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Würzburg
Samstagsbrief: Ihr schrilles Zwergen-Bashing passt nicht in die Zeit, Frau Strack-Zimmermann!
Die streitbare FDP-Verteidigungspolitikerin keilt im Karneval mächtig um sich – und schießt dabei übers Ziel hinaus. Unser Autor meint: Mehr Demut wäre angesagt.
Halb Vamp, halb Königin: Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann bei ihrem verstörenden Auftritt im Aachener Karneval.
Foto: Rolf Vennenbernd, dpa | Halb Vamp, halb Königin: Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann bei ihrem verstörenden Auftritt im Aachener Karneval.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:42 Uhr

Helau und Alaaf, Frau Strack-Zimmermann! Da haben Sie ja mächtig auf den Putz gehauen am vergangenen Wochenende im Aachener Karneval. Leider weiß ich nicht, was ich von einem Auftritt wie diesem halten soll: Ob Ihr Rundumschlag gegen die versammelte und abwesende Politprominenz Ihrer tiefsten inneren Überzeugung entsprach – oder ob Sie bloß auf billigen Applaus aus waren, auf Schlagzeilen und den großen Aufschrei?

Das weiß ich inzwischen immer seltener bei Leuten wie Ihnen – was weniger etwas über Leute wie Sie, sondern mehr über den Politikbetrieb im Allgemeinen aussagt.

Wissen Sie, Frau Strack-Zimmermann, eigentlich schätze ich Ehrlichkeit und Offenheit sehr. Und Sie sind nach meiner Überzeugung eine Politikerin, die ihr Herz auf der Zunge trägt. Sie sind in Ihrer Partei die freie Radikale, die sich im Zweifel wenig um Parteiräson schert. Manchmal wirkt Ihre Streitlust inszeniert und aufgesetzt, so wie jetzt in Aachen. Aber ich kenne kaum eine politisch Verantwortliche, die sich bei allen Bedrohungen und Belastungen unseres Landes dermaßen schonungs- und rückhaltlos für Freiheit und Gerechtigkeit einsetzt wie Sie.

Ich habe Ihren Auftritt im rbb gesehen, 2021 bei Komiker Kurt Krömer. Sie waren witzig und nachdenklich zugleich – in einer Sendung, in der man Nachdenklichkeit wohl am allerwenigsten erwartet hätte. Manches von dem, was Sie damals erzählten, kannte ich bereits: dass Sie leidenschaftlich gerne Motorrad fahren oder dass Sie einst in die FDP eingetreten sind, weil Sie vor der Kita Ihrer Kinder einen Zebrastreifen durchsetzen wollten (der dann nie kam, stattdessen wurde der Kindergarten verlegt).

Anderes war mir neu: dass Sie mit sieben im Supermarkt Schokolinsen geklaut haben (und sich dabei erwischen ließen). Selbst der sonst so krawallige Moderator Kurt Krömer wurde in Ihrer Gegenwart richtig zahm und fand Sie am Ende sogar "sympathisch". Mehr Kompliment geht nicht für eine FDP-Politikerin.

"In jeder Talkshow ein Gewinn, weil ich die Allergeilste bin."
Marie-Agnes Strack-Zimmermann, FDP-Bundestagsabgeordnete aus Düsseldorf

Aber ich versuche gerade die beiden Auftritte zusammenzubringen. Hier die tiefsinnig-gewitzte Politikerin, die den Moderator im Gespräch über traumatisierte Soldatinnen und Soldaten fast zum Weinen brachte. Dort die anarchisch-polternde Fürstin der Finsternis, halb Vamp, halb Königin, die in ihrem karnevalistischen Furor weder Freund noch Feind kannte.

In Gestalt der bösen Stiefmutter von Schneewittchen waren Sie entschlossen, sich jeden einzelnen der Bande vorzuknöpfen: den "Berg-Zwerg" Söder, den "Flug-Zwerg" Merz, den "Wodka-Zwerg" Putin, den "Mullah-Zwerg" aus dem Iran. Selbst der "Porsche-Zwerg", Ihr eigener Parteivorsitzender Christian Lindner, kam nicht ungeschoren davon. Und auf alle machten Sie sich in dieser dröhnend-verstörenden Nummer Ihren eigenen Reim: "Es gäb wohl weniger Barbarei, wär'n die Throne zwergenfrei." Hey-ho, hey-ho!

Marie-Agnes Strack-Zimmermann, 64, ist seit 2021 Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestages – und für ihr offenes Wort bekannt und berüchtigt.
Foto: Friso Gentsch, dpa | Marie-Agnes Strack-Zimmermann, 64, ist seit 2021 Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestages – und für ihr offenes Wort bekannt und berüchtigt.

Wenn mich nicht alles täuscht, sitzen Sie in Berlin selbst mit unter der Glaskuppel. Vielleicht hätten die Steine, die Sie warfen, also ruhig eine Nummer kleiner sein dürfen. Und beim Blick in den Spiegel wirkten Sie so selbstverliebt wie die Königin im Märchen. "In jeder Talkshow ein Gewinn, weil ich die Allergeilste bin", das waren Ihre Worte. Nun ja. Das alles hatte literarisch wenig Märchenhaftes, sondern eher etwas von einem klassischen Drama. Frei nach Schiller: "Die Zimmermann erspart die Axt im Haus."

Zwischen Ihren changierenden Auftritten bei Krömer damals und jetzt in Aachen liegen keine 13 Monate. Das klingt nach wenig, aber in Wirklichkeit sind es Lichtjahre. Der russische Überfall auf die Ukraine hat eine Zeitenwende markiert, und liebe Frau Strack-Zimmermann, nichts gegen feurigen Feminismus und leidenschaftlichen Linksliberalismus, wie Sie ihn in Aachen demonstriert haben. Nichts gegen Ihre Kritik an Kanzler und Konsorten – aber finden Sie wirklich, dass Tonalität und Art Ihres Vortrags zu einer Frau passen, die als verteidigungspolitische Sprecherin ihrer Partei in diesen Zeiten um Seriosität und ein Maß an Ernsthaftigkeit bemüht sein sollte? Was glauben Sie, haben die Soldatinnen und Soldaten für ein Bild von Ihnen vor Augen, wenn Sie bei Ihrem nächsten Truppenbesuch vor Ihnen stehen?

Das mag aus Ihrer Sicht engstirnig klingen. Ist doch nur Karneval, mögen Sie als Rheinländerin fröhlich einwenden. Ich glaube dennoch, dass Ihnen bei Ihrem Ausflug ins karnevalistische Fach die Maßstäbe verrutscht sind und Ihnen etwas mehr Demut gut zu Gesicht gestanden hätte. Beim Zünden von Lachsalven sind Sie nicht annähernd so gut wie beim beherzten Kampf um Panzer, Waffen und Freiheit für die Ukraine.

Hey-ho und mit den besten Grüßen

Eike Lenz, Redakteur

Persönliche Post: Der "Samstagsbrief"

Jedes Wochenende lesen Sie unseren "Samstagsbrief". Was das ist? Ein offener Brief, den eine Redakteurin oder ein Redakteur unserer Zeitung an eine reale Person schreibt – und tatsächlich auch verschickt. An eine Person des öffentlichen Lebens, die zuletzt Schlagzeilen machte. An jemanden, dem wir etwas zu sagen haben. An einen Menschen aus der Region, der bewegt hat und bewegt. Vielleicht auch mal an eine Institution oder an ein Unternehmen. Oder ausnahmsweise an eine fiktive Figur. Persönlich, direkt und pointiert formuliert soll der "Samstagsbrief" sein. Mal emotional, mal scharfzüngig, mal mit deutlichen Worten, mal launig – und immer mit Freude an der Kontroverse. Der "Samstagsbrief" ist unsere Einladung zur Debatte und zum Austausch. Im Idealfall bekommen wir von der Adressatin oder dem Adressaten Post zurück. Die Antwort finden Sie dann bei allen "Samstagsbriefen" hier. Und vielleicht bietet sie auch Anlass für weitere Berichterstattung.
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  • M. S.
    Da wird überall betont an Fasching sei Kritik an der Obrigkeit erlaubt und erwünscht und gewünscht und dann hält sich mal jemand dran und wird sofort kritisiert!

    Was bei Fastnacht in Franken passiert ist wie von MP-Log erwähnt doch grötenteils Bauchpinselei und keine Kritik.

    Faschingsveranstaltungen werden von Politikern nahezu jeder Coulour mittlerweile als Werbefläche genutzt und gebraucht und die Faschingsvereine spielen dieses Spiel mit!
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    Mensch Leute es ist Fasching: und Bay the way, der Miesepeter aus dem Sauerland hat bei ähnlicher Gelegenheit schon Reden gehalten die gar nicht zum Lachen waren.
    Natürlich stöhnen Merzes Paschas jetzt auf. War doch vieles bitter ernst.
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  • D. P.
    Bei ihrer Rede haben eigentlich alle ihr Fett abbekommen - aber nur die CDU fordert eine Entschuldigung, treibt die Sau medial durchs Dorf und damit auf die Spitze. Was Merz außerhalb der Faschingszeit von sich gibt, ist tatsächlich nur schwer zu ertragen. Wer austeilt, muss auch die Größe haben, einzustecken. Aber statt direkt während oder nach der Rede zu reagieren, schickt er nun seinen Generalsekretär vor. Hier bestätigt sich eigentlich nur das von Strack-Zimmermann gezeichnete Zwergenbild.
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  • D. P.
    Wie würden Sie Heinrich Prinz Reuß als zentrale Figur einer rechtsterroristischen Zelle sonst nennen?
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  • H. E.
    Das ist doch echt Käse! Was Bitteschön war beim "austeilen" ok? Nix! Das war nicht mal was fürn DarkRoom!
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  • M. S.
    MASZs Rede hatte am Anfang einige starke Momente, als sie sich in Selbstironie übte. Danach war es nur noch eine Aneinderreihung von Bösartigkeiten.

    Wäre sie ein Mann und hätte so viele Frauen als Zwerge abgewatscht, dann wäre sehr schnell der Vorwurf der Frauenfeindlichkeit gefallen.

    Wie schlecht die Rede ankam, kann man sehr gut daran erkennen, wenn man mal den Applaus den sie bekam mit dem vergleicht, den Lars Klingbeil erntete. Dazwischen liegen Welten, Klingbeil kam beim Publikum deutlich besser an.
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  • M. F.
    Generell ist es absurd und peinlich, wenn Karnevalsgesellschaften meinen, sie müssen Politiker mit Orden behängen, auf die Bühne lassen und ihnen dort wortwörtlich eine Bühne bieten. Das hat mit dem Grundgedanken des Faschings nichts zu tun. Veitshöchheim macht das besser!

    Herr Lenz, haben Sie hier auch eine Bütt verfassen wollen, oder meinen Sie die Lobhudelei ernst:

    "Aber ich kenne kaum eine politisch Verantwortliche, die sich bei allen Bedrohungen und Belastungen unseres Landes dermaßen schonungs- und rückhaltlos für Freiheit und Gerechtigkeit einsetzt wie Sie."

    Ah ja. Sie hätten aber noch das Entscheidende ergänzen können:
    "Es gibt keine Politikerin, die sich derart schonungs- und rückhaltlos (wortwörtlich! od rückgratlos, od. rücksichtlos?) für eine verhängnisvolle Kriegsbeteiligung Deutschlands einsetzt, wie Sie." Herzlichen Dank!
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  • A. G.
    ich freue mich auf die samstagsbriefe nach dem politischen aschermittwoch, wenn die "zwerge", oder sollte man "politische scheinriesen" sagen, keilen und übers ziel hinausschießen.

    frau strack-zimmermann sollte sich beim nockherberg als fastenpredigerin bewerben, nach dem rauswurf von michael lerchenberg wurde diese veranstaltung ja mächtig weichgespült.
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  • K. K.
    Meiner Meinung nach spielt bei ihr immer noch, wie auch bei Herrn Hofreiter, die Enttäuschung oder der Frust mit, dass sie/er kein Ministeramt abbekommen haben. Drum wird nach der Devise verfahren: Kritisieren, fordern draufhauen.
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  • A. G.
    kritisieren, fordern draufhauen.
    umgangssprachlich nennt man das "södern". zwinkern
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  • W. L.
    Hier mal ein Auszug der Rede von Merz 2006 zur Verleihung des Ordens: "Die territoriale Bereinigung unseres Portfolios im Osten werden wir durch spektakuläre Zukäufe im Westen ergänzen. Wir wollen durch Zukäufe in den emerging markets wachsen. Wir befinden uns seit einigen Wochen in Verhandlungen mit Frankreich, wir wollen das Elsass zurückkaufen. Die Franzosen sträuben sich noch, sind aber in einer extrem schlechten Verhandlungsposition, seitdem Paris von marodierenden Afrikanern aus den ehemaligen Kolonien zur Hälfte besetzt wurde und in Marseile jetzt ein islamischer Kalif regiert. Frankreich braucht das Geld, es wird uns das Elsass günstig überlassen. "
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  • J. F.
    @anna.mpnews: Hass oder Spott und Hohn. Das liegt vielleicht auch im Auge des Betrachters.
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  • H. E.
    Hier muss man Ijnen schon recht geben in der Einordnung der Dane! Fasching hin oder her, aber das war nicht mal Geschmacklos oder Karnevalsklamauk!
    Aber das ist wie mit WM in Quatar! Hinterher ist man schlauer! Ihr den Orden zu geben.... wer hat denn alles abgesagt, dass die Panzer-Agnes übrig blieb?
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  • A. G.
    den orden hat annalena baerbock erhalten, nur mal so nebenbei...
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  • H. E.
    Sorry sie haben recht! Aber vom Prinzip schießt Bärbock auch einen Bock nach dem andern..
    Ok Aber das was Panzer-Agnes von sich gegeben hat war völlig würdelos und gar mit Fasching nichts zu tun!
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  • J. F.
    Veranstaltungen à la "Fasching in Veitshöchheim" sind bei aller pflichtgemäßen Kritik doch nur eine Bauchpinselei für die versammelte Nomenklatura. --- Da liegt der Stil von Frau Strack-Zimmermann doch wesentlich näher an der ursprünglichen Verhöhnung der jeweiligen Machthaber .
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