Es ist einer der heißesten Tage des Jahres. Oliver Herbst empfängt zum Interview auf seinem Sportboot am Starnberger See – 300 PS, Schweizer Handarbeit. Der 50-Jährige gilt mit seiner Firma „Immovision“ als der Luxusmakler am Starnberger See. Daneben verkauft Herbst Immobilien in ganz Bayern. Sein Unternehmen gründete Herbst 1995. Eine kurze Tour zu einigen Seegrundstücken, ein Sprung ins Wasser, ein Interview in Badehosen.
Frage: Vom Boot aus hat man einen ganz anderen Blick auf die Häuser. Führen Sie Ihre Kunden auch so herum?
Oliver Herbst: Gerade hatte ich zwei junge Banker da. Selbstverständlich habe ich sie mit dem Boot zum Anwesen gefahren. Später ließ ich sie selbst ans Steuer – bereits während des Gasgebens zauberte es ihnen ein Grinsen ins Gesicht. Das beobachte ich ständig: Am Steuer meines Motorboots fällt von jedem alle Last ab. Letztens hatte ich einen Unternehmer, der 700 Millionen Umsatz im Jahr macht. Der war erst ganz streng, dann sang er auf dem Boot plötzlich: I believe I can fly!
Derzeit haben Sie ein 70-Millionen-Euro Anwesen im Voralpenland im Portfolio. Wie reich muss man sein, um sich das leisten zu können?
Herbst: Das ist ein Monster-Landsitz, inklusive Helikopterlandeplatz und Baurecht für insgesamt 24 000 Quadratmeter Wohnfläche. Dafür gibt es zwei Interessenten. Die eine Partei möchte das Ganze als Chalet-Dorf konzipieren. Der Ort ist so schön wie aus einem Heidi-Film – 360-Grad-Panorama, Enzian, Edelweiß. Das Luxushotel Elmau kannst du, verglichen mit dem Blick, dagegen vergessen.
Worauf legen solche superreichen Käufer wert? Feng Shui?
Herbst: Feng Shui ist fast schon Standard. Ich hatte mal ein Ehepaar, die haben lediglich ihre Feng-Shui-Beraterin aus Berlin einfliegen lassen. Die ist mit ihrem Messgerät, wenn man es so nennen möchte, einmal über das Grundstück und hat dann ihr Okay gegeben. Wir haben auch mal ein Haus des Pro-Sieben-Moguls Georg Kofler in München verkauft. Ein indischer Industrieller wollte das haben, hat vor dem Kauf dann noch seinen Vastu-Berater einfliegen lassen – Vastu ist das indische Äquivalent zu Feng Shui. Ein kleines Männchen springt durch das ganze Haus und konzipiert es um, die Toilette musste an einem anderen Ort verbaut werden. Danach hat der Industrielle es dann sofort gekauft. Und Sie werden lachen: Das Haus strahlt eine wahnsinnige Energie aus.
Gibt es gewisse Umgangsformen oder Codes, an denen man den Milliardär erkennt?
Herbst: In all meinen Jahren ist mir nichts aufgefallen. Der Milliardenerbe eines Einzelhandelskonzerns kam zu einem Termin beispielsweise im VW Bus, den er als seinen Lebenstraum bezeichnete. Bei einem anderen Termin starrte der Ehegatte während der Schlüsselübergabe permanent auf sein Handy. Ich war schon irritiert, bis er erklärte, seiner Frau zum Geburtstag soeben ein Springpferd für 850 000 Euro ersteigert zu haben. Das Anwesen hatte bereits Millionen gekostet.
Wie kommt man mit solchen Menschen eigentlich in Kontakt? Schwirren Sie ständig auf Dinnerpartys herum?
Herbst: Dinnerpartys sind nun wirklich gar nicht mein Ding (lacht). Die meisten Interessenten melden sich per E-Mail, manche rufen an. Als ich Florian Silbereisen mal am Telefon hatte, dachte ich zuerst an einen Scherz. Mario Gomez hat mir sogar zwei Mails geschrieben, auf die ich nicht geantwortet habe – ich hielt sie für einen Fake. Dann rief er an: „Hier Gomez“, und ich so: „Der Fußballer?“ Er: „Wer sonst?“ Wir sind dann ins Geschäft gekommen, ein sehr feiner Mensch.
Sie sind bei einer in Bayern üblichen Provision von 3,57 Prozent ja längst selbst Multimillionär. Ist man da selbstbewusster, weil man nicht abhängig von jedem Kunden ist?
Herbst: Ich würde mich eher als Schuldenmillionär bezeichnen, schließlich investiere ich das meiste Geld. Erfolg macht unabhängig und das macht selbstbewusst.
Vergisst man am Starnberger See nicht allzu leicht, dass das nicht die Welt der meisten Menschen ist?
Herbst: Wissen Sie – (überlegt lange) –, ich versuche, meinen Kindern beizubringen, dass wir sehr privilegiert sind. Aber ich habe es mir selbst aufgebaut, arbeite immer noch 80 Stunden die Woche, will durch Kuratoriumsarbeit der Gesellschaft etwas zurückgeben.
Heute sind Sie der erfolgreichste Makler am See. Wie haben Sie das geschafft?
Herbst: Puh, das war ein langer und harter Weg. Ich habe vor über 20 Jahren als Praktikant in einer Maklerfirma angefangen – und im ersten Jahr 180 000 Mark Umsatz gemacht. Als ich merkte, wie wenig mir selbst bleibt, machte ich mich selbstständig.
Und haben direkt die reiche Witwe als Kundin mitgenommen?
Herbst: Nein – ich glaube an Ehrlichkeit in diesem Geschäft. Heute zahlt sich das aus. Ohne Namen begann ich mit Ein-Zimmer-Apartments in Schwabing. Irgendwann stellten sie mir den Telefonanschluss ab, weil ich nicht zahlen konnte. Ich hielt mich mit einem Zweitjob als Hausmeister über Wasser. Bloß mein BMW-Cabrio habe ich behalten.