Weltweit gesehen erfahren Kinder mit Behinderung oft Ablehnung oder erhalten nicht die geeignete Förderung. Anlässlich des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember informiert Sozialpädagogin Sabine Benisch von „familie international frankfurt“ im Gespräch mit unserer Zeitung über die Adoption von behinderten Kindern.
Sabine Benisch: Eine pauschale Aussage lässt sich hier nicht treffen. In den meisten europäischen Ländern gibt es mittlerweile mehr Bewerber, die ungewollt kinderlos sind, als Kinder, die zur Adoption freigegeben werden und geeignete, aufnahmebereite Eltern suchen.
Benisch: Die Zahl der Kinder, die in Deutschland zur Adoption freigegeben werden, ist sehr gering. Verstärkt werden in Deutschland jedoch Pflegeeltern gesucht, das heißt Betreuungspersonen (zeitlich befristet oder auch auf Dauer), die Kindern ein Zuhause geben können, die nicht bei den leiblichen Eltern bleiben können, ohne dass sie von diesen jedoch zur Adoption freigegeben worden sind.
Benisch: 1993 entstand das Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption. Die Bundesrepublik Deutschland ist seit 2002 Vertragsstaat dieses Übereinkommens. Dessen Ziel ist primär der Schutz von Kindern. Durch einheitliche Verfahrensabläufe zwischen dem Herkunftsland eines Kindes und dem Aufnahmeland sollen Schutzvorkehrungen errichtet werden, um insbesondere Kinderhandel vorzubeugen. Ein weiteres wichtiges Schutzelement ist der so genannte Subsidiaritätsgrundsatz. Dies bedeutet, dass Kinder das Recht haben, in der eigenen Familie groß zu werden. Sofern dies nicht möglich ist, dann bei einer geeigneten Familie im eigenen Land. Erst wenn es dort keine geeigneten Unterbringungsmöglichkeit gibt, kann eine grenzüberschreitende Auslandsadoption angedacht werden. Bedauerlicherweise fühlen sich in vielen Ländern – hierzu gehört manchmal leider auch Deutschland – Eltern nicht in der Lage, ein Kind mit einer Behinderung zu behalten. In vielen anderen Ländern kommt noch hinzu, dass dort die nötige Infrastruktur fehlt und damit eine gute Förderung dieser Kinder. Es gibt daher fast in allen Ländern behinderte Kinder, für die Eltern gesucht werden. Das Alter der Kinder mit Behinderung variiert vom Kleinkind bis ins Jugendalter.
Benisch: Die Kinder weisen alle Arten von körperlichen und/oder geistigen Behinderungen oder Förderbedarf auf.
Benisch: Ein internationales Adoptionsverfahren muss in beiden Ländern von Fachstellen begleitet werden. Diese sind dafür verantwortlich, dass zum einen geklärt wird, ob die Bewerber geeignet sind, ein Kind aufzunehmen. Die Stelle im Heimatland des Kindes muss klären, in wieweit das Kind tatsächlich neue Eltern braucht.
Benisch: Für die Adoption ist generell die Fachstelle am gewöhnlichen Aufenthaltsort zuständig. Das heißt, wenn ein Paar im Ausland lebt, dann muss es sich an die dortige Fachstelle wenden. In Ländern, die dem so genannten Adoptionsübereinkommen angehören, gibt es jeweils Zentrale Behörden, die vor Ort konkret auf die zuständigen Stellen hinweisen können. In diesen Fällen handelt es sich dann um eine Inlandsadoption in dem jeweiligen Land, da mit der Adoption kein Grenzübertritt erfolgt. Diese so genannte Inlandsadoption im Ausland ist nur möglich, wenn Paare dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Benisch: Im Ausland lebende deutsche Staatsbürger haben jederzeit die Möglichkeit nach einer im Ausland ergangenen Entscheidung, diese vor dem Amtsgericht in Berlin-Schöneberg anerkennen und auf ihre Rechtswirkungen überprüfen zu lassen.
Benisch: Eine gute und umfangreiche Vorbereitung der Bewerber, aber auch der Kinder, auf die neue Lebenssituation ist hilfreich. Die späteren Adoptiveltern müssen für ihre Kinder ein hohes Maß an Durchhaltvermögen mitbringen, da Adoptivkinder manchmal nach einer anfänglichen Begeisterung für das Neue vom Umfeld in die Schublade „schwierig“ gesteckt werden.
Benisch: Heutzutage gibt es kaum mehr Kinder, die nur deshalb zur Adoption freigegeben werden, weil ihre Eltern nach einem Unfall gestorben sind. Stattdessen kommen viele Kinder aus schwierigen sozialen Umfeldern, an deren Ende dann die Freigabe (freiwillig oder von staatlicher Seite veranlasst) zur Adoption steht. Die Kinder bringen daher zumeist traumatisierende Vorerfahrungen mit, die nur mit viel Verständnis und Geduld zum Teil in eine gesunde Entwicklung integriert werden können.
Benisch: Die Adoptionsvermittlungsstellen bereiten die Bewerber auf die Fragestellungen des Landes sowie auf die besonderen Bedürfnisse der Adoptivkinder vor. Foto: Eva-Maria Vogel
„familie international frankfurt“
Der Verein „familie international frankfurt“ stellt ein interdisziplinäres, gut aufeinander eingespieltes Team bereit, das über langjährige Erfahrung im Bereich der interkulturellen, grenzüberschreitenden Sozialarbeit verfügt. Angebot und fachliche Beratung unterliegen strenger Vertraulichkeit. Das Angebot richtet sich an Privatpersonen und Familien sowie an Fachstellen und Gerichte. Dazu zählen unter anderem die Durchführung und professionelle Begleitung in einer Stiefkind- oder Verwandtenadoption wie auch die Begleitung eines grenzüberschreitenden Adoptionsverfahrens, jeweils im Rahmen der Länderzulassung.
Informationen unter Tel. 069/95636431, E-Mail: kontakt@fif-ev.de, www.fif-ev.de. Text: EV