zurück
Druck auf Steuersünder
Von den rtr-Korrespondenten Oliver Hirt und Albert Schmieder
 |  aktualisiert: 18.12.2015 13:32 Uhr

Das endgültige Aus für das umstrittene Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz erhöht den Druck auf Steuerhinterzieher aus der Bundesrepublik mit Konten in der Schweiz. Schwarzgeld zu verwalten ist den Schweizer Geldhäusern angesichts der internationalen Kritik am Bankgeheimnis und der immer wieder auftauchenden CDs mit gestohlenen Kundendaten zunehmend lästig geworden. Die Banken haben sich einer sogenannten Weißgeld-Strategie verschrieben und wollen nur noch ordentlich versteuertes Geld annehmen und verwalten, wie der Bankenverband betont.

Das Abkommen hätte ebenso wie die beiden Abgeltungssteuer-Verträge mit Großbritannien und Österreich das Schwarzgeldproblem elegant gelöst. Ganz billig wäre es für die Banken wegen des damit verbundenen Aufwands für neue Computerprogramme zur Berechnung der Steuern zwar nicht gekommen. Aber – die Abgeltungssteuern werden ja anonym erhoben – das Bankgeheimnis hätte gegenüber Deutschland weiter Bestand gehabt. Das ist ein nicht zu unterschätzendes Marketing-Instrument, wenn es darum geht, Geld reicher Kunden in die Schweiz zu locken.

Nun müssen Steuersünder damit rechnen, dass die Finanzbehörden weitere Daten-CDs kaufen und Fahnder vor der Tür stehen. Und sie müssen sich auf Post von ihrer Schweizer Bank gefasst machen. „Wir werden die Kunden auffordern, eine Selbstanzeige in Erwägung zu ziehen“, sagt ein Sprecher der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Die ZKB ist bereits dabei, Konten und Depots ausländischer Kunden auf Hinweise auf mangelnde Steuerehrlichkeit zu durchforsten. Wer nicht zeigen könne, dass er korrekt Steuern zahle, müsse damit rechnen, dass seine Bank ihm kündige, sagt ein unabhängiger Vermögensverwalter, der mit Banken zusammenarbeitet.

Größere Banken verpflichten ihre Anlageberater, die Kunden bis Ende des nächsten Jahres von ehrlichem Verhalten zu überzeugen. Dass Banken noch anbieten, Geld in andere Steueroasen zu verschieben, sollten Steuersünder nicht erwarten. „Wenn Banken jetzt noch helfen, Geld etwa nach Singapur zu transferieren, ist das definitiv Beihilfe zur Steuerhinterziehung oder zu Geldwäsche“, sagt der Bankenprofessor Maurice Pedergnana von der Hochschule Luzern.

Das scheint auch vielen Steuersündern zu dämmern. Zuletzt hätten viele noch auf das Steuerabkommen gehofft, sagen Steueranwälte und Banker. „Den meisten Steuersündern ist bewusst, dass die Schweizer Banken auf eine Weißgeld-Strategie umschwenken. Deshalb kann ich mir vorstellen, dass die Anzahl der Selbstanzeigen zunehmen wird“, sagt Hans-Joachim Jaeger, Steuerexperte bei der Unternehmensberatung Ernst & Young in Zürich. Zumindest manche deutsche Bundesländer dürften weiter Daten-CDs ankaufen, so dass das Risiko für Steuersünder größer werde.

Steuerberatungsfirmen und Banken stellen sich auf mehr Arbeit ein. Selbstanzeigen verursachen viel Aufwand, den sich Banken und Berater freilich gut bezahlen lassen. Hinzukommt, dass internationale Vorschriften wie die US-Steuergesetzgebung Fatca, neue Regelungen der OECD bis hin automatischen Informationsaustausch das Schweizer Bankgeheimnis immer mehr durchlöchern. „Die Zeit der Steuervermeidung neigt sich dem Ende zu“, sagt Pedergnana.

Auf einen neuen Vertrag sollten Steuersünder nicht hoffen. „Nachverhandlungen gibt es sicher nicht“, sagte die Schweizer Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf. „Ob es in ein paar Jahren zu Neuverhandlungen kommt, das kann man heute nicht sagen.“

„Ich kann mir vorstellen, dass die Anzahl der Selbstanzeigen zunehmen wird.“

Hans-Joachim Jaeger, Steuerexperte bei Ernst & Young in Zürich

Deutschland, der größte Private-Banking-Markt Europas, ist für Schweizer Vermögensverwalter ein hartes Pflaster. Die beiden Banken UBS und Credit Suisse wollen aus Kostengründen die Zahl der Vermögensverwaltungsfilialen vor Ort verringern. Sie konzentrieren sich bei der Jagd nach dem Geld reicher Kunden lieber auf den Fernen Osten und andere aufstrebende Länder wie in Südamerika.

Das in der Schweiz liegende Schwarzgeld aus Deutschland dürfte ohnehin abgenommen haben. Früher war von 130 Milliarden Franken oder mehr die Rede. Nun sprechen Experten noch von 50 bis 80 Milliarden Franken. Aber auch das hätte Deutschland nach den Worten von Finanzminister Wolfgang Schäuble Steuereinnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe eingebracht. Nun werde ein großer Teil der Steueransprüche für die Vergangenheit unwiederbringlich verjähren, warf er den rot-grünen Länderregierungen vor, die das Abkommen endgültig zu Fall brachten.

Steuerabkommen

Nach dem Scheitern des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens erklärte die Schweizerische Bankiervereinigung, eine große Chance für eine für alle Seiten faire Lösung der Schwarzgeldproblematik sei vertan worden. Der Schweizer Finanzplatz werde seine Neupositionierung vorantreiben und nur noch steuerkonforme Vermögen verwalten, erklärte die Bankiervereinigung. Die Regierung in Bern schloss Verhandlungen über ein neues Abkommen ab 2014 nicht gänzlich aus. Im deutschen Wahljahr 2013 sind Neuverhandlungen aber nicht vorstellbar. Nach dem Abkommen wäre auf die bei Schweizer Banken liegenden Vermögen deutscher Kunden einmalig eine Pauschalsteuer zwischen 21 und 41 Prozent an den deutschen Fiskus überwiesen worden. Künftige Erträge sollten ab 2013 genauso besteuert werden wie in Deutschland. TEXT/Foto: DPA

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bankenverbände
Bankgeheimnis
Credit Suisse
Kundendaten
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Schwarzgeld
Schweizer Banken
Selbstanzeige
Steuerabkommen
Steuerexperten
Steuersünder
UBS
Wolfgang Schäuble
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top