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Deutsche Hilfe für die Philippinen
reda
 |  aktualisiert: 22.07.2014 19:05 Uhr

Vor gut acht Monaten überquerte „Haiyan“, einer der mächtigsten Taifune, die je Land erreichten, die Philippinen mit 300 Kilometern in der Stunde Er hatte eine Sturmflut mit meterhohen Wellen ausgelöst, die Hunderte Meter ins Land rollte und alles fortriss. Der unmittelbare Schaden wird auf fast zehn Milliarden Euro beziffert. Im Gespräch mit unserer Zeitung zieht der Projektleiter der Hanns-Seidel-Stiftung in Manila/Philippinen, Paul G. Schäfer, Bilanz.

Frage: Herr Schäfer, am 8. November 2013 verwüstete der Taifun „Haiyan“ die Philippinen. Welche Gebiete sind am stärksten betroffen?

Paul G. Schäfer: Die am stärksten betroffenen Gebiete liegen hauptsächlich im Zentrum des philippinischen Archipels, das heißt in der Inselgruppe der Visayas. Vor allem sind dies die Inseln Samar, Leyte, Cebu, Panay und Masbate. Diese Landesteile, bis auf Samar, werden normalerweise nur selten von Taifunen heimgesucht. Insofern waren Bürger wie auch Behörden nur in eingeschränktem Maße auf die Verheerungen der Katastrophe vorbereitet. Von den insgesamt 81 Provinzen der Philippinen wurden 14 direkt in Mitleidenschaft gezogen. Insgesamt sind über 14 Millionen Menschen betroffen, etwa jeder siebte Philippiner. Bis Ende 2013 wurden mehr als sechstausend Tote geborgen, knapp zweitausend Menschen gelten als vermisst und immer noch werden gelegentlich Leichen in den Trümmern gefunden.

Wie haben Organisationen aus Deutschland „Erste Hilfe“ geleistet?

Schäfer: Die Hilfe aus Deutschland kam sofort und massiv. Deutsche Hilfsteams, zum Beispiel Mitglieder des THW und von der Rettungsorganisation ISAR, gehörten zu den Ersten, die in Manila landeten, dann aber für einige Tage auf den Weiterflug warten mussten. Denn auch der Flughafen in der Stadt Tacloban auf Leyte war in Mitleidenschaft gezogen und das philippinische Militär verfügt nur über eine geringe Zahl einsatzfähiger Hubschrauber. Es folgten Hilfskräfte des DRK, von World Vision Deutschland, von Plan International, Caritas, der „Grünhelme“ sowie mehrerer anderer Organisationen. Sie haben vor allem bei der ärztlichen Versorgung, in der Trinkwasserzubereitung, der Lebensmittelversorgung und bei der Suche nach Verschütteten „Erste Hilfe“ geleistet. Einige von ihnen sind bis zum heutigen Tag im Einsatz.

Wie viele Millionen an Hilfsgeldern aus dem Ausland haben die Philippinen erhalten, wie viele aus Deutschland?

Schäfer: Die humanitäre Hilfe liegt bei fast 500 Millionen Euro und die zugesagten Mittel zum Wiederaufbau bewegen sich im Milliardenbereich. Aus Deutschland kamen bisher knapp 120 Millionen Euro an humanitärer Hilfe, davon allein 104 Millionen Euro an privaten Spenden. Laut Aussage der Deutschen Botschaft ist letztere Zahl noch deutlich höher anzusetzen, da noch nicht alle Spenden eingerechnet werden konnten. An Wiederaufbauhilfe hat Deutschland in einem ersten Schritt 16 Millionen Euro zugesagt, ohne die Anteile, die in den Finanzzusagen der Vereinten Nationen und der EU enthalten sind. Neben der Unterstützung über die deutschen Hilfsorganisationen sind Gelder über private Kanäle ins Land geflossen oder in Sachleistungen erfolgt, wie zum Beispiel die Bereitstellung einer Lufthansa-Maschine zum kostenfreien Transport von Hilfsgütern oder die Spenden deutscher Unternehmen vor Ort.

Was haben diese Hilfsgelder bisher bewirkt?

Schäfer: Die ausländischen Hilfsgelder ebenso wie die technische Unterstützung durch den Einsatz amerikanischer und britischer Kriegsschiffe und Fluggeräts aus verschiedenen Ländern wie auch die Unterstützung von Hilfsorganisationen aus über 40 Staaten haben in einer kritischen Phase der Sofortmaßnahmen in den Tagen und Wochen unmittelbar nach dem Taifun, Menschenleben gerettet und den Überlebenden einen ersten Wiedereinstieg in die Normalität ermöglicht. Ohne sie wäre das Ausmaß der Katastrophe deutlich größer ausgefallen. Auffallend war dabei die enge und kollegiale Zusammenarbeit von Teams aus den unterschiedlichsten Ländern und Kulturkreisen, die oft auch noch Sprachbarrieren zu überwinden hatten.

Wie läuft die Versorgung mit Lebensmitteln und ist die medizinische Versorgung ausreichend?

Schäfer: Die Versorgung mit Lebensmitteln wie auch die medizinische Betreuung sind inzwischen weitgehend sichergestellt, wenn auch häufig nur auf der Basis des Allernotwendigsten. So ernähren sich viele bis heute vor allem mit Fertiggerichten und aus Konserven, da frische Nahrungsmittel aufgrund der Zerstörungen in der Landwirtschaft nicht zugänglich sind und die meisten Fischer ihrer eigentlichen Beschäftigung wegen des Fehlens von Booten noch nicht wieder nachgehen können.

Die Hilfsorganisation Unicef warnte vor einer großen Katastrophe für die Kinder, die hungrig, obdachlos und verwaist umherirren. Was ist bisher für die Kinder getan worden?

Schäfer: Die Warnung ist sicherlich zutreffend. Viele Kinder leiden unter Schockeinwirkungen, haben Eltern, Verwandte und Freunde verloren und bedürfen neben ärztlicher auch psychologischer Betreuung. Zahlreiche von ihnen sind durch die Katastrophe Waisen geworden. Um sie kümmern sich vornehmlich kirchliche und private Organisationen, mit finanzieller und sachlicher Unterstützung aus dem Ausland. Um das Leid der Kinder zu mildern, wurden neben Kleidung und Nahrungsmitteln auch Schulzeug und Spielsachen an sie ausgeteilt.

Inwieweit konnte die Infrastruktur wiederhergestellt werden, damit Hilfsleistungen nicht nur in den Städten, sondern auch in den Dörfern ankommen?

Schäfer: Die meisten Straßen sind inzwischen wieder soweit befahrbar, dass Hilfsgüter auch in abgelegenere Gebiete gebracht werden können, wobei nicht in allen Fällen eine kontinuierliche und über das Mindestmaß hinausgehende Versorgung mit lebenswichtigen Gütern sichergestellt ist. Der Wiederaufbau der öffentlichen wie privaten Infrastruktur wird sich aber noch über Jahre hinziehen. Hierfür hat die philippinische Regierung als Erstmaßnahme noch vor Weihnachten Finanzmittel im Umfang von 300 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Und kürzlich hat die Asiatische Entwicklungsbank die Bereitstellung eines Kredits in Höhe von 660 Millionen Euro bekannt gegeben.

Werden derzeit noch Hilfen aus dem Ausland benötigt?

Schäfer: Ja. Und diese Hilfen werden vor allem für die Wiederherstellung von Existenzgrundlagen benötigt: für Bauern, deren Felder und Kokospalmen zerstört wurden, für Fischer, deren Boote ins Meer abgetrieben oder von den Wellen zerstört wurden, für kleine Handwerker und Geschäftsleute, die Werkzeuge, Einrichtungen und Materialien verloren haben. Foto: Vogel

 
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