Franz Müntefering hat Sehnsucht – nach Rot-Grün. Der ehemalige SPD-Chef und Vizekanzler sitzt seit der Bundestagswahl 2009 in den hinteren Reihen des Parlaments. Im Gespräch mit unserer Zeitung verrät Müntefering, warum er sich so selten einmischt und was er von Angela Merkel hält.
Franz Müntefering: Nein. Ich sitz da gut. Ich bin auch an vielen Dingen in der Fraktion nach wie vor beteiligt. Aber es ist gut, jetzt wieder ein bisschen mehr Zeit für sich selbst und das eigene Leben zu haben.
Müntefering: Opposition ist ja kein neues Erlebnis für mich. Als wir 1982/83 aus der Regierung fielen, habe ich diese Erfahrung auch schon gemacht. Aber wahr ist, wenn man regiert, kann man mehr für die Menschen tun.
Müntefering: Nein. Wenn man politische Funktionen hat, kann das jeden Tag passieren. Ich habe sowieso ein Auf und Ab in meinen Ämtern erlebt, und als wir die Wahl verloren haben 2009, war mir klar, dass ich jetzt an anderer Stelle mithelfen muss.
Müntefering: Das mache ich ganz gezielt. Es ist Unsinn, wenn man aus Funktionen ausscheidet und gleich Ratschläge gibt. Das klingt anders, als wenn das jemand tut, der schon 20 oder 30 Jahre raus ist. Wenn ich mal 93 bin, kann ich aber nicht mehr versprechen, dass ich mich noch raushalte. Und nebenbei: Ich rauche zurzeit nicht. Aber das kann sich wieder ändern.
Müntefering: Das ist eine wichtige gesellschaftliche Veränderung, die wir gerade erleben in Deutschland. Kinder, die nicht geboren werden, werden nie Kinder haben. Das ist ganz einfach. Politik ist klug und auch nur gut, wenn sie das Miteinander der Generationen neu organisiert. Dabei will ich mithelfen.
Müntefering: Die Rentenreformen, die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, mehr Kita- und Krippenplätze, das sind die Dinge gewesen, die wir aus der Entwicklung abgeleitet haben. Mir ist wichtig, dass wir auch begreifen, dass unsere Kommunen gestärkt werden müssen für die alternde Gesellschaft. Die Soziale Gesellschaft vor Ort wird noch wichtiger. Dafür brauchen wir eine neue Strategie. An der arbeite ich mit.
Müntefering: Das war eine wirklich zielführende Entscheidung, die wir damals getroffen haben. Ich bedauere, dass meine Partei, aber auch die Gewerkschaften und die Unternehmen, damit nicht offensiver und positiver umgehen. Das ist falsch.
Müntefering: Unbefangen verfolge ich mit Interesse, was sie tun. Ich bin mir aber nicht sicher, ob die Piraten in absehbarer Zeit Verantwortung für das Ganze tragen können. So wie die Volksparteien.
Müntefering: Das mache ich nicht. Ich habe ein Handy, schreibe SMS. Ansonsten bin ich persönlich mit Büchern und Zeitungen, Funk und TV gut versorgt. Gespräche sind wichtig, Papier und Schreibmaschine.
Müntefering: Nein.
Müntefering: Die hat genug zu tun, was soll sie da noch mit mir twittern oder so.
Müntefering: Nein, habe ich nicht. Der Zustand der schwarz-gelben Koalition ist selbst verschuldet. Mit Frau Merkel weiß man nicht, wo man landet. Die rot-grüne Zeit war viel besser. Auch die Große Koalition war besser, wenn man sie mit dem vergleicht, was wir derzeit erleben.
Müntefering: Nur nach Rot-Grün.
Müntefering: (Betretenes Schweigen) Das war es für die FDP.
Müntefering: Das wird die Partei 2013 entscheiden.
Franz Müntefering
Der SPD-Politiker Franz Müntefering, geboren am 16. Januar 1940 in Neheim, war von März 2004 bis November 2005 und von Oktober 2008 bis November 2009 Bundesvorsitzender seiner Partei. Er ist Abgeordneter des Deutschen Bundestages. Von 1998 bis 1999 war Müntefering Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, von 2002 bis 2005 Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Von 2005 bis 2007 war Müntefering Vizekanzler und Bundesminister für Arbeit und Soziales im Kabinett von Angela Merkel. Er ist seit dem 12. Dezember 2009 mit der SPD-Lokalpolitikerin Michelle Müntefering verheiratet. Müntefering war zuvor zweimal verheiratet, in zweiter Ehe seit 1995 mit Ankepetra Rettich. Ihr Krebsleiden, dem sie am 31. Juli 2008 erlag, war die Ursache für Münteferings Rücktritt als Bundesminister und Vizekanzler. FOTO: dpa