchtlingen den Kampf an

Griechenlands Finanzminister Giannis Varoufakis hat reichen Bürgern seines Landes und Steuerflüchtlingen den Kampf angesagt. Seine Regierung interessiere sich für diejenigen Griechen, die Geld hätten, „aber nie gezahlt haben“, sagte Varoufakis am Wochenende dem Fernsehsender Skai. „Sie sind unser Ziel und wir werden kein Mitleid zeigen“, drohte er. Die Regierung habe einen ausgeglichenen Haushalt zugesagt, sagte Varoufakis. „Wenn ich gezwungen bin, eine Sondersteuer zu erheben, werde ich das tun, aber nur für diejenigen, die zahlen können.“ Athen werde „kein Geld von denjenigen fordern, die leiden“.

Regierungschef Alexis Tsipras hatte am Freitagabend erste Maßnahmen im Kampf gegen die Steuerflucht sowie zur Erhöhung der Staatseinnahmen angekündigt. Dabei rief er die Griechen auf, einen Teil ihrer Steuerrückstände zu zahlen. Diese belaufen sich auf insgesamt 76 Milliarden Euro, jeden Monat wächst die Summe angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten vieler Haushalte. Anfang kommender Woche will Tsipras einen Plan vorlegen, um die „humanitäre Krise“ in Griechenland zu bekämpfen.

Vor dem Zentralkomitee seiner Linkspartei Syriza sagte Tsipras am Samstag, die Verhandlungen über die Hilfen für sein Land seien „sehr hart“ gewesen. Der Druck auf Griechenland habe „Erpressungscharakter“ gehabt, „wir befinden uns auf vermintem Gelände, die konservativen Kräfte (in Europa) haben versucht, uns in eine Falle zu locken, um uns in die budgetäre Erstickung zu führen“, sagte Tsipras. Er warf Ländern wie Spanien und Portugal vor, Griechenland zur „Kapitulation“ gezwungen haben zu wollen, um „interne politische Risiken zu vermeiden“. Text: afp

 
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