Dass sich ein bayerischer Kultusminister lange, bevor er das Amt antritt, große Verdienste erwirbt um die Bildung im Land, ist selten. Kultusministerin Monika Hohlmeier, die Bayerns Traditions-Gymnasium in die G8-Achterbahn zerrte, war zuvor eigentlich nur Strauß-Tochter und Hotelkauffrau. Ihr Nachfolger Siegfried Schneider hatte vor dem Ministeramt als Lehrer Hauptschüler unterrichtet – was keine schlechte Voraussetzung fürs Bildungsressort ist. Bildungspolitische Visionen brachte er nicht mit.
Auch Ludwig Spaenle, gelernter BR-Redakteur, ist vor dem Aufstieg zum Minister nicht als Bildungspolitiker hervorgetreten. Genau das, sehr geehrter Professor Piazolo, ist bei Ihnen anders.
Mit Volksbegehren halb Bayern mobilisiert
Dass die Bayern-CSU, geschwächt durch die Streitereien zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer, so sehr einbricht, dass sie auf eine Koalition mit den Freien Wählern angewiesen sein würde, das konnte man noch vor ein, zwei Jahren kaum erahnen. Soll heißen: Als Sie, Herr Piazolo, vor vielen Jahren begannen, für Bayerns Bildung zu streiten, konnten Sie nicht ahnen, dass Ihr Engagement einmal in Form von Amt und Würden belohnt werden würde.
2013 waren Sie ein eher unbekannter Politiker einer kleineren bayerischen Oppositionspartei – aber Sie haben trotzdem halb Bayern mobilisiert, haben ehrenamtlich die Klageschrift für das von Ihnen initiierte Volksbegehren zur Abschaffung der Studiengebühren verfasst. Sie wollten erreichen, dass auch Jugendliche aus weniger betuchten Familien angstfrei studieren können - und das haben Sie geschafft. Und obwohl das zweite von Ihnen initiierte Volksbegehren zur Abschaffung von G8 im Jahr 2014 scheiterte, haben Sie doch den Weg bereitet für ein Umdenken.
Um der Liebe zur Bildung willen
Wenn demnächst Bayerns Schüler ihr Abitur wieder ohne Turbo machen dürfen, ist das also auch Ihr Verdienst. Zwar kenne ich Sie nur flüchtig, Herr Piazolo, aber aus dem, was Sie bisher getan haben, schließe ich, dass Sie sich für Bildung tatsächlich um der Liebe zur Bildung willen einsetzen – und das langfristig und kenntnisreich. Vor Leuten, die sich um der Sache willen für eine Sache einsetzen und sie nicht als Mittel zum Zweck nutzen, habe ich Hochachtung. Ich freue mich über einen echten Bildungspolitiker an der Spitze des Kultusministeriums.
Natürlich kommen Sie, aus Sicht vieler Altgedienter, aus der „falschen Partei“ – und das wird Ihnen die Arbeit in der Kultusbehörde nicht erleichtern. Zum Glück sind Sie klug genug, um keine Großprojekte wie etwa den Umbau des dreigliedrigen Schulsystems in Angriff zu nehmen. Weil dies das bayerische Schulwesen auf Jahre lahm legen würde. Mit der Ansage, den Ganztagsausbau intensiv voranzutreiben und mehr Lehrer einzustellen, setzen Sie eher pragmatische Akzente.
Was Ihr Versprechen betrifft, das Stundenbudget für die Mobile Reserve aufzustocken, so sollten Sie dies am besten gleich angehen: Bekanntermaßen frisst die erste Grippewelle die gesamte Mobile Reserve auf. Und diesmal sind Sie nicht der, der das monieren kann, sondern der, der es ändern muss.
Schwierige Verhältnisse in Bayerns Schulklassen müssen transparenter werden
Besonders erfreulich finde ich, dass Sie auf die vom Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband oft geäußerte Forderung, Mehrpädagogen-Teams in Schulklassen einzuführen, eingehen wollen. Wer vor der Wahl damit wirbt, neben dem Klassenlehrer auch Förderlehrer, Psychologen, vielleicht auch Erzieher mit in den Schulalltag zu nehmen, zeigt, dass er die starke Veränderung des Schullebens in den letzten Jahren sieht.
Bedingt durch massive Zuwanderung, bedingt durch die Aufnahme behinderter Schüler in Regelklassen, bedingt durch die zunehmende Zahl verhaltensauffälliger Kinder ist die Schülerschaft heterogener, ist Unterricht schwieriger geworden. Das belastet natürlich die Lehrer, aber auch die Schüler und deren Eltern.
Dass sich die Verhältnisse in Klassenzimmern stark gewandelt haben und nicht nur in Brennpunkt-Schulen extrem herausfordernd geworden sind, beklagen Lehrerfunktionäre oft – das Ministerium hat die neuen Verhältnisse bisher aber kaum transparent gemacht. Deshalb erhoffe ich mir von Ihnen, Herr Piazolo, einen ehrlichen Blick auf den bayerischen Schulalltag – ohne Schönreden.
Des Weiteren könnte auch ein ehrlicher Blick auf die Lage an Realschulen nicht schaden; diese Schulart funktioniert so gut, dass die übergroßen Klassenstärken kaum thematisiert werden. Und auch die Berufsschulen haben Grund zur Klage; Lehrermangel und eine heterogene Schülerschaft machen dieser Schulart besonders zu schaffen. Aber jetzt haben Sie ja fünf Jahre Zeit, Probleme zu lösen.
Gutes Gelingen wünscht Ihnen
Gisela Rauch
Die Rückkehr zum G9 ist jetzt ja wahrlich keine Glanzleistung.
Dass es anders geht zeigt Sachsen. Dort schneiden die Schüler trotz G8 besser ab als die bayrischen Schüler. Und das, obwohl es dort mehr Schüler aufs Gymy schaffen.
Das bayrische Schulsystem muss grundlegend neu gedacht werden. Nur das schafft eine Freie Umfaller/CSU Koalition mit ihrer rückwärts gewandten Sichtweise nicht.
Sie sind ein zugewanderter Ossi!
Wie falsch vorschnelles Lob sein kann hat man doch Z.B. schon am Fall Obama, der als viel zu schnell ernannter Friedensnobelpreisträger zum Kriegsherrn wurde.