Ein Mann der Widersprüche war Uli Hoeneß schon immer. Erfolgreicher Kapitalist, aber auch Herz-Jesu-Sozialist. Er kann knallhart verhandeln und zugleich sehr fürsorglich sein. Eine starke Unternehmerpersönlichkeit mit sozialem Gewissen und Zügen von Demut. Ein weiterer Widerspruch kommt jetzt hinzu. Denn der ehrbare Kaufmann hat an den Börsen gezockt und Einkünfte daraus dem Finanzamt vorenthalten. Reicht das zum Rücktritt?
Vor allem reicht es, was an Scheinheiligkeit und Doppelmoral in diesem Fall kursiert. Wenn jetzt Politiker aller Couleur die Binsenweisheit betonen, Steuerhinterziehung sei kein Kavaliersdelikt, dann sollten sie sich fragen, ob es nicht gerade die Möglichkeit der Eigenanzeige ist, – im deutschen Steuerrecht nett „Nachveranlagung“ genannt – die Steuerdelikte verharmlost. Die Politik könnte das ändern, Eigenanzeigen würden dann nur strafmildernd wirken, aber dem Staat ginge sicher viel Geld verloren. So aber kann Uli Hoeneß wie jeder andere Steuersünder auch straffrei bleiben. Und seine Eigenanzeige hätte gar nicht öffentlich werden dürfen, auch sie unterliegt dem Steuergeheimnis.
Warum Hoeneß zum Steuerbetrüger wurde, ist schwer zu verstehen. Er hat wohl weit mehr Geld für wohltätige Zwecke gespendet, als hinterzogen. Er hat wohl alle anderen Einkünfte in Deutschland ordentlich versteuert. Warum er über Jahre einige Millionen in der Schweiz am Fiskus vorbei arbeiten ließ, kann nur er erklären. Aber Hoeneß schweigt. Zu Recht, denn er befindet sich in einem schwebenden Verfahren.
Hoeneß' Verdienste und sein soziales Engagement werden geschmälert, aber ist er jetzt wirklich ein anderer Mensch? Müssen wir den Stab über ihn brechen, ihn zum Rücktritt auffordern, bevor nicht alles geklärt ist und vor allem er sich selbst erklärt hat? Ob er dem FC Bayern schadet, wird am besten dort entschieden, wo sie wissen, wem sie es auch zu verdanken haben, derzeit eine der besten Mannschaften der Welt zu sein.