Es sind verstörende Bilder, unsensibel und verräterisch zugleich. Als die Taliban gerade auf Kabul vorrücken, verkauft die deutsche Verteidigungsministerin zu Hause im Saarland Flammkuchen für einen wohltätigen Zweck. Und während Dutzende von Diplomaten und Entwicklungshelfern darauf warten, dass die Bundeswehr sie endlich aus Afghanistan herausholt und in Sicherheit bringt, besucht die Kanzlerin in Berlin lächelnd eine Filmpremiere. Grotesker geht es kaum noch.
Nicht einfach nur auf fatale Weise geirrt
Wortreich hat Angela Merkel zuvor zwar bedauert, wie falsch ihre Regierung (also auch sie selbst) die Lage eingeschätzt hat. Tatsächlich jedoch hat die Bundesregierung sich nicht einfach nur auf fatale Weise geirrt. Schlimmer: Sie hat in einer für viele Deutsche und ihre afghanischen Mitarbeiter existenziellen Krise kollektiv versagt – Außenminister Heiko Maas ist nur das planlose Gesicht dieses Dramas. Obwohl es offenbar Warnungen aus der Botschaft in Kabul gab, obwohl Hilfsorganisationen seit Wochen darauf drängen, die besonders gefährdeten Ortskräfte endlich nach Deutschland einreisen zu lassen, fühlte sich im politischen Berlin bis zum Wochenende dafür niemand wirklich verantwortlich.
Die dringend benötigten Visa für die afghanischen Helfer? Nicht ausgestellt. Die Evakuierung? Nicht vorbereitet. Die Geheimdienste? Nicht informiert. Stattdessen großes Bedauern, larmoyante Hinweise darauf, dass es anderen Regierungen ganz ähnlich ergangen sei, und dazu die üblichen Durchhalteparolen. Doch während in Deutschland die Flugzeuge erst noch für den Abflug nach Afghanistan vorbereitet werden mussten, wo das erste von ihnen dann ganze sieben Passagiere außer Landes brachte, hatten die US-Truppen längst gehandelt und Hunderte von Menschen in die Arabischen Emirate geschafft – darunter auch 40 Bundesbürger. Dass der deutsche Einsatz in Afghanistan in einem Desaster endet, liegt nicht nur an der seltsamen Teilnahmslosigkeit der Nato und an den Amerikanern, die mit ihrem Rückzug andere Nationen in Zugzwang gebracht haben. Ein großer Teil der Probleme ist hausgemacht und muss schonungslos aufgearbeitet werden: Das Kompetenzgerangel zwischen Auswärtigem Amt, Entwicklungs- und Verteidigungsministerium um die Ortskräfte, quälend lange Entscheidungsprozesse und eine für Deutschland geradezu rufschädigende Ineffizienz: Ausgerechnet der vermeintliche Organisationsweltmeister hat große Probleme mit der Organisation. In der Pandemie. Bei der Flutkatastrophe. In Afghanistan.
Die Taliban sind besser organisiert als gedacht
Dass die Taliban besser organisiert sind als gedacht, dass ihr Marsch auf Kabul nicht mehr zu stoppen sein würde, hatte sich bereits seit Tagen abgezeichnet. Standen Maschinen der Luftwaffe deshalb einsatzbereit in einem der Nachbarländer, um bei Bedarf sofort eine Rettungsaktion starten zu können? Nein. Sie standen in einem Hangar in Niedersachsen.
Wie die Bundeswehr jetzt noch bis zu 10 000 Afghanen ausfliegen will, denen unter den Taliban der Tod droht, wissen ihre Generäle vermutlich selbst nicht. Dazu hat die Regierung schon zu viel Zeit verloren. Das heißt: Ehemalige Helferinnen und Helfer der Deutschen werden den Vormarsch der Taliban möglicherweise nicht überleben, obwohl Deutschland ihnen seinen Schutz zugesichert hat – eine ebenso empörende wie beschämende Tragödie. Was das für andere Auslandseinsätze wie den nicht minder gefährlichen in Mali bedeutet, lässt sich erahnen. Die Ortskräfte der Bundeswehr dort werden sich genau überlegen, ob die Deutschen für sie noch der richtige Arbeitgeber sind. Wenn es hart auf hart kommt, ist auf Deutschland kein Verlass mehr.
"Zwischen Freitag, 13:00 Uhr und Montag, 08:00 Uhr steht der deutsche Beamtenapparat still. Die Taliban haben sich nicht daran gehalten."
(Ansonsten erinnere ich an die Fotos von den vollbesetzten Fliegern. Unfassbar – Nur Männer, wohin man blickt! Dabei haben wir bereits genug afghanische Männer in unserem Land, die ihr „Benehmen“ gegenüber unseren Frauen deutlichst zu ihrem (den Frauen) Schaden gezeigt haben.
Der Berliner Politik scheint die Sicherheit der hiesigen Bevölkerung ziemlich egal, wenn es gilt „Afghanische Männer zu retten“. Darauf scheint Verlass.