Das Kreuz, die Kippa, der Schleier sind religiöse Symbole. In einer aufgeklärten, säkularisierten Gesellschaft sollten sie friedlich nebeneinander existieren können. Niemand sollte benachteiligt, beleidigt oder gar körperlich angegriffen werden, nur weil er sich zu seiner Religion bekennt. Das ist Religionsfreiheit in einer Demokratie, die eben nicht auf religiös fundierten Glaubenssätzen fußt, sondern auf den grundlegenden Menschenrechten, wie Freiheit, Gleichheit und Teilhabe.
Erschreckend ist es, wenn der Vorsitzende des Zentralrates der Juden, Josef Schuster, Gläubigen empfehlen muss, in großstädtischen Milieus die Kippa besser nur zuhause und in der Synagoge zu tragen. Ist es aber wirklich ein Zeichen der Solidarität, wenn sich daraufhin CSU-Politiker wie Dorothee Bär auf Facebook mit Kippa präsentieren? Wird die Kippa so nicht vielmehr als politisches Symbol missbraucht, um die so genannte christlich-jüdische Kultur von anderen Religionen und Kulturen abzugrenzen?
Dabei genügt ein Blick in die Geschichte des viel gepriesenen Abendlandes, um zu sehen, dass es eben auch Christen waren, die die jüdische Kultur bekämpft und diffamiert haben. So wie das Christentum heute gerne in Anspruch genommen wird, um den Islam auszugrenzen.
Politische Symbolik statt christlicher Werte in der Politik
Wenn Politiker, die allein dem Gemeinwohl und dem Wählerauftrag verpflichtet sind, religiöse Symbole missbrauchen, wird es gefährlich. Wenn sie dies auch noch tun, um andere Religionen auszugrenzen, wird es unerträglich.
Das hat nichts damit zu tun, dass Politiker durchaus christlichen Tugenden folgen dürfen: Nächstenliebe, Barmherzigkeit, Toleranz und Feindesliebe, das sind Werte im Christentum, die in der Politik leider immer öfter durch Ausgrenzung, Konkurrenzdenken, Kleingeistigkeit und Feinbild-Denken ersetzt werden. Das gleicht ein Kreuz am Eingang der Staatskanzlei sicherlich nicht aus.
Darum sollten sich Christen und ihre Kirchen massiv beschweren, wenn der neue bayerische Ministerpräsident Markus Söder alle Staatsbehörden anweist, im Eingangsbereich ein Kreuz aufzuhängen. Zumal er es keineswegs als christliches Symbol gewertet haben möchte. „Das Kreuz ist nicht ein Zeichen einer Religion“, sagte Söder. Es sei ein Bekenntnis zur Identität und zur christlich-abendländischen Prägung Bayerns. Da hätte er besser einen Gamsbart oder den bayerischen Löwen an die Wand genagelt.
Das Kreuz taugt nicht als religiöses Hirschgeweih
Denn das Kreuz ist kein Symbol für Tradition und Verwurzelung, kein religiöses Hirschgeweih. Es steht für eine Botschaft. Es hat eine Geschichte. In ihr geht es um Opfer, um Sünden und Vergebung. Es ist nicht irgendein, sondern das zentrale Symbol des Christentums, seiner Geschichte und seiner Botschaft. Die muss niemand glauben, um ein guter Bayer oder Franke zu sein, aber zwangsprofanieren lässt sich das Kreuz nicht.
Und schon gar nicht in einem Wahlkampf, in dem die Christlich-Soziale Union fürchtet, Wähler an die Rechtsaußen-Partei AfD zu verlieren. Denn das Bekenntnis zum Christentum dürfte in einer Zeit, in der die Kirchen selbst Mitglieder und Besucher verlieren, kaum der gewünschte Wahlkampfschlager sein. Nein, es geht ausschließlich um die Themen Identität und um Abgrenzung. Hier will die CSU die Stammtischhoheit zurückerobern. Dem hat sich alles andere unterzuordnen, auch und vor allem christliche Wertvorstellungen.
Sollte Markus Söders „Kreuzzug“ wirklich nicht nur dem Landtagswahlkampf geschuldet ist, müsste er dem Symbol Taten folgen lassen. Indem er seine Landesbehörden anweist, ihr Handeln an der christlichen Nächstenliebe und an den Belangen der Schwächsten auszurichten. Auch in der Sozial- und Flüchtlingspolitik.
Das was die MainPost heute auf 3 von kläglichen 6 Seiten, die der politische Teil im print heute umfasst, bringt ist allein in ihrer Sorge begründet, Söder könne vielleicht im Herbst doch noch das unwahrscheinliche, nämlich eine CSU-Alleinregierung schaffen.
"Konzertierte Aktion" könnte man so etwas möglicherweise sogar nennen.....
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