zurück
Der Migrationspakt ist kein Teufelszeug
Michael Reinhard
Michael Reinhard
 |  aktualisiert: 02.04.2019 13:12 Uhr

Der globale Migrationspakt wird bei einem Gipfeltreffen am 10. und 11. Dezember in Marrakesch (Marokko) von über 180 UN-Mitgliedstaaten angenommen werden – auch von der Bundesrepublik Deutschland. Sollte es noch leise Zweifel an der Haltung der Bundesregierung in dieser Frage gegeben haben, dann sind sie spätestens seit der gestrigen Bundestagsdebatte ausgeräumt. Ein Ausstieg aus der internationalen Vereinbarung, wie von der AfD gefordert, wäre auch absurd gewesen.

Denn das 34-seitige Regelwerk stiftet mitnichten „Millionen Menschen“ an, „sich auf den Weg zu machen“, wie AfD-Fraktionschef Alexander Gauland in seiner Rede behauptete. Und geradezu aberwitzig mutet seine Unterstellung an, Deutschland solle „klammheimlich von einem Nationalstaat in ein Siedlungsgebiet“ verwandelt werden. Solch verquere Mutmaßungen dienen in Wahrheit nur einem Zweck: Angst vor Überfremdung in der Bevölkerung zu schüren.

Wanderungen schon immer Teil der Menschheitsgeschichte

Wer das Papier aufmerksam und vorurteilsfrei liest, wird feststellen: Dieser Pakt fördert keine Migration. Er zielt weder darauf, die Zahl der Migranten zu reduzieren, noch sie zu erhöhen. Er urteilt nicht darüber, ob Wanderungen gut oder schlecht sind. Er erkennt jedoch an, dass sie schon immer Teil der Menschheitsgeschichte waren.

Im Fokus der Vereinbarung steht nicht die Förderung, sondern die Gestaltung von Migration. Alle ihre Aspekte sollen künftig durch internationale Zusammenarbeit besser geregelt werden. Die staatliche Souveränität bleibt davon unberührt – auch wenn Rechtspopulisten das Gegenteil postulieren.

Wesentlich ist den Unterstützerstaaten des Paktes auch ein anderes Ziel: „Die Minimierung nachteiliger Triebkräfte und struktureller Faktoren, die Menschen dazu bewegen, ihre Herkunftsländer zu verlassen.“ Dazu zählen vor allem würdige Wirtschafts- und Lebensbedingungen in den Heimatländern. Denn, so steht es in der Präambel, „niemand soll aus Verzweiflung Migrant werden“. Es geht also bei dem UN-Vorhaben um nichts weniger als den Anspruch auf universell gültige Menschenrechte.

Migration kann von keinem Staat allein gesteuert werden

Dafür braucht es einen globalen Handlungsrahmen. Denn Migration kann von keinem Staat allein gesteuert werden, da das Phänomen von Natur aus grenzüberschreitend ist. Der Pakt richtet sich übrigens vor allem an jene Länder, in denen Migranten unter weit schlechteren Bedingungen leben müssen als in Deutschland. Unionsfraktionsvize Stephan Harbarth hat im Bundestag zu Recht darauf hingewiesen, dass es unumgänglich sei, weltweit über Standards für eine menschenwürdige Migration ins Gespräch zu kommen. Diese Notwendigkeit verdeutlichte der Christdemokrat mit einer provokanten Frage: „Gibt es jemand klaren Verstandes, der glaubt, dass weniger Migranten nach Deutschland kommen, wenn sie in anderen Ländern keinen Zugang zur Grundversorgung haben?“

Bemerkenswert ist, dass der „globale Pakt für sichere, geordnete und geregelte Migration“ erst seit kurzem in der öffentlichen Diskussion Fahrt aufgenommen hat. Die Bundesregierung hat das Thema vor dem Hintergrund der Erfahrungen im Flüchtlingssommer 2015 offenbar kleinzuhalten versucht, anstatt offensiv für das Abkommen zu werben. Dabei gibt es ausreichend gute Gründe für den Pakt. Doch Bundeskanzlerin Angela Merkel erweckte eher den gegenteiligen Eindruck mit ihrer Äußerung, dieser sei „rechtlich nicht bindend, und deshalb steht Deutschland dazu“. Der Vorwurf von Joachim Stamp (FDP) in Richtung Regierungsparteien ist jedenfalls nicht von der Hand zu weisen: „Sie haben zu lange geschwiegen und damit überhaupt erst die Möglichkeit für die Verschwörungstheoretiker geschaffen, ihren Propagandafeldzug in den Sozialen Medien zu starten.“

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Michael Reinhard
Alexander Gauland
Alternative für Deutschland
Bundeskanzlerin Angela Merkel
Bundestagsdebatten
Deutscher Bundestag
FDP
Joachim Stamp
Menschenrechte
Menschheitsgeschichte
Migration
Stephan Harbarth
Wanderungen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top