Bundeskanzlerin Ursula von der Leyen. Das wär's doch gewesen! Klingt richtig gut, wenn auch ein bisschen lang. Andererseits wie gemacht für genau eine Zeitungszeile. Wobei man auch kurz BUvdL sagen könnte. Fast hätte es ja geklappt, liebe Frau von der Leyen. Ihr Ich-werde-sowas-von-Kanzlerin-Plan schien durchaus aufzugehen. Sie standen lange in den richtigen Startlöchern, die Ausgangsposition schien perfekt. Ihre Chefin hatte die restlichen Konkurrenten mit den Jahren zur Seite geräumt – alles lief auf wunderbare Weise auf Sie hinaus. Und vom Alter her, mit Ende 50, hätte es auch noch gepasst.
Bis die Dinge plötzlich gründlich schief gingen. Angela Merkel entschied sich für den Kanzlerinnen-Marathon. Damit war aus der möglichen Thronfolgerin ein besserer Bettvorleger geworden. In Fachkreisen nennt man das den Markus-Söder-Effekt: An der ausgestreckten Hand verhungern, weil der alte Leitwolf nicht aufhört. Erinnert ein bisschen ans Ende der Kohl-Kanzlerschaft – aber das ist eine andere Geschichte.
Jedenfalls ist Ihr Traum von der Kanzlerschaft, sehr geehrte Bundesverteidigungsministerin, endgültig geplatzt. Zumal es auch beruflich seit einiger Zeit bei Ihnen drunter und drüber geht. Die smarte Ursula, die sich durchsetzen, Probleme lösen und überhaupt alles kann, ist verschwunden. Mit Amtsantritt als Verteidigungsministerin ging's dahin. Ersetzt wurde sie von einer Frau, die aufgescheucht durch die Gegend huscht. Die sich von Skandal zu Skandal hangelt – und die von den Problemen geradezu ausgelacht wird.
Dabei fing alles so gut an: Kaum auf der Hardthöhe angekommen, haben Sie eine Wohlfühl-Bundeswehr an die Kasernen-Wand gemalt. Eine attraktive Truppe sollte es werden. Mit Kinderbetreuung und Teilzeitarbeit. Stichwort: familienfreundlich. Es gab sogar ein „Attraktivitätsgesetz“. Was haben Sie nicht alles versprochen: Modernisierung von Unterkünften. Die Truppe soll „jedem Vergleich mit der Wirtschaft standhalten“. So – geradezu märchenhaft – klang das noch im Jahr 2014.
Dann vergleichen wir doch mal: Eine heruntergewirtschaftete Bundeswehr, die als Wirtschaftsbetrieb gegen die Insolvenz kämpfen müsste. Marodes Material bestimmt die Schlagzeilen. Sie hätten das wissen müssten. Doch statt einer Generalsanierung gab's Trallala und Hopsasa. Kinderbetreuungs-Gesäusel. Nur der schöne Schein war wichtig.
Dann lief plötzlich irgendwie alles aus dem Ruder. Eine Skandal-Orgie setzte ein: Da war der Bundeswehr-Offizier mit Doppelleben, der sich als Flüchtling registrieren ließ. Entwürdigende Ausbildungspraktiken. Sexuelle Übergriffe.
Zweifelhafte Aufnahmerituale. Falscher Korpsgeist. Eine Wehrmacht-Diskussion. Personalmangel. Fehlender Nachwuchs. Die problematische Umwandlung zur Freiwilligenarmee. Kurzum: Führungsversagen. Das macht, Frau von der Leyen, nicht gerade den Eindruck, als hätten Sie den Laden im Griff. Seit 2014 ist Ihnen nicht nur ein Zacken aus der Krone gebrochen. Im Grunde sind alle Zacken weg – samt der ganzen Krone.
Ihr Krisenmanagement war – gelinde gesagt – eine Katastrophe. Verzweifelte Schadensbegrenzung mit dem Verweis auf Einzelfälle. Als das nicht mehr funktionierte und klar war, dass es ein Haltungsproblem gibt, haben Sie zum blindwütigen Rundumschlag ausgeholt, haben alles und jeden in den Senkel gestellt. Nur um sich selber reinzuwaschen. Das Verzwergen anderer mag in anderen Ministerien geklappt haben – bei der Bundeswehr ging der Schuss nach hinten los. Eine empörte Truppe, das Vertrauen der Soldaten weg.
Was zum Sprungbrett ins Kanzleramt werden sollte, wurde zum Reinfall. Für die Bundeswehr. Für Sie persönlich. Die Macherin gibt es nicht mehr. Nur noch die Umherirrende, die Unvollendete. Eine, die immer nur auf sich geschaut hat, der jede Wohlfühl-Schlagzeile wichtig war als das feuchte Durchwischen.
Nur um es noch mal klarzustellen: Für viele der Probleme sind Sie nicht persönlich verantwortlich. Aber spätestens, als Sie dann auf dem Problemberg hockten, hätten es Ihnen egal sein müssen, ob die Frisur sitzt. Sie hätten die Dinge beim Namen nennen und anpacken müssen.
Der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, warf Ihnen vor, dass Sie „ganz offensichtlich keine Ahnung vom Militär“ hätten. Sie hätten nie verstanden, dass es nicht um Kindergartenplätze geht, sondern um eine vernünftige Ausrüstung – was die Bundeswehr dann übrigens automatisch attraktiv mache.
Dass diese Erkenntnis an Ihnen vorbeigerauscht ist, lässt sich insofern verschmerzen, als Bundestagswahlen anstehen. In der neuen Regierung gibt es keine BUvdL. Und als Verteidigungsministerin werden Sie eher auch nicht weitermachen. Es läuft also alles auf einen Schlussappell hinaus: Von der Leyen, wegtreten!
Mit freundlichen Grüßen
Frank Weichhan, Redakteur