Sehr geehrte Frau Becker,
sicher wäre es vermessen, diesen Brief im Namen von 1 745 383 Bürgern in Bayern schreiben zu wollen. Aber die Mehrheit dieser mehr als 1,7 Millionen Wahlberechtigten, die im Rathaus ihren Namen auf eine Liste setzten, würde Ihnen das sicher auch so sagen: Danke! Danke, dass Sie sich so für den Artenschutz stark gemacht haben, dass Sie hartnäckig geblieben sind – und dass Sie jetzt dieses Volksbegehren zum erfolgreichsten in der bayerischen Geschichte machten.
Frau Becker, Sie haben die Menschen im Freistaat bewegt, wie lange keiner mehr. Der Aufruf „Rettet die Bienen“ hat die Masse mobilisiert. Wer hätte das gedacht, dass plötzlich überall über Blühwiesen, Gewässerrandstreifen und Bestäubungsleistungen gesprochen wird. Aber mit dem Volksbegehren, das Sie mit der kleinen ÖDP ins Leben gerufen haben, trafen Sie offenbar einen Nerv. Besser: genau den Nerv. Klimawandel, Luftverschmutzung, leergeräumte Agrarlandschaften, Raubbau, Massentierhaltung... Der Bürger fühlt: Da stimmt etwas nicht mehr. Und die Politik soll endlich was tun und den Naturschutz ernst nehmen. Wenn nicht von selbst, dann eben gezwungenermaßen.
Dabei sah es vor noch nicht mal einem Jahr gar nicht danach aus. Sie, liebe Frau Becker, hatten da schon ihre Initiative für das summende Sympathieinsekt gestartet. Vier Dutzend kleinere Öko-Organisationen hatten sie hinter sich, die Grünen und die SPD auch. Aber ausgerechnet die zwei größten bayerischen Umweltverbände – Bund Naturschutz (BN) und Landesbund für Vogelschutz (LBV) – machten nicht mit. Hauptargument: Ein Volksbegehren hätte nur Einfluss auf Landesebene, das reiche beim Artenschutz nicht aus. Und dann seien da „inhaltliche und rechtliche Mängel“.
Sie haben sich nicht ausgrätschen lassen von der Verweigerung. Und behielten Recht mit Ihrer Überzeugung, dass erstens in Bayern etwas geschehen muss. Und zweitens die Besorgnis über den Artenschwund inzwischen so groß ist, dass die nötigen Unterstützerunterschriften schon bald beisammen sein würden. Und ja, als sich abzeichnete, dass die Zustimmung riesig ist, waren LBV und BN plötzlich doch ganz vorne dabei.
Liebe Frau Becker, man könnte nun argwöhnen, dass viele Leute unterschrieben haben, weil das Begehren sehr öffentlichkeitswirksam und clever in den sozialen Medien vermarktet worden ist. Weil Artenschutz die wenigsten von uns direkt betrifft. Weil man selbst keine Pflichten hat, weil man trotz Unterschrift weiter auf die Malediven fliegen, überall mit dem Auto hinfahren, den Löwenzahn aus seinem englischen Rasen rupfen und beim Discounter die billige Milch kaufen kann. Bienenretten und gut sein geht quasi nebenbei.
Sei’s drum. Die 18,4 Prozent Unterschriften sind da. Und jetzt wird sich was ändern müssen im Land. Mussten Sie sehr viele Beschimpfungen, Anfeindungen, Angriffe aushalten in den vergangenen zwei Wochen? Etliche Landwirte haben Sie mit dem Volksbegehren gegen sich aufgebracht. Ganz hat Sie, die Tierärztin und Nebenerwerbslandwirtin, das vermutlich nicht kalt gelassen. Auf der Webseite der Initiative war der Slogan „Rettet die Bienen“ ja auch bald ergänzt um den kleinen Zusatz: „...und die Bauern“.
Man wird Ihnen eine gehörige Portion Idealismus unterstellen dürfen. Mit 18 Jahren in die ÖDP eingetreten, einer Partei, die seit Jahrzehnten selbst im zuspruchstärksten Bundesland Bayern bei Wahlen bei ein oder zwei Prozent herumkrebst und selbst unter Artenschutz gestellt werden müsste. Aber auch mit zwei Jahrzehnten Idealismus fernab von Ruhm, Reichtum oder Bekanntheit - oder deswegen - lässt sich ganz offensichtlich etwas bewegen und eine dominante Staatsregierung in Zugzwang bringen.
Und: Bitte bleiben Sie hartnäckig, wenn es jetzt hart wird und ans Eingemachte geht. Am Mittwoch werden Sie vermutlich bei Markus Söder am runden Tisch sitzen. Der Ministerpräsident und Chef der Partei, der die Umwelt über viele Jahre egal und der Bauernverband dafür ganz nahe war, will und braucht einen „Kompromiss“. Zwischen Ökonomie und Ökologie. Zwischen CSU und Ihnen, den Initiatoren des Volksbegehrens. Sie haben angekündigt, versprochen, dass Sie sich den Gesetzentwurf nicht wegdiskutieren lassen. Geben Sie nicht nach! Damit die fast zwei Millionen im Herbst, beim Entscheid, beweisen können, dass es auch ihnen wirklich ernst ist.
Mit herzlichen Grüßen,
Alice Natter, Redakteurin
Vielen Dank Frau Natter für diesen sehr guten Samstagsbrief.
Die rückwärtsgewandte Söderregierung wird sich nur dann bewegen, wenn Widerstände breit und hart sind.
...die CSU muss wieder lernen, dass sie nicht der verlängerte Arm einer betrügerischen Autoindustrie oder einer Hand voll Agrarindustrielobbyisten ist.
Ach ja und noch etwas will ich Frau Becker mit auf dem Weg mitgeben. Passen Sie auf, wenn CSUler das Rechnen versuchen anzufangen.
Verkehrsminister und Autolobbyist Andy Scheuer ist mitsamt seines ganzen Ministeriums den schlichten Rechenfehlers eines Lungenarztes aufgesessen. Mit den Rechenkünsten von CSU Leuten ist es also nicht weit her.
Vielen Dank für ihre Mühe im voraus!
Mal schauen was dabei rauskommt, wenn der Fehler öffentlich wird und Fachleute mal hier zum lesen bekommen! Danke!
Fehler ändert nichts an der Grundaussage !
Dr. Köhler hat am 14. d.M. im n-tv in einem Interview den Fehler bedauert aber überzeugend dargelegt, dass davon die Aussage im Kern nicht berührt ist. Die Häme der Grünen ist also unangebracht. Es geht Ihnen nicht um eine sachliche Diskussion, sondern um Ideologie.. also wie immer.
Zugegeben ...der Zigarettenvergleich war überflüssig und in der Sache
eher schädlich. Köhler hätte es darauf belassen sollen, daß es für die Einstufung der Schädlichkeit von NOx keine einzige Studie gibt und es nicht sein kann daß auf einen ausgeknobelten Grenzwert Fahrverbote geben kann. Dass dieser Grenzwert nicht verbindlich sein kann resultiert schon daraus, dass sie in einer Schwankungsbreite von 20 bis 950 ausgesprochen wurden. Man stelle sich sowas mal vor bei Blutalkoholwerten für Fahrverbote. Absurd. Die linksgrüne Hysterie ist und bleibt jenseits v.Gut und Böse.